Nach dem Siegeszug der leihbaren E-Scooter haben sich nun auch die E-Roller (auch E-Mopeds genannt) endgültig etabliert. Vor allem in den großen Städten wie Hamburg, München, Berlin und dem Ruhrgebiet sieht man die leisen Flitzer immer öfter auf den Straßen. Während die kleinen E-Scooter meist auf Fuß- und Radwegen verwendet werden (und dort auch oft kreuz und quer herumliegen), ist der E-Roller ein etwas erwachseneres Verkehrsmittel, mit dem auch mal größere Strecken zurückgelegt werden können. Wie machen sich die E-Mopeds in der Praxis und wie teuer ist der Spaß? Wir haben die E-Roller im Test ausprobiert und nehmen euch mit auf unsere Probefahrt quer durch Hamburg.
Erst mal schlau machen – worauf sollte man achten?
Für die Anmeldung bei den Verleihern der E-Roller benötigt man ein internetfähiges Smartphone, eine EC- oder Kreditkarte und einen PKW-Führerschein der Klasse B, den man vor dem Start als Foto hochladen muss. Außerdem muss man mindestens 18 Jahre alt sein. Hat man keinen Euro-Führerschein, muss man in einem der Büros (meist Berlin) vorsprechen.
Der ADAC weist darauf hin, dass der Mieter im Schadensfall selbst in der Nachweispflicht ist, diesen nicht verursacht zu haben. Die Anbieter versichern zwar, nicht allzu genau hinzuschauen, aber man sollte sich vor Antritt der Fahrt Zeit für eine kleine Begutachtung nehmen und prüfen, ob es bereits Beschädigungen am Roller gibt. Ist dies der Fall, sollte man diese dokumentieren oder wenn möglich gleich einen anderen Roller nehmen.
Generell ist man über eine Selbstbeteiligung versichert, beim Anbieter Emmy beträgt diese 350 Euro, bei Felyx sogar 500 Euro. Man kann zwar das Geschäftsgebiet verlassen, muss den E-Roller zum Beenden der Miete aber wieder in den in der App markierten Bereich abstellen. Macht man nur eine Pause außerhalb des Nutzungsgebiets und möchte den Roller parat halten, fällt eine Parkgebühr an. Diese liegt aktuell bei 13 Cent pro Minute. Ein Tagesausflug zum See kann also eine teure Angelegenheit werden, zumindest aber deckeln einige Anbieter den maximalen Tagespreis.
Bei der Reichweite selbst muss man sich eher wenig Sorgen machen, denn vollständig geladen schafft der Roller um die 100km. Im Idealfall sucht man sich vor Fahrtantritt einen Roller mit ausreichendem Akkustand für die geplante Wegstrecke aus. Dies lässt sich praktischerweise in der App einsehen. Wer den Roller so abstellt, dass er den Weg versperrt und umgestellt werden muss, oder wer außerhalb des Geschäftsbereiches die Fahrt beenden muss, hat weitere Gebühren zu zahlen. A propos Geschäftsbereich: Macht Euch vorab schlau, wo dieser genau liegt. Wer zum Beispiel in Hamburg südlich der Elbe wohnt, kann dort weder einen Roller starten noch ihn dort abmelden.
Die E-Roller Anbieter im Vergleich
Wir starten in Hamburg und wollen ein per App mietbares Gefährt inklusive zweier Helme nutzen, welches möglichst auch ohne große Wege zu finden sein soll. Somit bieten sich unter anderem folgende Verleiher an:
- Emmy bezieht die Energie für die rote E-Roller Flotte laut eigenen Angaben zu 100% aus Ökostrom. Die Kosten pro Fahrt liegen in Hamburg bei 27 Cent pro Minute, lassen sich aber durch Aufladen von Mindestbeträgen deutlich senken. Bei 95 Euro Aufladung kostet die Minute so nur noch 19ct. Es gibt außerdem eine Begrenzung von 29 Euro pro Tag.
- Für die grünen E-Roller von Felyx fallen in Hamburg aktuell 29 Cent pro Minute an. Eine maximale Tagespauschale gibt es derzeit wohl nur in Düsseldorf.
