Arc – durch KI endlich Konkurrenz für Chrome?

In der sich ständig verändernden digitalen Welt behauptet sich Google Chrome trotz eines sinkenden Marktanteils von 63% im Juli 2023 als einer der führenden Browser. Doch wie in jeder Branche gibt es immer Raum für Neuerungen und Wettbewerb. Ein neuer Akteur ist der Arc Browser, der sich durch seine ungewohnten Funktionen und der Integration von KI -Features auszeichnet. Josh Miller, Co-Founder und CEO von The Browser Company, betonte im Interview mit Inverse: „But 14 years is too long — practically an eternity — for one web browser to dominate the way we access the internet.“ Miller fügte hinzu: „We open our browsers today and we feel nothing. We just feel absolutely nothing.“

Warum braucht es einen neuen Browser?

Der Arc Browser ist das Produkt eines Start-ups namens „The Browser Company„. Dieses wurde von Josh Miller und Hursh Agrawal im Jahr 2019 gegründet,  um das traditionelle Webbrowser-Konzept zu überdenken und neu zu gestalten. Dabei steht im Vordergrund, den sich wandelnden Anforderungen und Erwartungen der heutigen Internetnutzer gerecht zu werden. Anstatt sich lediglich auf das Browsing zu konzentrieren, versucht Arc, eine umfassendere und dennoch intuitive Benutzererfahrung zu schaffen. Dies soll erreicht werden, indem Funktionen und Tools bereitgestellt werden, die sich von dem unterscheiden, was herkömmliche Browser bisher angeboten haben. Doch damit nicht genug: Arc will ein Betriebssystem für Webanwendungen sein.

Momentan ist der Arc Browser derzeit ausschließlich für MacOS-Benutzer zugänglich. Allerdings gibt es Pläne, den Browser auch für Windows-Nutzer zugänglich zu machen. So ist eine Veröffentlichung für den Winter 2023 angekündigt. Zusätzlich zur Desktop-Version gibt es eine Companion-App für iOS. Diese App synchronisiert die „Spaces“ und Tabs aus der Mac-Version, hat jedoch nicht den vollen Funktionsumfang eines eigenständigen mobilen Browsers.

Was zeichnet Arc aus?

Künstliche Intelligenz 

Arc hat jüngstens diverse Features integriert, die sich den KI-Modellen von OpenAI und Anthropic zu Nutze macht. Diese Features wurden unter dem Namen „Arc Max“ veröffentlicht. 

Eines der charakteristischen Features von Arc Max ist die „Ask on Page“-Funktion. Im Gegensatz zu herkömmlichen Suchfunktionen, die sich auf das Auffinden von Wörtern oder Phrasen auf einer Seite beschränken, ermöglicht diese Funktion den Benutzern, eine spezifische Frage direkt auf einer Webseite zu stellen. Durch das Halten der Tastenkombination Command + F wird die Frage an Max gesendet, der dann versucht, in kürzester Zeit eine Antwort zu liefern. Interessanterweise bleibt die ursprüngliche Suchfunktion von Command + F dabei unverändert.

Ein weiteres Merkmal, das Arc Max von anderen Browsern abhebt, sind die 5-Sekunden-Vorschauen. Anstatt Webseiten tatsächlich anklicken zu müssen, können Benutzer einfach die Shift-Taste gedrückt halten und über einen Link schweben, um einen schnellen Überblick über den Inhalt zu erhalten. Bei einigen Websites, einschließlich Suchergebnissen von Google, DuckDuckGo und Bing, wird diese Vorschau-Funktion automatisch aktiviert.

Die „Tidy Tab Titles“-Funktion ist ein weiterer Ansatz von Arc Max, um das Browsing-Erlebnis zu optimieren. Wenn Tabs angeheftet werden, können sie automatisch umbenannt werden, um kürzere und prägnantere Titel zu erhalten. Doch Benutzer haben auch die Option, sie manuell umzubenennen, je nach Bedarf.

Für diejenigen, die ihre Downloads organisiert halten möchten, bietet die „Tidy Downloads“-Funktion eine intelligente Umbenennung von heruntergeladenen Dateien. Sobald diese Funktion aktiviert ist, arbeitet sie automatisch bei jedem Download.

Schließlich hebt sich Arc Max durch die Integration von ChatGPT in die Befehlsleiste hervor. Dies ermöglicht es den Benutzern, Fragen zu stellen und in wenigen Klicks Antworten zu erhalten. Es ist jedoch zu beachten, dass für diese Funktion ein ChatGPT-Konto erforderlich ist.

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Seitenmenü

Eines der auffälligsten Merkmale des Arc Browsers ist sein linkes Seitenmenü. Im Gegensatz zu vielen herkömmlichen Browsern wie Chrome, die ihre Hauptfunktionen oben oder in separaten Menüs anordnen, hat Arc fast alle zentralen Funktionen, einschließlich der Adressleiste und der Navigationstasten, in dieses Menü integriert. Dieser Ansatz zielt darauf ab, eine direktere und möglicherweise effizientere Navigation zu ermöglichen. 

Das Seitenmenü ist die Heimat der sogenannten „Spaces“. Diese kann man sich wie Browser-Profile vorstellen, in denen man je nach Verwendungszweck unterschiedliche angeheftete Tabs sammelt. Wenn man z.B. vom Space „Privat“ zu „Arbeit“ umschaltet, wird statt Netflix nun LinkedIn angezeigt, je nach eigener Konfiguration. Bemerkenswert ist auch, dass beim Umschalten auch die Accounts euer Webseiten gleich mitwechseln. Das bedeutet: Durch das Umschalten könnt ihr auch direkt auf z.B. X (ehemals Twitter) zwischen eurem privaten und eurem beruflichen Account wechseln.

