Zattoo, Magine und Waipu.tv: Drei Apps für TV-Streaming im Check

Wer heutzutage TV-Sendungen schauen will, braucht dafür nicht zwingend ein Fernsehgerät mit TV-Anschluss. Die einfachste Möglichkeit ist über die heimische Internetverbindung auf einen der zahlreichen Streaming-Angebote zurückzugreifen. Doch welcher Dienst bietet das ansprechendste Paket und die beste Android-App? Wir bringen Licht in den Dschungel des TV-Streaming und haben mit Zattoo, Magine und Waipu.tv die drei spannendsten Angebote ausprobiert.

Zattoo: Schweizer TV-Streaming-Primus

Seit mittlerweile zehn Jahren ist der Schweizer Streamingdienst Zattoo auf dem Markt vertreten. Er zählt damit zu den Pionieren in diesem Segment und ist dementsprechend der meistgenutzte Service. In der kostenlosen Variante kann der Nutzer alle öffentlich-rechtlichen Programme empfangen, ARD, ZDF, Kika und Arte sogar in HD. Auch einige wenige private Sender wie Viva oder Welt der Wunder sowie internationale Programm wie CNN oder France 24 sind inkludiert. Zudem gibt’s eine On-Demand-Funktion, die Inhalte für einige Tage nach der TV-Ausstrahlung bereitstellt. Darunter zählen die ProSieben-Gruppe (Pro7, Sat1, Kabeleins) sowie BBC, Spiegel TV oder auch NZZ. Dank Netzkino werden auch einige, wenn auch unterirdisch schlechte Filme angeboten. Der Nachteil des Geizes: Vor jedem Aufruf werden ausgedehnte, nervige Werbeclips eingeblendet.

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Zattoo bietet einen praktischen EPG. Screenshot by Jonas Haller

Wer öfter auf Smartphone, Tablet oder PC fernsieht, der sollte sich also das Premium-Paket Zattoo HiQ genauer anschauen. Neben dem Wegfall der diensteigenen Werbung spendieren die Schweizer zudem Privatsender wie Pro7, Sat, RTL oder n-tv. 30 Sender sind zudem in HD verfügbar. Zudem gibt’s eine Restart-Funktion, über die eine laufende Sendung von Beginn angeschaut werden kann. Mit Recall wird zudem eine erweiterte On-Demand-Funktion freigeschaltet, die Sendungen bis 7 Tage nach Ausstrahlungen verfügbar macht. Doch was kostet das? Ein Tages-Pass schlägt mit 1,59 Euro zu Buche, ein Monat kostet 9,99 Euro. Wer sich ein Jahr an den Schweizer Dienst binden will, kann zusätzlich sparen und bezahlt 99,99 Euro.

Für Android-Nutzer ist im Google Play Store eine entsprechende App hinterlegt. Sie zeichnet sich durch eine übersichtliche Menüführung sowie kurze Ladezeiten aus. Ein Elektronischer Programm-Guide hilft bei der Orientierung und zeigt die aktuellen Sendungsinformationen an. In den Einstellungen kann zudem die Download-Bitrate für WLAN- und Mobilfunkzugriff gesetzt werden. Ein spannendes Feature vor allem für Nutzer mit begrenztem Datenvolumen. Um besonders effektiv werben zu können, integrieren die Schweizer Software-Entwickler unter anderem Google Analytics oder auch eine Adjust Nutzungsanalyse. Hier empfiehlt sich die Deaktivierung über die Optionen. Per Chromecast kann das TV-Streaming auch auf den Fernseher übertragen werden.

Magine: Schwedischer Individualist

Seit März 2013 ist der schwedische Mitbewerber Magine auf dem Markt. Gegenüber dem Schweizer Service Zattoo gibt es auf dem ersten Blick nur wenige Unterschiede: Alle öffentlich-rechtlichen Programme sowie ausgewählte Privatsender wie Nickelodeon, Viva oder Comedy Central sind bereits in der kostenlosen Variante verfügbar. Jedoch werden ARD und ZDF lediglich in SD-Qualität ausgestrahlt. Dafür verzichten die Schweden selbst in der kostenlosen Variante auf jegliche Art von Werbung und bieten für die kostenlosen Sender eine Art Mediathek mit Catchup.

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Die Android-App von Magine bietet einen übersichtlichen Aufbau. Screenshots by Jonas Haller

Wer auch auf Privatsender wie Pro7, Sat1 oder RTL nicht verzichten möchte, greift am besten zum Basic-Paket. Es beinhaltet zudem die Sender ARD und ZDF in HD. Für insgesamt 40 Sender müssen 6,99 Euro pro Monat berappt werden – drei Euro weniger als beim Schweizer Konkurrenten. Zudem hat der Dienst ein Paket mit etlichen Pay-TV-Sendern wie Universal, Sony Channel oder AXN im Angebot. Die Aufstockung auf 76 Sender kostet insgesamt 11,99 Euro pro Monat. Zusätzlich bietet Magine interessenbasierte Pakete an. darunter zählen Film & Serie (u.a. TNT Film, Sports TV, Sat1 Emotions), Original English (u.a. Cartoon Network, Boomerang, E! Entertainment) oder auch Sport & Action (u.a. Sportdigital, Auto Motor & Sport, Fuel TV). Die Preise liegen bei monatlichen 2,99 Euro bzw. 3,99 Euro. Pluspunkt: Statt drei gleichzeitig streamenden Geräten bei Zattoo können bis zu fünf Geräte auf den Dienst zugreifen.

