Superschnelle „Quantencomputer“ – Das Ende der sicheren Verschlüsselung?

Es bahnt sich eine Computer-Revolution an, auch wenn niemand weiß, wann sie genau stattfinden wird. Was als „Quantencomputer“ bekannt ist, wird wesentlich leistungsfähiger sein als die Geräte, die wir heute benutzen. Diese Maschinen werden in der Lage sein, viele Arten der Berechnung vorzunehmen, die auf modernen Geräten unmöglich sind. Aber während schnellere Computer in der Regel mit Freuden erwartet werden, gibt es einige Rechenoperationen, bei denen wir uns darauf verlassen, dass sie nur mühsam (oder langsam) ausgeführt werden.

Im Besonderen vertrauen wir darauf, dass es einige Codes gibt, die Computer nicht knacken können – oder zumindest würde es zu lange dauern, sie zu knacken, um uns von Nutzen zu sein. Verschlüsselungsalgorithmen bringen Daten in eine Form, die sie für jeden unbrauchbar machen, der nicht den entsprechenden Codes zur Entschlüsselung besitzt – in der Regel sind dies lange Abfolgen von zufälligen Zahlen. Mit deren Hilfe können wir Informationen sicher über das Internet versenden. Aber könnten Quantencomputer dazu führen, dass wir nicht länger Verschlüsselungstechniken entwickeln können, die nicht geknackt werden können?

Für ein System, bekannt als symmetrische Verschlüsselung, stellen Quantencomputer keine besonders große Bedrohung dar. Um eine symmetrische Verschlüsselung zu brechen, muss man herausfinden, welcher von vielen möglichen Schlüsseln benutzt wurde. Alle denkbaren Kombinationen auszuprobieren, würde eine unvorstellbare Menge Zeit kosten. Es zeigt sich, dass Quantencomputer all diese Schlüssel in einem Viertel der Zeit testen könnten, die von heutigen Computern benötigt wird – oder anders gesagt, in etwas weniger Zeit, aber nicht so dramatisch viel, als dass dies uns Kopfzerbrechen bereiten müsste.

Für einen anderen Typ der Verschlüsselung hingegen, die asymmetrische oder Public-Key-Verschlüsselung, sieht es nicht so gut aus. Public-Key-Systeme werden benutzt, um beispielsweise die Daten zu sichern, die durch unseren Webbrowser geschickt werden. Diese verschlüsseln Daten, indem sie einen Schlüssel nutzen, der für jeden verfügbar ist, aber zur Entschlüsselung einen anderen, persönlichen Schlüssel benötigt.

Der persönliche Schlüssel ist mit dem Public Key verwandt, also muss man zur Entschlüsselung eine sehr komplizierte Berechnung durchführen, um den persönlichen Schlüssel zu erhalten. Einen herkömmlichen Computer würde dies eine enorme Menge Zeit kosten. Aber was die beiden am weitesten verbreiteten Arten der Public-Key-Verschlüsselung betrifft, die heute Verwendung finden, wäre ein Quantencomputer in der Lage, die Berechnungen schnell genug durchzuführen, um sie fast völlig unsicher werden zu lassen.

Glücklicherweise haben wir dieses drohende Desaster bereits vorausgesehen. Forscher aus Hochschulen, Regierungen und der Industrie arbeiten im Moment hart daran, neue Public-Key-Verschlüsselungstechniken zu entwickeln, welche auf anderen, schwierigeren Berechnungen beruhen, welche gegen die Rechenleistung der Quantencomputer immun sind. Ich bin sicher, dass diese Bemühungen erfolgreich sein werden – insbesondere, da wir bereits einige Verfahren kennen, die zu funktionieren scheinen. Wenn die Zeit der Quantencomputer kommt, werden wir bereit sein.

Quantencomputer stehen für eine neue Arbeitsumgebung, in der viele fantastische Dinge möglich sein werden. Aber wenn es um Verschlüsselung geht, wird sich nicht viel verändern. Die Entwicklung neuer Verschlüsselungstechniken wird keine ungewöhnliche Quantenspielerei benötigen, sondern lediglich ein Bewusstsein dafür, was mit Quantencomputern alles möglich ist. Wahrscheinlich wird es auch eine lange Übergangsphase geben, in der sie nur einigen spezialisierten Organisationen zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass quantensichere Verschlüsselungstechniken auf den zeitgenössischen Computern funktionieren müssen, die der Rest von uns weiter benutzen wird.

Neues Schloss, neues Haus

Ich vermute, dass wir in einer zukünftigen Welt der Quantencomputer sicherlich neue Verschlüsselungstechniken nutzen werden, aber dass die Sicherheit dieser Methoden weitestgehend mit der heutigen Sicherheit vergleichbar sein wird. Der Hauptgrund, warum ich mit dessen sicher bin, liegt darin, dass die Schwachstellen, die mit Verschlüsselung in Verbindung gebracht werden, höchstwahrscheinlich dieselben sein werden wie heute. Der Grund dafür ist folgender:

Verschlüsselung ist im Kern ein Verriegelungsmechanismus. Ein Schloss benötigt einen Schlüssel. Wenn Sie das beste Schloss, das für Geld zu haben ist, an der Tür eines Hauses anbringen, können Sie sicher sein, dass das Schloss selbst nicht aufgebrochen werden wird. Quantencomputer stehen für eine neue Art von Haus, quantensichere Verschlüsselung für eine neue Art Schloss, die zu diesem Haus passt.

Aber wenn jemand in Ihr Haus einbrechen will, und er weiß, dass das Schloss gut ist, wird er nicht versuchen, das Schloss überhaupt aufzubrechen. Stattdessen wird er nach anderen Möglichkeiten suchen. Beispielsweise könnte er den Schlüssel stehlen oder einen Ziegelstein durch das Fenster werfen. Allgemein gesagt ist das genau das, was heute bei den meisten Sicherheitsvorfällen im Internet geschieht. Moderne Verschlüsselung ist hervorragend, aber wir sind weniger kompetent, wenn es um den Schutz der Schlüssel zur Entschlüsselung geht, und noch schlechter beim angemessenen Integrieren von Verschlüsselung in größere Systeme. Ich glaube nicht, dass sich das in einer Welt der Quantencomputer, wie wunderbar sie auch immer sein mag, ändern wird – wann auch immer das sein wird.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image „Coding“ by negativespace.co (CC0 Public Domain)


ist Professor für Informationssicherheit an der Royal Holloway Universität in London. Von 2010 bis 2015 war er Leiter des Bereiches Informationssicherheits an der Universität. Er interessiert sich für Krytographie, Großkundenbetreuung und kryptographische Anwendungen.


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