Mit branchenüblich großer Show hat Samsung seine neuen Smartphone-Flaggschiffe Galaxy S8 und das Galaxy S8 Plus vorgestellt. Um einen ersten Eindruck zu gewinnen, war ich bei der Präsentation der Geräte in London live für die Androidpiloten und Netzpiloten dabei. Schließlich haben Produkte vom Smartphone-Marktführer Samsung Strahlkraft und vermitteln einen Eindruck, wo die Trends bei Mobilgeräten hingehen.
Derzeit scheint die Technologie so ausgereift, dass sich die Frage stellt, ob wenigstens Samsung der Entwicklung einen neuen Schub geben kann. Mein Praxistext zeigt: Das Galaxy S8 und S8 Plus sind top, bieten aber wenig Neues (hier geht es zu den Specs). Beide Geräte sind nicht revolutionär, stehen aber für sinnvolle Evolution.
Riesen-Displays außer Rand und Band
Weil kein Smartphone-Hersteller mehr ein wirklich bedeutsames Alleinstellungsmerkmal hat, versucht die Branche sich mit Kleinigkeiten zu übertrumpfen. Zum Beispiel mit dem Anteil der Fläche, den das Display auf der Frontseite einnimmt. Je weniger Rand um den eigentlichen Bildschirm, desto besser.
Samsung hält sich hier nicht mit Kleckerei auf, sondern klotzt richtig. Das Galaxy S8 und das S8 Plus werden praktisch von gar keinem seitlichen Rahmen mehr begrenzt. Das Display bietet eine durchgängig glatte Oberfläche, die sich leicht wölbend nahtlos ins Gehäuse übergeht. „Infinity Display“ nennt Samsung dieses Feature. Das klingt nach einem Detail, macht aber einen großartigen Eindruck. Nach zwei Stunden mit dem neuen Galaxy S8 Plus in der Hand wirken andere aktuelle Smartphones mit Rand um das Display fast schon etwas altbacken.
Der imposante Eindruck ist auch der riesigen Displaygröße geschuldet. Diagonalen von 5,8 Zoll beim Galaxy S8 beziehungsweise 6,2 Zoll beim Galaxy S8 Plus sind meist exotischen Nischen-Modellen vorbehalten. Bei Top-Smartphones sind sie unüblich. Beide Geräte bieten mehr Display als das Samsung Galaxy Note 7, das iPhone 7 Plus oder das Huawei Mate 9.
Das Datenblatt ließ zwei kaum stabil zu haltende Riesengeräte vermuten. Als ich die Smartphones jedoch in die Hand nahm, bestätigte sich der Zweifel nicht. Durch das Seitenverhältnis von 18:9,5 sind beide Geräte ungewöhnlich hoch, aber dennoch nicht übermäßig breit. Daher hatte ich nicht das Gefühl, ein kleines Tablet in der Hand zu halten. Im Gegenteil: Das Galaxy S8 Plus liegt ähnlich gut in der Hand wie die kleine Version des iPhone 7, obwohl es viel größer als das Apple-Modell ist.
HDR als nächstes großes Ding bei Mobilgeräten
Auch die Bildqualität der Geräte machte einen überzeugenden Eindruck. In Sachen Schärfe und Farbbrillanz ließen die Displays nichts zu wünschen übrig. Das war aber auch nicht anders zu erwarten. Mit 2.960 x 1.440 Bildpunkten lösen die beiden Galaxy-Geräte so hoch auf wie derzeit kein anderes Smartphone. Und die von Samsung verbauten sAMOLED-Panels sind ohnehin für ihre knackigen, intensiven Farben bekannt.
Es bleibt spannend, ob die Unterstützung von HDR-Inhalten einen wirklichen Mehrwert bietet. Filme und Serien in High Dynamic Range bieten mehr Kontrastumfang und Farbnuancen als herkömmlich produzierte Inhalte. Das Galaxy S8 und das Galaxy S8 Plus gehören zu den ersten Mobilgeräten, die HDR unterstützen. Bisher war diese Technik sehr teuren Fernsehgeräten vorbehalten. HDR gilt im Videobereich als nächstes großes Ding. Noch aber sind Inhalte rar. Auf den neuen Galaxy-Smartphones sollen zum Marktstart durch eine Kooperation mit Amazon passende Inhalte verfügbar sein. Leider konnte ich die HDR-Fähigkeit während meines kurzen Checks nicht prüfen.
Sprach-Assistent Bixby kriegt eigenen Knopf
Design und Verarbeitung empfand ich als so hochwertig, wie ich es von Flaggschiff-Modellen erwarte. Die gewölbte Frontseite und die aus Metall und Glas gefertigte Rückseite fühlten sich erstklassig an. Am auffälligsten ist das neue Tasten-Design.