- Tier ist eher als Verleiher der kleinen E-Scooter bekannt, hat aber auch E-Roller in der Tier-üblichen Farbe Türkis parat. Ebenso wie Emmy verwendet Tier nach eigenen Angaben 100% Ökostrom. Anders als die anderen Anbieter gibt es hier Kosten für Registrierung sowie einen kleinen Festbetrag pro Fahrt. Auch einen zweiten Helm muss man sich im Bedarfsfall bei Tier selbst mitbringen. Genaue Kosten in der jeweiligen Stadt muss man per App ermitteln, was wir unglücklich finden. Werhier bereits Kunde für E-Scooter ist oder diese auch nutzen möchte, wäre hier aber bestimmt gut aufgehoben.
Für alle Anbieter gilt: Beim Parken außerhalb des Geschäftsbereiches oder Parken ohne Mietende fallen weiterhin Kosten pro Minute an, diese liegen meist bei 13 Cent. Wir haben uns letztendlich für den Anbieter Emmy entschieden, ausschlaggebend waren der günstige Tarif bei Aufladung sowie der zweite Helm – bei einem breiten Angebot an Rollern. Wer mit eine E-Moped in seiner Stadt starten möchte, sollte sich unbedingt vorher noch einmal über die Anbieter und ihre Preise informieren, denn hier wird es immer wieder Änderungen geben.
Die Anmeldung für die Nutzung des E-Roller
Das Verfahren ist bei allen Anbietern ähnlich: Man installiert die App, registriert sich über diese, bestätigt die Anmeldung per E-Mail und legitimiert sich mit einem Foto oder Video seines Führerscheins, (hierbei sollte es ein Euro-Führerschein sein). Es kann beim automatischen Verifizieren des Führerscheins schonmal zu Problemen kommen. In unserem Fall wurde auch ein kleines Video mit dem Führerschein gefordert. Der support der E-Roller-Anbieter sollte dies aber immer kurzfristig klären können. Unser Tipp: Wenn man Freunde wirbt, gibt es aktuell für beide Seiten bei Emmy 15 Freiminuten. Diese werden allerdings nicht automatisch abgerechnet, sondern müssen als Gutscheincode eingelöst werden.
Jetzt geht es los – Roller finden und starten
Dem Fahrspaß steht also nichts mehr im Weg und los geht die Suche nach einem freien Gefährt. Die App lokalisiert unseren Standort und kann uns mehrere Roller im Umkreis von 100 Metern anbieten. OK, wir befinden uns in der Stadtmitte und natürlich kann es in äußeren Regionen auch mal ein weiterer Weg werden. Bei der Auswahl des Rollers sollte man auf den Batteriestand achten. Die Faustformel für den aktuell in Hamburg verwendeten Niu E-Roller von Emmy beträgt ca 1% Batterieverbrauch pro km Fahrt. Etwas Sicherheitspuffer sollte man sich dabei allerdings gönnen, insbesondere wenn man die Grenzen des Geschäftsgebietes verlässt. Eine erste Irritation gibt es bei nah zusammenstehenden Rollern: welcher ist denn nun welcher? In der App haben die Roller alle einen Namen, den findet man aber nicht auf dem Roller selbst wieder.
Auf die Frage: „Bist Du Hans oder Mohammed?“ bekommen wir natürlich keine Antwort, aber zum Glück ist das auch nicht wirklich nötig, denn wir buchen einfach das Modell mit dem besseren Batteriestand und bei der Aktivierung meldet sich der Roller per lautem Biepen. In der Topbox (der Koffer auf dem Gepäckträger) finden wir zwei Helme. Diese sind in der Regel in verschiedenen Größen ausgelegt (eben ein größerer und ein kleinerer), so dass meist ein passendes Modell dabei ist, in unserem Fall hat es gut gepasst. Dann kann’s ja losgehen: Helm auf, Roller vom Ständer nehmen (was zum Glück nicht allzu viel Kraft erfordert) und aufgesessen. Den Parkmodus abschalten bzw. den Fahrmodus anschalten und losfahren.
Unterwegs im Eco-mode
Der Gashebel reagiert mit einer leichten Verzögerung, was einem vorsichtigen Anfahren zuträglich ist. Wir kommen relativ schnell mit dem E-Roller zurecht, und auch das Fahren zu zweit macht keinerlei Probleme. Wer zwar den passenden Führerschein hat, aber selten mit Auto in der Stadt unterwegs ist, muss sich eventuell erstmal an den Verkehr auf mehrspurigen Straßen gewöhnen. Am besten also erstmal eine Runde auf ruhigeren Straßen zur Übung drehen, dann bekommt man schnell Sicherheit im Umgang mit dem Gerät. Auf dem Display des E-Rollers findet sich neben den üblichen Anzeigen für Geschwindigkeit und Blinker etc. auch der Ladestand der beiden Batterien. Apropos Geschwindigkeit: Sobald das Display bei 28 steht, ist Schluss. Der Roller hat also eine Geschwindigkeitsregulierung aktiviert. Aber 28km/h? Das kommt uns dann doch etwas schneller vor und siehe da: es heißt mph für miles per hour – und nicht km/h. Das sollten umgerechnet ca. 45km/h sein. Wer sein Smartphone als Navi nutzen möchte findet übrigens eine einfache und sichere Halterung am Lenker. Aber Vorsicht: denkt daran, dass Ihr das Smartphone noch zum Beenden der Miete benötigt!
