Ihr werdet davon vielleicht in den Nachrichten gelesen haben: ein Nachfolger für das Hubble-Teleskop wurde ins All geschossen. Das neue Teleskop ist benannt nach James E. Webb, dem NASA-Direktor von 1961 bis 1968. Unter seiner Leitung entstand zum Beispiel das Apollo Programm. Er war also kein Astronom wie Edwin Hubble, der Namensgeber des Vorgängerteleskops, sondern eher ein Visionär. Abgekürzt wird das James-Webb-Weltraumteleskop entweder mit JWST oder einfach Webb.
Entwickelt wurde das Projekt 1996 von der NASA (National Aeronautics and Space Administration), der CSA (Canadian Space Agency) und der ESA (European Space Agency). Damals schätzte man die Kosten auf ca. 300 Millionen Dollar, letztendlich waren sie aber mehr als dreimal so hoch. Der offizielle Starttermin wurde mehrfach verschoben, letztendlich startete die Rakete 10 Jahre nach dem erwarteten Datum (2021 anstatt 2011). Neben dem Teilchenbeschleuniger und dem Space Shuttle zählt das Teleskop zu den kompliziertesten Maschinen, die die Menschheit je gebaut hat. Mit seinen 10 Milliarden Dollar Produktionskosten ist es auf jeden Fall das teuerste Forschungsinstrument, das je ins Weltall befördert wurde.
Mit dem Omegon Teleskop könnt ihr auch selbst in die Sterne schauen (Provisionslink)
Aufbau des Teleskops
Das Teleskop besteht aus 18 Beryllium-Spiegeln-Segmenten, die mit einer dünnen Goldfolie überzogen sind. Insgesamt haben sie einen Durchmesser von 6,5 Metern, bzw. sind 25 m² groß. Damit sind die Spiegel zusammen fast dreimal so groß wie die vom Hubble-Teleskop. Das Beryllium ist besonders geeignet, da es den kalten Temperaturen im Weltraum standhalten kann. Das Gold reflektiert die Infrarotstrahlen.
Außerdem hat das Teleskop noch ein Sonnenschild, das die empfindlichen Apparaturen vor der Wärme von Sonne und Erde schützt. Denn, das Teleskop besitzt ein hochsensible Infrarotoptik, mit der es sogar kleinste Hitzestrahlungen wahrnehmen kann. Die Kälte ist nötig, damit die Sensoren die schwache Wärme aus dem All untersuchen können. Hierbei darf die Hitze von Sonne, Mond und Erde nicht stören. Auf der Schattenseite des Sonnensegels sind es deshalb -233 Grad Celsius, während auf der Sonnenseite Temperaturen von über 100 Grad auftreten können. Deshalb ist die volle Funktionsfähigkeit des Schildes, das aus einer fünfschichtigen Membran besteht, so wichtig.
Das Teleskop verfügt zur Energieversorgung über Solarpanele. Um eine solche Kälte und einen einwandfreien Sonnenschutz zu garantieren, wird das Teleskop auf einem Punkt 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt platziert, der Umlaufbahn des sogenannten Lagrange-Punktes 2 (auch L2 abgekürzt). Dort befindet es sich im Erdschatten, sodass das Schild nur in eine Richtung ausgerichtet werden muss. Insgesamt wog das Teleskop beim Start der Rakete über sechs Tonnen.
Auch in Deutschland (Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg) wurde ein wichtiges Teil entwickelt: Filterlinsen in einem Rad (Filterrad). Je nach Untersuchung verändern die Filter die Eigenschaften des einfallenden Lichtes.
Zeitlicher Ablauf
Das Webb-Teleskop passt nur wie ein Regenschirm zusammengefaltet in die Rakete Ariane-5. Denn in voller Größe ist das Sonnenschild so groß wie ein Tennisplatz. Auch einzelne Spiegel-Segmente wurden zur Seite hin weggeklappt. Erst im Weltraum kann sich das Teleskop vollständig wie ein Schmetterling entfalten. Wie das genau aussieht, zeigt dieses Video des offiziellen YouTube-Kanals des Teleskops:
Abgeschossen wurde das Teleskop in der Ariane-5-Rakete vom Raumfahrtzentrum Guayana, das bei Kourou in Französisch-Guayana liegt. Zuerst, ca. eine halbe Stunde nach dem Start, falten sich die Solarpaneele aus. Ohne die Stromversorgung könnte sich das Teleskop nicht weiter ausklappen. Danach folgen Stück für Stück weitere Teile für fast zwei Wochen. 130 Mechanismen führen die 300 Ausklappschritte durch, jeder von ihnen ein “Single Point of Failure”. Das heißt, jeder der Schritte ist essenziell für die Mission. Wenn einer dieser Punkte schief geht, funktioniert das Teleskop nicht mehr so, wie es soll. Daher ist die Mission ein sehr risikoreiches Unterfangen.
