Jahresrückblick 2007, Teil 3: Von Abmahnanwälten und Podcast- Politikern

Barcamps & Co

Als hippe und „szenige“ Alternative zu den großen Medienkonferenzen sind im vergangenen Jahr die BarCamps als Form des Unconferencings durchgestartet. Bereits in zweiter Auflage traf man sich 2007 in Berlin und andernorts. Die Liste der geplanten BarCamps für 2008 ist schon jetzt imposant und illustriert, dass das Format sich nicht nur weiter etabliert, sondern sich insbesondere thematisch durch diverse Spezialisierungen weiter entwickelt.

Eine gute Übersicht zu den 2008er-BarCamps gibt es drüben auf Medienrauschen. Dr. Kai-Uwe Hellmann hat sich an einer interessant zu lesenden soziologischen Einordnung der „BarCamp-Bewegung“ versucht und Don Alphonso stößt in der Blogbar zu Recht eine Qualitätsdebatte an. Ein persönliches Highlight war für mich die Re-Publica in der Kalkscheune, enttäuschend dagegen die Web2Expo in Berlin. Nicht unerwähnt bleiben sollten die Webmontage, pl0gbars, WikiWednesdays, OpenSpaces – alles weitere Veranstaltungsreihen rund um das Web und das 2.0-Anhängsel.

Podcasting

In der deutschen Podcasting-Szene machte sich 2007 Ernüchterung breit. Oder zumindest scheint es so, haben 2007 doch gleich beide Interessenvertretungen ihr Arbeit aufgegeben. Nachdem bereits im Oktober der Podcastverband seine Pforten eher einsilbig für geschlossen erklärt hat, stellt im Dezember auch der Podcastclub seine Aktivitäten ein. Zur Begründung gab es eine Sondersendung des Podcast-Journals.

Wie geht’s weiter mit Podcasting in Deutschland? Lesenswert sind hierzu dieser Essay von Gerrit van Aaken und Tim Pritloves Erklärung, warum Podcast noch längst nicht tot ist.

Abmahnungen
Abmahnungen von Bloggern und Forenbetreibern gehören inzwischen zum Web wie SPAM zur E-Mail. Doch im Jahr 2007 nahm besonders eine Abmahnwelle eine neue (groteske) Qualität an: Im Rechtsstreit zwischen Callactive einerseits und dem Medienjournalisten und Blogger Stefan Niggemeier sowie Forenbetreiber Marc Doehler offenbarte sich die Unausgegorenheit des deutschen Medienrechts, sollen doch Blogger bei „kontroversen“ Blogeinträgen verpflichtet sein, Blogkommentare stets vorab zu kontrollieren.

Wer in diesem Jahr noch nichts für einen guten Zweck gespendet hat oder ein paar Feiertagseuro übrig hat, könnte z.B. diesem Spendenaufruf folgen. Sehenswert zur Thematik „Recht für Blogger“ dieser Mitschnitt eines Vortrags von Rechtsanwalt Udo Vetter.

Birma/ Myanmar

 

Die politischen und gesellschaftlichen Zustände in Birma/ Myanmar schafften es in der Vergangenheit nur selten in das mediale Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit. Seit 1962 herrscht dort ein Militärregime, das Ende 2007 den friedlichen Protest zehntausender buddhistischer Mönche mit tödlicher Gewalt niederschlug.

Die Initiative Free Burma koordinierte einen internationalen Blogger-Aktionstag, der auch in Deutschland Widerhall fand (stellvertretend der Link auf Robert Basics Weblog). Zwar zeigte sich hier erneut, dass das Web das theoretische Potential globale Aufmerksamkeit zu erzeugen auch in die Praxis umsetzen kann.

Es gibt dabei aber auch eine Kehrseite, die Florian Rötzer in einem Telepolis-Beitrag beleuchtet. Er befürchtet – wohl zu Recht -, dass durch die Verbreitung nicht anonymisierter Texte, Bilder und Videos, den Geheimdiensten Material in die Hände gespielt wird, das zur Verfolgung Oppositioneller und deren Helfer verwendet werden kann.

Politik 2.0
Wirft man den Blick über den großen Teich auf die Presidential-Primaries im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2008 wird eines deutlich: Nachdem Howard Dean 2004 mit seinem blogbasiertem Fundraising für Aufsehen gesorgt hat, ist es inzwischen Standard, dass die Kandidatinnen und Kandidaten nicht nur bloggen (lassen), sondern sich auf den großen Social-Networking-Plattformen einnisten, um dort multimedial in Ton, Bild und Text auf (vor allem monetäre) Netzwerkeffekte zu hoffen.

Die politische PR hat sich im Social Web eine Umgehungsstraße vorbei an den massenmedialen Gatekeepern gebaut. Tiefergehenden politischen Diskurs sucht man hier indes vergebens.

In Deutschland hinkt die politische Kommunikation im Web 2.0 zwar noch etwas hinterher, aber in allen großen Parteien wird fleißig experimentiert. Jüngst startete etwa Kurt Beck seine Onlinesprechstunde auf YouTube.

Wie schlecht es bislang um die Webkompetenz deutscher Politiker bestellt war, pointierte 2007 ein Interview der ARD-Kinderreporter mit ausgewählten Volksvertretern:

ist freiberuflich als Medien- & Verlagsberater, Trainer und Medienwissenschaftler tätig. Schwerpunkte: Crossmedia, Social Media und E-Learning. Seine Blogheimat ist der media-ocean. Außerdem ist er einer der Gründer der hardbloggingscientists. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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