Ein physischer Home-Button musste aufgrund des großen Displays weichen – die Funktion ist nun als unsichtbare Sensor-Taste im unteren Displayrand untergebracht. Eine leichte Vibration quittiert das Drücken und soll den Eindruck eines echten Buttons vermitteln. Das funktioniert, jedoch nicht ganz so knackig wie beim iPhone 7.
Stattdessen ist auf der linken Seite unter den Lautstärke-Tasten ein neuer physischer Button hinzugekommen. Er soll direkt zum neuen Sprachassistenten von Samsung führen, Bixby genannt. Die Konkurrenz zu Siri, Cortana, Alexa und Google Now wird allerdings vorerst nicht auf Deutsch erscheinen und stand mir auch zum Test nicht zur Verfügung.
Der von vorherigen Samsung-Geräten bekannte Fingerabdruck-Sensor ist auf die Rückseite gewandert und liegt dort neben Kamera und Blitz-LED. Geht es nach Samsung, sollen Kunden künftig vorzugsweise eine andere Methode zum Entsperren des Geräts nutzen. Und zwar den Iris-Scanner.
Auge in Auge: Entsperren per Iris-Scanner
Wie im Galaxy Note 7 oder Windows-Surface-Tablets erkennt eine Infrarot-Kamera auf der Frontseite das Augenmuster des Nutzers und gibt daraufhin den Bildschirm frei. Um den Iris-Scanner zu testen, hielt ich das Gerät etwa 20 bis 30 Zentimeter vor die Augen. Nach einem kurzen Aufleuchten einer roten LED ist das Gerät entsperrt. Das klappte nicht auf Anhieb. Sobald ich jedoch den richtigen Abstand und Winkel einhielt, war der Vorgang in Sekundenbruchteilen erledigt.
Eine Hauptkamera reicht für gute Bilder
Während Huawei, Apple, LG und andere inzwischen verstärkt auf Kameras mit zwei Sensoren und Objektiven setzen, bleibt Samsung einer konventionell konstruierten Aufnahmeeinheit treu. Das Ergebnis gibt Samsung recht. Dem guten Ruf bezüglich der Bildqualität von Samsung-Kameras wird auch das Galaxy S8 gerecht.
Bei einer kurzen Foto-Tour im roten Doppeldeckerbus durch das Londoner Bankenviertel überzeugten die Geräte. Ich konnte sowohl zunächst bei gutem Licht als auch später in der Dämmerung testen. In beiden Disziplinen machen die beiden in dieser Hinsicht identischen Geräte zumindest im Schnelltest einen guten Eindruck. Insbesondere bei wenig Licht holt Samsung aus dem kleinen Sensor ein helles, knackiges Bild und viel Dynamikumfang heraus. Im Standardmodus werden die Farben allerdings manchmal etwas zu knallig. Wie bei hochwertigen Smartphones inzwischen üblich, können Nutzer dank eines Pro-Modus die Einstellungen in der Kamera-App ihren Wünschen manuell anpassen.
Fazit: Galaxy S8 Plus ist top, bietet aber wenig Neues
Samsung hat mit dem Galaxy S8 und Galaxy S8 Plus zwei Android-Smartphones vorgestellt, die im Hands-On auf voller Linie überzeugen. Mit den riesigen Displays, dem fast rahmenlosen Design und dem Iris-Scanner macht der Hersteller ein paar Dinge sinnvoll anders. Eine Revolution ist aber auch in dieser Modellgeneration ausgeblieben. Richtig viel Neues fällt selbst dem Marktführer nicht mehr ein. Das unterstreicht, wie ausgereift aktuelle Geräte inzwischen – zehn Jahre, nachdem das iPhone die Kategorie der Smartphones begründet hat, sind.
Interessant wird es, wenn man sich den neuen Kosmos des Herstellers ansieht. Künftig geht auch im Smartphone-Geschäft der Trend zur Plattform-Ökonomie. Ebenso wie Apple, Google oder Microsoft ist Samsung bestrebt, ein Ökosystem aus Hardware, Software und Services aufzubauen. Dafür steht zum Beispiel der Sprachassistent Bixby oder das neue Modell der Virtual-Reality-Brille Gear VR samt Controller, die nur Samsung-Smartphones passen. Und mit einem neuen Adapter soll Samsung-Smartphones an großen Montoren eine Desktop-Oberfläche namens DeX anzeigen können, ähnlich wie Microsoft dies mit Continuum ermöglicht.
Nur bei Smartphone-Hardware scheint nicht mehr viel zu erwarten zu sein. Schließlich sind selbst die Neuerungen an den Displays von Galaxy S8 und Galaxy S8 Plus nur kosmetische Veränderungen, die den funktionalen Nutzen keineswegs in neue Galaxien heben.
Hier erfahrt ihr mehr zu den Specs von von Samsungs neuen Flaggschiffen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Androidpiloten.
Images by Anton Knoblach, Julia Froolyks
Unter Mitarbeit von Berti Kolbow-Lehradt
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