Unser Ziel ist ein Naherholungsgebiet an der Elbe in ca 18km Entfernung. Im Stadtverkehr können wir uns flüssig in den Verkehr einreihen. Dann aber sind wir auch auf Straßen unterwegs, bei denen es so manche*r Autofahrer:in eiliger hat als wir. Wir lassen uns nicht drängeln, fragen uns aber, ob es nicht doch irgendwie schneller geht. Da auf dem Display des Rollers der Fahrmodus Eco angezeigt wird, suchen wir mal nach einem Umschalter. Einen solchen finden wir nicht. Also suchen wir online nach Informationen. Dort finden sich diverse, aber die Beschreibung passt nie, denn wir bekommen immer Anleitungen für andere Roller mit anderen Bedienelementen. Das irritiert und der Anbieter dürfte gerne etwas stärker auf die Modelle in der jeweiligen Stadt hinweisen – oder wie man das aktuelle Modell erkennt. Nach ausgiebiger Suche geben wir uns damit zufrieden, dass wir bei diesem Modell den Modus nicht ändern können – macht aber ehrlich gesagt nichts, denn wir wollen ja nicht rasen. Der Fahrkomfort ist gut, allerdings sollte man auf sehr holprigem Terrain etwas vorsichtig sein, denn hier wird es aufgrund der kleinen Räder schonmal etwas ungemütlich und wackelig.
Kleine Pause gefällig?
Wir haben unser Ziel erreicht und stellen den Roller ab. Da wir uns außerhalb des Geschäftsgebietes befinden, pausieren wir die Miete in der App. Die Parkgebühr ist nicht die Welt, aber hält uns doch davon ab, einen ausgiebigen Spaziergang zu machen. Ein kleiner Rundgang mit Kaffee ist aber drin und das lassen wir uns auch nicht nehmen. Auf dem Rückweg haben wir uns so langsam an unseren Roller gewöhnt und genießen die Fahrt. Noch ein bisschen in der City cruisen, den kleinen Mostafa (so lautete in der App der Name unseres E-Roller) dann an einem passenden Ort abstellen und mit den letzten 10% Akkukapazität des Smartphones den Roller abmelden. Die Restkapazität der Akkus war übrigens bei ca. 65%. Da wir mehr als 35km gefahren sind, bestätigt es die lange Laufleistung pro Ladung. Uns hat es Spaß gemacht und wir sind uns einig, dass wir dies bestimmt nicht das letzte Mal gemacht haben.
Das Fazit: E-Roller im Test mit Potential
Wenn man innerhalb des Geschäftsgebietes fährt oder nur kurze Fahrpausen macht, ist die Nutzung der Leihroller eine echte Alternative zu Bus, Bahn oder Taxi. Auch für einen kleinen Ausflug ins Umland sind die E-Roller zu empfehlen. Wer bereits ein E-Bike besitzt, wird wohl selten darauf zurückgreifen wollen, es sei denn die Strecke ist wirklich weiter oder man ist zu zweit unterwegs. Mit dem eingebauten Tempolimit bleibt es zügig aber immer halbwegs entspannt – Raserei ist nicht drin und so manche Vespa ist schneller – für uns aber kein Problem. Wenn auch Ihr mit auf den E-Roller Hype aufspringen wollt und bei Emmy landet, solltet Ihr Euch am besten das kurze Startvideo zur Fahrt in eurer Stadt anschauen. Bei den Beschreibungen und FAQs besteht allerdings noch Optimierungsbedarf, da es unterschiedliche Modelle gibt. Als Alternative zur Kurzmiete könnte es zukünftig auch dauerhaft gemietete E-Mopeds geben. In Berlin hat der Fahrradvermieter Swapfiets einen entsprechenden Versuch gestartet, wir sind gespannt.
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