Dieser Beitrag ist Teil einer Artikelserie in Kooperation mit Microsoft, die sich mit der Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen auseinandersetzt:
Ich bin auf dem Weg zu John Cohen, der zusammen mit seiner Ehefrau Daniela Dobernigg in Hamburg-Sternschanze eine Buchhandlung betreibt. Es ist Dezember und auch über den sonst eher wilden und schrillen Stadtteil legt sich eine Atmosphäre der Gemütlichkeit und der Besinnlichkeit.
Der Buchladen ist eingeschossig, geräumig und modern gestaltet. An der Fensterfront stehen drei große, rote, gepolsterte Stühle, auf denen John und ich Platz nehmen.
Bücher und Digitalisierung – wie passt das zusammen? Ganz hervorragend, obwohl das Buch doch ein klassisches, analoges Medium darstellt, das ungeahnte Vorteile bietet, wie ich später erfahren soll. John erklärt mir, dass er den Laden 2002, also vor 14 Jahren eröffnet hat. Von Anfang an gab es schon einen Online-Shop, über den Kunden Bücher bestellen können. Im Laufe der Zeit wurde dieser natürlich ausgebaut, erweitert und immer wieder modernisiert.
Ursprung der Digitalisierung
Doch die Geschichte dahinter ist sogar noch älter. John erzählt, dass die Branche seit fast 30 Jahren auf die EDV setzt. 1989 kamen Systeme auf, über die Buchhändler einfach Ware bestellen konnten, bis heute teilen sich drei große Dienstleister den Markt. In der Branche war die ganze Technik dahinter also schon bekannt, hier hat die Digitalisierung viel früher angefangen als in anderen Branchen. Kunden über das Internet Zugang zu den Systemen zu ermöglichen, war demnach nur noch ein kleiner, weiterer Schritt. Was geblieben ist, ist das Buch als Medium als solches.
Der Chef der kleinen Firmen mit sechs Mitarbeiten zählt Vorteile auf, die ein Buch bietet und die ihm kein E-Book nehmen kann: Bücher sind oft das erste Medium, mit dem wir als Kind in Kontakt kommen, lange vor Smartphone oder Fernseher. Wir verbinden Bücher emotional mit Zuhause, Ruhe und Entspannung. Dieses Gefühl habe ich nicht, wenn ich einen E-Book-Reader in der Hand habe und die täuschend echt aussehenden Seiten auf dem Display umblättere. Ein weiterer, ungeahnter Vorteil ist, dass ein Buch vollkommen abgetrennt vom Internet ist. Höchstens beim Kauf, wenn ich mit einer EC-Karte bezahle oder im Internet bestelle, hinterlasse ich Spuren, die in Big Data gesammelt werden könnten. Doch das Lesen selbst passiert offline. Niemand beobachtet, was ich lese.
John erzählt, dass er keine Angst hat, dass ihn die Digitalisierung und E-Books eines Tages zur Geschäftsaufgabe zwingen könnten. Im Gegenteil: zwar wirbt er nicht für die zum Verkauf stehenden E-Reader und die dazugehörigen Werke, aber er bietet seinen Kunden gerne diese Möglichkeit.
Als ich im Vorfeld recherchiert habe, war ich überrascht, dass es eine gepflegte Internetpräsenz gibt und auf der Startseite direkt der Verweis auf die Social-Media-Kanäle, die ebenfalls betreut werden. John sagt, das sei meistens so: „Viele Leute sind überrascht, wenn ich Ihnen sage, dass sie das Buch auch online bestellen können. Viele möchten es sich auch nicht nach Hause liefern lassen, sondern lieber in der Filiale abholen. Wir müssen viel über diese Möglichkeiten sprechen, darauf aufmerksam machen. Auf jeder Einkaufstüte steht der Verweis auf den Online-Shop drauf. Dem Buchhandel haftet ein Offline-Stigma an. Vielleicht nicht bei den großen Ketten, aber auf jeden Fall im klassischen Familienbetrieb. Wir sind versucht, dieses Image loszuwerden“.
Digitalisierung bei Katalogen unerwünscht
Ein wichtiger Bereich für die Firma, erzählt John, ist die Neubestellung von Ware für das Sortiment. Zum Jahresende schicken die Großhändler unvorstellbar große Mengen an Katalogen, in denen potenziell interessante Ware abgedruckt ist. Es dauert eine Weile, diese Mengen an Daten zu wälzen, doch es lohnt sich, denn schon während dieses Prozesses, erhält John einen ersten Einblick. Die Aufmachung der Neuvorstellungen sei im Prinzip wie ein Buch und liefere eine Menge wichtiger Informationen.
So positiv er der Digitalisierung gegenübersteht, eine Neuerung sieht er dennoch kritisch. Die Großhändler seien dabei, auch die Kataloge zu digitalisieren. Das ist komfortabler, schont Ressourcen und schafft neue Möglichkeiten, die ein klassischer Katalog aus Papier nicht bieten kann. Doch der Unternehmer schätzt die Haptik jener Produkte und fürchtet, dass sie bald verloren gehen könnten.
Seit einigen Jahren bietet der Online-Shop eine kundenfreundliche Neuerung: die Lagerstandsanzeige. Wer online nachsieht, weiß sofort, ob und wie oft ein Buch auf Lager ist oder zu wann es gegebenenfalls bestellt werden kann. Dafür erhalte John auch positive Rückmeldungen von Kunden. Wer an die E-Mail-Adresse schreibt, muss während der Ladenzeiten in der Regel nicht länger als eine halbe Stunde auf die Antwort warten. Bei Facebook und Twitter können sich Interessierte informieren und auf dem Laufenden bleiben. Es wird angedacht, auch auf Instagram aktiv zu werden, bislang gibt es aber keine konkreten Pläne, welcher Content dort veröffentlicht werden könnte. Für das nächste Jahr ist außerdem ein Relaunch der Website geplant, der das Angebot auch optisch ansprechender und zeitgemäßer für Kunden aufbereitet.
Obwohl ich John mit meinem Besuch ein wenig überfallen habe, hat er sich viel Zeit genommen, meine Fragen zu beantworten und hat mir nebenbei auch noch vieles erzählt, dass ich gar nicht gefragt hab, aber unbedingt wissen musste. Vielen Dank an dieser Stelle!
Images by cohen+dobernigg BUCHHANDEL
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