Als BBC News im vergangenen Jahr begonnen hat, in ihrer App hochformatige Videos zu testen, waren viele Mitarbeiter skeptisch – doch die Entwicklung des Videoplayers hat laut Kreativdirektor Ryan O’Connor dabei geholfen, „einige neue Abteilungen in die Welt des wiederkehrenden, benutzerzentrierten Designs mitzunehmen,“ und die Ergebnisse sind vielversprechend.
Im vergangenen Herbst, nachdem die vertikalen Videos intern in der App getestet wurden, hat BBC News eine Neuauflage ihrer mobilen App präsentiert. Obwohl nur ein Bruchteil der BBC-Zuschauer die App benutzen, werden 48 Prozent der digitalen BBC News-Videos dort angeschaut. Gut ein Viertel der Nutzer schauen sich mehr als fünf Clips pro Woche an. Der Sender wollte diese Videos für mobile Geräte optimieren und mehr als nur neuverpackte TV-Beiträge anbieten.
Inzwischen gibt es zwei Komponenten in der BBC App, die vertikale Videos abspielen. „Videos of the Day“ ist eine Snapchat-artige Wiedergabeliste mit Kurzbeiträgen, durch die die Nutzer blättern können. Die Ausgaben enthalten Informationen von Meryl Streeps Rede bei den Golden Globes bis hin zu im Schnee spielenden Katzenbären. Im vergangenen Dezember wurde außerdem BBC Stories vorgestellt, wo eher dokumentarische Berichte im Vordergrund standen.
Manchmal war es schwierig, die Redaktionsteams mit ins Boot zu holen, teilte der Mobilproduktmanager James Metcalfe mit, da sie dafür verantwortlich wären, neue Arten von Video-Inhalten zu erstellen. Zur Zeit der internen Tests waren „eine Mehrzahl der Beiträge, die wir produziert haben, noch Videos im Querformat“. Aber „durch diesen internen Beta-Test [haben wir gesehen], dass das vertikale Format weitaus besser ist. Es hat Klick gemacht, und wir haben verstanden, dass wir mehr Inhalte in diesem Format produzieren müssen“.
„Eine Geschichte in diesem Format zu erzählen, macht sie persönlicher“, ist O’Connor überzeugt. „Die Nutzer werden hier ähnlich wie bei FaceTime dargestellt […] das [erlaubt es uns], sich mit einer Geschichte auf eine andere Art verbunden zu fühlen und gleichzeitig verschiedene Zielgruppen anzusprechen.“
Die hochformatigen Videosegemente der BBC sind höchstens 90 Sekunden lang, außerdem sind sie untertitelt, sodass die Zuschauer sie auch ohne Ton ansehen können. Viele der Videos werden direkt auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken geteilt, und die BBC entwickelt auch hochformatige Videoanzeigen.
Bei vorherigen Projekten war das Digitalteam hauptsächlich für die Entwicklung von Produkten für vorbestimmte Redaktionsinhalte zuständig. Mit der Initiative für hochformatige Videos haben die Mitarbeiter des Digitalteams auch bei der Gestaltung der redaktionellen Berichterstattung mitgewirkt, meint Produktleiter Alex Watson.
„Dies ist wahrscheinlich eines unserer ersten Projekte, bei dem das Nutzererlebnis, die Produkte und die Technologie ein zentraler Bestandteil der Gestaltung des Inhaltsangebotes waren“. Die BBC hat im Juli 2016 eine Beta-Version veröffentlicht und das Produkt dann mit Hilfe des Feedbacks der Tester verbessert. Zum Beispiel haben Nutzer oft mehrere Videos gleichzeitig angeschaut, also sorgte das Team dafür, dass man durch Wischen mit dem Finger einfach zwischen den Videos hin- und herwechseln kann.
„Jüngere Zuschauer, vor allem Frauen, werden von dieser stärker visuellen Herangehensweise und Videos angezogen“, findet O’Connor. „Die Zuschauer berichten, dass sie sich so fühlen, als ob sie sich einfach zurücklehnen können. Wenn sie mehr wissen wollen, nehmen wir sie mit auf eine Reise, aber wir werden sie nicht auf 500 Reisen mitnehmen. Wir versuchen, das Gefühl der Überforderung durch zu viele Alternativen, das ein Hauptbestandteil typischer App-Erfahrungen ist, zu begrenzen.“
Die BBC nannte keine genauen Zuschauerzahlen, Metcalfe ließ aber verlautbaren, dass die Erweiterung des Angebots gut angenommen wurde. Während die Ergänzung um Hochformat-Videos für die Benutzer der App problemlos erschien, ist das Produktionssystem für die Inhalte des BBC noch immer vorranging auf Fernsehen und einen querformatigen Output ausgerichtet. Häufig müssen die horizontalen Videos für den vertikalen Player angepasst werden.
Die Markteinführung der App war „ein gutes Beispiel für einen Kompromiss, um auf den Markt zu kommen und zu beweisen, dass vertikale Videos funktionieren können“, meint Watson. „Wie bei allen Arbeitsabläufen gibt es auch hier eine Henne-und-Ei-Situation: Die Leute wollen nichts ändern, solange es noch nicht greifbar ist und den Zuschauern über das Frontend präsentiert wird – wenn man sich aber radikal verändern möchte, muss man natürlich die Inhalte ändern, bevor die Zuschauer das Produkt zu sehen bekommen.“
Watson hofft, dass die Einführung der vertikalen Videos durch BBC News auch andere Bereiche des BBC dazu ermutigen wird, mit dem Format zu experimentieren. „Hochformatige Spielfilme gibt es noch nicht“, sagt Watson. „Aber wahrscheinlich wird das noch kommen. Das Schöne ist, da wir es getan haben, wird es auch bei der BBC ein Gespräch über hochformatige Videos geben. Im Sport wird man es sicherlich schon bald sehen.“
Dieser Artikel erschien zuerst auf „Nieman Journalism Lab“ unter CC BY-NC-SA 3.0 US. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Image: Screenshots by Niklas Hamburg. Adapted by Nils Hansen.
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