Eure Tabs, die ihr nicht angeheftet habt, werden getrennt angezeigt. Doch genau hier will Arc gegen das sogenannte „Browser Clutter“ vorgehen. „Browser Clutter“ bezeichnet einen Zustand, wenn ihr beispielsweise so viele Tabs geöffnet habt, dass ihr die Übersicht verliert. Laut einer Studie der finnischen Aalto Universität kennen diesen Missstand viele. Um dagegen anzukommen, werden Tabs, die längere Zeit offen sind und nicht verwendet werden, automatisch archiviert. Dies soll dazu beitragen, den Browser übersichtlich und leistungsfähig zu halten. Diese Funktion kann der Nutzer jedoch selber anpassen und Tabs auch vor dem Archivieren schützen.

Wenn Benutzer mit dem Mauszeiger über Tabs für Gmail oder Google Calendar fahren, zeigt Arc kleine Vorschauen von ungelesenen Nachrichten oder bevorstehenden Ereignissen an. Die Vorschaufunktion des Browsers ist besonders nützlich für diejenigen, die ihre E-Mails oder Kalenderereignisse ständig im Auge behalten möchten.

Screenshot des Arc Browsers, die linke Seitenleiste ist sichtbar
Image via Arc.net by The Browser Company

Weitere Funktionen

Für diejenigen, die oft mit mehreren Webseiten gleichzeitig arbeiten, bietet der Split-Screen-Modus von Arc die Möglichkeit, zwei Webseiten nebeneinander anzuzeigen. Benutzer können einfach einen Tab auf die aktuelle Webseite ziehen, um ihn im Split-Screen-Modus zu öffnen. Anders als z.B. Chrome sind dafür dann keine zwei verschieden Fenster nötig, die man per Betriebssystem zu zweit auf einen Bildschirm darstellt.

Im Arc Browser werden Links, wenn diesen z.B. aus einer E-Mail öffnet, zuerst in einem separaten Fenster geöffnet, dem sogenannten „Little Arc“ und nicht als eigenen Tab im Browser. Somit soll der Tab nicht eure Tab-Leiste verstopfen, sondern nur kurzweilig die Webseite aufrufen. Selbstverständlich könnt ihr Seite auch dann manuell als Tab öffnen.

Wenn auf einer Website, beispielsweise Spotify, Musik abgespielt wird, aktiviert der Browser automatisch einen eingebetteten Mini-Musik-Player am unteren Rand des Seitenmenüs. Ein weiteres bemerkenswertes Feature ist der automatische Bild-in-Bild-Modus für Videos.

Für kreative Köpfe hat Arc ein digitales Whiteboard und eine Notiz-Funktion eingebaut. Diese Tools sollen die Ideensammlung und das Teilen von Informationen fördern, wodurch der Browser zu einem nützlichen Werkzeug für Brainstorming und Zusammenarbeit wird.

Zusätzlich zu diesen Kernfunktionen hat das Unternehmen einige experimentelle Funktionen entwickelt. Dazu gehören „Easels“, die als teilbare Web-Scrapbooks dienen. Im Grunde erstellt diese Funktion einen Screenshot einer Seite und Ihr habt direkt im Browser die Möglichkeit Zeichnungen oder eigene Notizen auf dem Screenshot anzulegen. Dagegen sind die sogenannten „Boosts“ ein Werkzeug, das Benutzern die Möglichkeit gibt, Webseiten nach ihren Wünschen zu modifizieren. Entsprechend könnte man selber eigenen Code hinzufügen, der beispielsweise das Aussehen einer Webseite ändert.

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Arc – Das neue Chrome?

Arc bewirbt nahezu aggressiv, dass es mit seinen Funktionen den Browsermarkt und insbesondere Google Chrome herausfordern will. Bemerkenswert dabei ist, dass Arc auf Googles quelloffenem Browserkern Chromium basiert. Dies hat den Vorteil, dass eine hohe Kompatibilität gewährleistet ist, beispielsweise beim Import von Daten aus Chrome. Darüber hinaus bietet die Chromium-Basis von Arc den Benutzern die Möglichkeit, Chrome-Erweiterungen zu nutzen. Dies könnte für viele, die das Chrome-Ökosystem bereits viel genutzt haben, ein entscheidender Faktor für den Umstieg sein.

Die Entscheidung für Chromium dürfte aber auch daran liegen, das Internetseiten weitgehend auf Chromium und die dahinterliegende Blink-Engine optimiert sind. Sogar Microsofts Browser Edge ist 2020 auf Chromium als Kern umgestiegen, nachdem man zuvor stets mit einer eigenen Browser-Engine arbeitete.

Zielgruppe des Arc Browsers:

Der Arc Browser scheint sich in erster Linie an Poweruser zu richten, die intensiv im Web unterwegs sind und bereit sind, sich auf ein neues Browser-Erlebnis einzulassen. Auch für Nutzer, die meistens viele Tabs offen haben und sich daran stören, könnte Arc eine gelungene Alternative darstellen. Allerdings ist die Benutzung von Tastenkombinationen für eine optimale Bedienung wohl unerlässlich , was eine gewisse Eingewöhnungszeit erfordern kann. Wie bereits erwähnt, kann man Arc momentan nur auf MacOS nutzen. Erst wenn die Version für Windows erscheint, könnte Arc wohl auch für die breite Maße interessant sein. Wir sind gespannt wie sich die Windows-Version anfühlen wird. Ihr könnt euch hier zur Warteliste hinzufügen, wenn ihr wollt, um von The Browser Company direkt selber über den Windows Release informiert zu werden.


Image via Adobe Stock by Knut


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