Was soll all die Aufregung um den sprachgesteuerten Hauslautsprecher, den Amazon Ende September in Deutschland und Großbritannien veröffentlicht hat? Das Gerät ist in den USA seit über einem Jahr erhältlich und hat sich als absoluter Hit herausgestellt. Die Verkaufszahlen wurden auf 1,6 bis 3 Millionen Einheiten geschätzt. Allerdings widersprechen diese Zahlen dem Einfluss, den solch ein Gerät, das mit künstlicher Intelligenz arbeitet, auf das moderne Zuhause schon in naher Zukunft haben könnte. Echo erlaubt es nicht nur, unsere Musik per Sprachsteuerung auszuwählen, dies ist nur die erste von vielen verschiedenen Smart-Home-Anwendungsmöglichkeiten, die weit über einfache Aufgaben wie das bloße Steuern von Musik oder Beleuchtung hinausgehen. Es nutzt einen Assistenten mit künstlicher Intelligenz namens Alexa, der es Nutzern ermöglicht, auf Informationen und Dienstleistungen aus dem Internet zuzugreifen und persönliche Organisationstools zu nutzen. So können Sie beispielsweise eine Pizza bestellen oder ein Taxi rufen, das Wetter oder Termine in Ihrem Kalender abfragen – alles nur durch eine Anfrage an Alexa. Somit ist es Apples Siri recht ähnlich, macht aber, was Mikrofon und KI Technologie anbelangt, demgegenüber deutlichere Fortschritt. Im Hinblick auf die Spracherkennung und Anfragenausführung arbeitet es treffsicherer als vergleichbare Geräte. Dies gilt für alle Bereiche in Ihrem Zuhause, wo das Gerät Sie hören kann.
Ich habe nun das vergangene Jahr mit Amazon Echo gelebt, nachdem ich es aus den USA über eBay importiert hatte. Es ist ein erstaunliches Werkzeug, das man selbst erlebt haben muss, um zu begreifen, warum es das Potenzial hat, den Gedanken vom intelligenten Assistenten für jedes Zuhause erfolgreich zu machen. Daher überrascht es nicht, dass selbst Amazons CEO Jeff Bezos sagte, es werde möglicherweise der vierte Amazon-Hauptservice, gleich nach der Verkaufsstelle, dem Cloud-Speicher und den Mobilgeräten. Viele von uns haben sich bereits an mangelhafte Spracherkennungssysteme und fehleranfällige Benutzung unserer Smartphones gewöhnt. Allerdings hat Amazon bereits zwölf Monate vor der Konkurrenz damit begonnen, ein Hochpräzisionsmikrophon und eine verfeinerte Spracherkennung zu entwickeln. Dadurch hat das Unternehmen gegenüber anderen einen deutlichen Vorsprung erhalten. Der Unterschied zu anderen KIs ist, dass Alexa statt einer einzelnen Software 300 ihrer eigenen Apps nutzt (die Amazon „skills“, also Fähigkeiten, nennt), um das Gerät mit entsprechenden Fähigkeiten auszustatten. All dies schafft ein System, das besser integriert und höher entwickelt ist und gleichzeitig ein Minimum an Einrichtung bzw. Konfiguration erfordert. Das ist eine durchaus signifikante Entwicklung im Aufkommen des vernetzten Zuhauses, die auf uns zukommt, während wir von der Epoche der PCs und mobilen Geräte zusteuern auf die Epoche des Internets der Dinge. Eine Epoche, in der Computerchips sich in beinah allen Geräten des täglichen Lebens finden lassen, die wir benutzen. Echo ist wohl das erste erfolgreiche System, dem es gelungen ist, diese Lücke zu schließen. Sein Spracherkennungsservice verknüpft, zusammen mit der Sensorik, Ihr Zuhause mit einer Lieferkette des Amazon Markts, die viele, wenn nicht sogar alle Ihrer Bedürfnisse bedient. Es ist vielleicht noch etwas früh für ein solches Gerät, aber es wirft dennoch die Frage auf, wie andere Geschäfte, Banken und Entertainmentunternehmen eventuell auf diese Technologie reagieren müssen, da es im Endeffekt einen Zwischenhändler zwischen Ihnen und den Kunden platziert. Anstatt zu einem Direktanbieter zu gehen, erledigen Sie eine Bestellung nun über Amazon mit Echo. Die IT-Industrie nennt das einen Aggregator oder eine Service-Broker-Plattform. Dies ist das allseits angestrebte, mythische Ziel vieler Tech-Unternehmen, die der Dienstleister aller erhältlichen Dienste werden wollen.
Was spricht dagegen?
Das Feedback der frühen Anwender von Echo aus den USA war solide. Nach meiner Erfahrung entfällt das Argument, das Gerät habe keinen Bildschirm, was die Interaktion erschweren würde, wenn man das Gerät einfach nutzt. Die Sprachinteraktion wirkt natürlich und wenn es wirklich ein Problem mit dem System gibt, liegt das eher daran, dass man erst den Umfang der Fähigkeiten des Systems verinnerlichen sollte, als sie direkt zum Laufen bringen zu wollen. Ein Gerät, das ständig auf Spracheingaben wartet (und das Unternehmen ist um die Klarstellung bemüht, dass anderweitige Konversationen nicht aufgezeichnet werden), wirft zweifelsohne die Frage nach der Privatsphäre auf, genauso wie es all unsere anderen verknüpften Geräte tun. Echo und Alexa arbeiten mit den entsprechenden Sicherheitsprotokollen, die viele Leute bereits nutzen, wenn sie online einkaufen oder den Cloud-Dienst von Amazon nutzen. Wie privat diese Systeme allerdings wirklich sind und welche Missbrauchsrisiken sie bergen, muss untersucht werden, sobald Amazon oder andere Smart-Home-Unternehmen damit einen Zugang nicht nur zu unseren Bankdaten, sondern auch zu unseren privaten Gesprächen erhält. Echo repräsentiert eine neue Art von Schnittstelle, die zusammen mit bahnbrechenden Konzepten im Bereich der virtuellen Realität Dienstleistungen im Hinblick auf Sprachsteuerung vorantreibt, die den innovativen Umgang mit Computern schon 2017 und den darauffolgenden Jahren prägen wird. Google hat in den USA bereits Google Home ein ganzes Jahr später auf den Markt gebracht und auch andere Unternehmen arbeiten momentan an ähnlichen Ansätzen. Das erstaunliche daran ist, dass dies eine Zukunftsvision darstellt, die viel eher als derzeit angenommen eintrifft. Wir sind zwar noch weit von allgemein künstlicher Intelligenz entfernt, mit Maschinen, die wie Menschen denken und handeln – aber die Tage von Tastatur und Maus sind gezählt. Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Image (adapted) „Amazon_Echo“ by Scott Lewis (CC BY 2.0)
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