Wie auch beim Schweizer Vorbild steht eine schicke Android-App im Play Store kostenlos bereit. Durch den Wegfall des Werbeintros kann schnell auf die verschiedenen TV-Sender zugegriffen werden. Auch ein Elektronischer Programm-Guide (EPG) ist mit an Bord. Der Videostream läuft leider nur im Landscape-Modus, wodurch beim Anschauen nicht gleichzeitig im EPG gestöbert werden kann. Wie auch bei Zattoo könnt ihr in den Einstellungen den Datenhunger der Anwendung drosseln. Zudem unterstützt Magine das Streaming auf den Google Chromecast, ebenso wie Zattoo.

Waipu.tv: Deutscher Schnellstreamer

Der jüngste und ein technisch besonders ambitionierter Streaming-Anbieter ist Waipu.tv, der vom Münchner Netzspezialisten Exaring AG betrieben wird. Das Besondere ist dabei die im Hintergrund arbeitende Infrastruktur. Das Unternehmen betreibt für das TV-Streaming ein eigenes Glasfasernetz, das für eine geringe Latenz und ein schnelles Umschalten zwischen den Kanälen sorgen soll und in der Praxis auch tut. Dafür ist allerdings eine Kooperation mit den jeweiligen Internetanbietern notwendig. Im Test funktionierte die Übertragung beispielsweise im weit verbreiteten Universitätsnetz Eduroam nicht.

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Der Senderwechsel funktioniert bei Waipu unglaublich schnell. Screenshots by Jonas Haller

Wie bei den anderen Angeboten können mit einem kostenlosen Konto die öffentlich rechtlichen Programme in SD-Qualität geschaut werden. Zusätzlich sind Privatsender wie Eurosport, Deluxe Music oder die Nachrichtensender Deutsche Welle, CNN und Euronews verfügbar. Weitere Privatsender sind im Comfort-Paket verfügbar, das mit monatlich 4,99 Euro zu Buche schlägt und auch dementsprechend kündbar ist. Die 59 Sender flimmern in Standard-Qualität über das Mobilgerät, eine HD-Option kostet einen Euro zusätzlich. Im Comfort-Paket sind neben dem Pausieren von Sendungen auch 10 Stunden Aufnahmespeicher enthalten. Wie in alten VHS-Zeiten kann das TV-Programm also auch definiert aufgezeichnet werden. Wem das nicht reicht, der kann auf das Perfect-Paket zugreifen. Der Aufnahmespeicher erhöht sich auf 50 Stunden und zudem ist eine Mobiloption fürs TV-Streaming im Mobilfunknetz enthalten. Der Preis steigt dann allerdings auf 14,99 Euro pro Monat.

Anders als Magine und Zattoo funktioniert Waipu ausschließlich auf Mobilgeräten. Dementsprechend bietet die im Play Store verfügbare App ein ansprechendes Design und eine sehr gute Performance. Innerhalb von wenigen Sekunden ist der Stream geladen und durch einfaches Wischen nach rechts oder links schnell gewechselt. Über einen Reiter im unteren Bereich stehen zudem ein EPG, TV-Tipps, der Aufnahmespeicher sowie das Nutzerkonto zur Verfügung. Wie bei Zattoo und Magine ermöglicht Google Chromecast die Wiedergabe auf einem TV-Gerät. Seit letzter Woche wird zudem Amazons Fire TV unterstützt.

Fazit: TV-Streaming ist flexibel und kostengünstig

Dank des immer besseren Netzausbaus stellt das Fernsehen per Streaming eine ernst zu nehmende Konkurrenz zu Satellit, IPTV und Co dar. Die drei Anbieter Zattoo, Magine und Waipu.tv zeichnen sich besonders durch ihre Flexibilität und den niedrigen Preisen aus. Zudem sind sie unabhängig von Internetanschluss und Telefon buchbar, Zusatzhardware wird nicht benötigt. Auch die Verbindungsqualität war bei den getesteten Angeboten sehr gut – es kam nur zu Stoßzeiten zu vereinzelten Abbrüchen.

Zattoo HiQ bietet die meisten Sender (90 Programme), Magine den geringsten Preis (6,99 Euro) und Waipu.tv die beste Performance und zusätzlichen Aufnahmespeicher. Alles in allem sind die Unterschiede beim TV-Streaming so marginal, dass es vor allem eine Philosophiefrage ist, ob man nun auf Zattoo, Magine oder Waipu.tv zurückgreift.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Androidpiloten.


Teaser Image by Jonas Haller, Screenshots by Jonas Haller


arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Chemnitz und erforscht unter anderem 3D-Druckverfahren. Die technische Vorschädigung tut dem Interesse zum mobilen Zeitgeschehen und der Liebe zur Sprache jedoch keinen Abbruch – im Gegenteil. Durch die Techsite HTC Inside ist er zum Bloggen gekommen. Zwischendurch war er auch für das Android Magazin aktiv. Privat schreibt er auf jonas-haller.de über die Dinge, die das Leben bunter machen. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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