Nachdem das Teleskop sich vollständig ausgefaltet hat, muss es noch auf –233 Grad Celsius herunterkühlen, bevor es einsatzfähig wird. Das wird nach dem Start wohl ca. ein halbes Jahr dauern.
Interessant ist auch, dass die Ariane-5-Rakete nicht bremsen kann, denn dann müsste sich das Teleskop drehen. Dabei könnten empfindliche Teile kaputt gehen, weil es dann der Sonne zugewendet wäre. Daher haben die Ingenieure das Triebwerk etwas gedrosselt, damit das Teleskop langsam zu seinem Zielpunkt gleitet.
Der Start der Rakete fand am 25. Dezember 2021 statt, L2 erreichte das Teleskop am 24. Januar 2022. Auf der Webseite der NASA kann man jederzeit beobachten, wo sich JWST gerade befindet.
Ohne Treibstoffversorgung kann das Teleskop ca. 15 Jahre lang arbeiten. Das ist zwar deutlich kürzer als die Betriebszeit von Hubble. Aber im Gegensatz zu Hubble kann Webb 24 Stunden am Tag senden.
Die Aufgaben vom JWST
Mit seiner hochsensiblen Infrarotoptik kann JWST selbst feine Infrarotstrahlen wahrnehmen. Das Teleskop soll in weiter Fernen gucken können (Provisionslink). Man will mit ihm Planeten nach ihrer Entstehung sehen. Denn Sternenlicht braucht viel Zeit, um die Erde zu erreichen. Das heißt, wir gucken in einen Himmel der Vergangenheit. Es gibt sogar noch Spuren vom Urknall zu sehen, obwohl dieser schon 13,8 Milliarden Jahre her ist. Allerdings ist dieses Licht nur sehr schwach. Dennoch gibt es Licht, das ungefähr 200 bis 300 Millionen Jahre nach dem Urknall davon wegging, also unglaublich alt ist. Das wird dann vom neuen Teleskop beobachtet.
Die Lichtwellen sind also schon sehr lange unterwegs (immerhin 13 Milliarden Jahre). Durch die Ausdehnung des Universums haben sich die Wellen bis auf das zwanzigfache ihrer Ursprungslänge gedehnt. Daher sind die Lichtwellen zu Wärmewellen (Infrarot) geworden und für Menschen nicht mehr sichtbar. Das Teleskop kann die Strahlen jedoch sammeln. Es kann Daten aus vergangenen Zeiten einlesen und die ersten Sterne und Galaxien, die nach dem Urknall entstanden, abbilden. Durch das Infrarotlicht kann das Teleskop sogar in dunkle Staubwolken, die neu entstandene Sterne im All umgeben, schauen. Teilweise reagiert das Teleskop sogar 100-mal empfindlicher als Hubble.
Außerdem hat JWST auch die Aufgabe, nach Exoplaneten Ausschau zu halten, die Sterne umkreisen und deren Atmosphären zu untersuchen. Exoplaneten, das sind Planeten, die um andere Sterne als unserer Sonne kreisen. Jetzt soll nach Planeten gesucht werden, auf denen sich Leben entwickeln kann.
Erste Bilder
Am 11. Februar hat das Teleskop die ersten Bilder gemacht. Da das Teleskop noch nicht voll funktionsfähig ist, zeigt das Bild nur einen Vorgeschmack auf die Kapazitäten des JWST. Auf dem Bild sieht man einen Stern, genauer gesagt HD84406. Über 25 Stunden hinweg hatte das Teleskop 18 Bilder des Sterns aufgenommen, jedes Bild mithilfe eines anderen Spiegelsegmentes. Am Ende wurden die Bilder zusammengefügt, sodass man eine scharfe Aufnahme hat.
Darüber hinaus sendete das Teleskop noch ein Selfie des Hauptspiegelsegments. Das soll den Mitarbeitern dabei helfen, die Ausrichtung des JWSTs besser zu verstehen.
Wer die Themen Weltall und Raumfahrt noch besser verstehen will, kann diesen Artikel hier lesen. Und wer schon immer erfahren wollte, was die NASA und Klimaschutz gemeinsam haben, kann sich hier informieren.
Jetzt mit einem Teleskop selbst in die Sterne schauen (Provisionslink)
Image by NASA/Desiree Stover via Flickr.
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