Mit mehrsprachigen Nachrichten in den unterschiedlichsten Formaten erreicht die BBC vollkommen neue Zielgruppen. // von Joseph Lichterman
„Wir wollen einem Publikum, das normalerweise eine festgesetzte Meinung über die BBC hat, zeigen, dass sie auch mit der neuen Zeit mithalten kann„, begründet Hernando Alvarez die Versuche der BBC, Nachrichten in den unterschiedlichsten Sprachen in den verschiedensten Formaten auf den mannigfaltigsten Medien zu verbreiten. Und das mit Erfolg.
Das Video, das im vergangenen Monat auf BBC Azeris Instagram-Account gepostet wurde, zeigte Explosionen, in Reihe stehende Soldaten und Kampfflugzeuge im Einsatz. Menschen auf der ganzen Welt wollten sich dieses Video anschauen: den Trailer zu Ulduz müharibeleri.
Das gleiche Video wurde auch auf dem arabischen Instagram-Account der BBC unter dem Titel „??? ??????.“ gepostet. Auf der Instagramseite von BBC Mundo hatte es den Titel „Guerrade las Galaxias„. Auf dem herkömmlichen Instagram-Account von BBC News wurde das Video für den neuen Star Wars-Film gezeigt, und jede Version endete mit Harrison Ford, der als Han Solo sagte „Chewie, wir sind zu Hause.„
Das Video wurde in fünf verschiedenen Sprachen auf die verschiedenen Accounts geposted. Alle Versionen waren bis auf die Untertitel gleich, die in den verschiedenen Sprachen angeboten wurden.
Die Videos wurden von BBC Shorts hergestellt, eine Gruppe innerhalb der BBC News, die quadratisch geformter Videos produziert. Das ist perfekt für Instagram. Sie können aufgrund der verschiedenen Sprachen ganz einfach in den sozialen Netzwerken geteilt werden.
Die BBC versucht hiermit auch, innerhalb ihrer weitverzweigten Sprachangebote (bestehend aus momentan 28 Sprachen), Internet- und andere Inhalte aus den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Hernando Alvarez ist Redakteur bei BBC Mundo und leitet ein Team, um eine Drehscheibe für weltweiten Inhalt aufzubauen und diese Prozesse zu straffen. Ein dreimonatiger Test wurde Ende März beendet.
„Wir testeten hauptsächlich zwei Konzepte„, sagte Alvarez zu mir. „Eins beinhaltete eher, ob sich die Produktionsprozesse zusammenfassen lassen und ein paar Einsparungen gemacht werden könnten. Der Zweite war, ob die Zentralisierung der Produktion von sozialen und mobilen Varianten den Sprachenservices ein paar strategische Ziele bereiten könnten, wenn es um Publikumsengagement und Relevanz geht.„
Die BBC Shorts wurden zu Beginn des Jahres 2014 ins Leben gerufen und kamen aus dem BBC Video Innovation Lab der BBC. Chefredakteur der BBC Shorts, Andrew Webb, ist dem Projekt Anfang April beigetreten und war für über neun Monate die einzige Person, die daran gearbeitet hat, bevor man das Projekt einer größeren Content-Plattform hinzufügte. Momentan sind, je nach Tagesanforderung, bis zu vier Produzenten dabei, mit BBC Shorts zu arbeiten. Sie editieren und erstellen Videos, sowohl für das britische und ein weltweites Publikum.
Webb hat dabei die Originalvorlage entwickelt, so kann jeder von der Originalversion aus seinem internen Netzwerk beschaffen und das Video in jede Sprache übersetzt werden. Die BBC hat auch eine Vorlage erstellt, um die Übersetzungsprozesse weiter zu automatisieren, denn in einigen Sprachen, wie beispielsweise Chinesisch, lassen sich die Buchstaben nicht entsprechend in das Originalformat einfügen, daher können die Redakteure die Untertitel als png-Datei einfügen.
Es gibt zwei verschiedene englischsprachige Accounts und acht verschiedene Sprachenservices bei Instagram, sagte Webb. Trotzdem werden die Videos, die von BBC Shots produziert werden, auch bei Facebook, YouTube, der BBC-Webseite selbst und ab und an auch in den Fernsehspots der BBC benutzt.
Der Ort, an dem sich die BBC Shorts jedoch am schnellsten ausbreiten, ist die Messenger-App Line, sagte Webb. Die BBC startete den Account im vergangenen Oktober und innerhalb von drei Tagen wuchs die Anzahl der Follower von 11 auf über 120.000 an. Der Account hat mittlerweile beinahe 800.000 Follower und war besonders in Indien und einigen anderen Teilen Asiens erfolgreich.
„Ich habe die Macht, an 800.000 Leute eine Nachricht und Videos zu schicken„, sagte Webb. „Wir dachten zuerst, dass das ziemlich cool sei, bekamen dann aber mit, dass es ziemlich oft geblockt wurde, weil es wirklich ziemlich nervt. Darum haben wir es auf ein bis zwei Nachrichten pro Woche zurückgeschraubt.„
Unabhängig davon, wo die Videos geposted werden, ist es das Ziel von BBC Shorts, die Reichweite der BBC über die traditionellen Grenzen der Senderreichweiten auszuweiten, besonders auf dem sich noch immer ausweitenden Markt der Smartphones. Schaut man sich das an, meint Webb, haben wir ziemlich großen Erfolg.
„Ich habe dort Artikel veröffentlicht, nach dem sie zwei oder drei Tage zuvor auf der BBC-Webseite zu sehen waren, um herauszufinden, ob die Leute sich daran stören, dass die Texte schon älter waren. Und natürlich hat das praktisch niemand mitbekommen„, sagt er. „Es zeigte uns, dass wir einen Markt erschlossen hatten, der nicht auf die Webseite der BBC News achtet.„
Als die weltweiten Zugriffszahlen anstiegen, plante BBC News, die Menge an mobilen und sozialen Inhalten anzuziehen, um die auch auf weiteren Plattformen anzubieten und auch anderes Material aus anderen BBC-Teilen einzufügen.
Seit die Testphase nun im März beendet wurde, hat die BBC ein Team zuammengestellt, das sich darum kümmern soll. Das Ziel ist, „so bald wie möglich zu launchen„, mit der Idee, dass es im Sommer alles funktionieren soll, sagte Alvarez. Am Anfang soll es noch drei Redakteure und sechs oder sieben Produzenten geben, die zusammen in London am Inhalt arbeiten. Andere Mitarbeiter sollen aus Delhi oder Washington hinzukomen, damit man rund um die Uhr bereit stehen kann.
Wenn das Wachstum anhält, wird man sehen, ob man noch mehr Inhalte der BBC nutzen kann, vielleicht auch die etwas weniger anspruchsvollen Inhalte. BBC Shorts hat beispielsweise Outtakes des Standup-Auftritts eines Reporters in Indiana gezeigt, bei dem sich im Hintergrund eine Kuh erleichtert hat.
„Wir nehmen das Material von überall aus der BBC„, sagte Alvarez.
Webb meinte, man wäre auch daran interessiert, Videos zu produzieren, die länger gingen als die bei Instagram üblichen 15 Sekunden. Man überlegt, ob man 31-sekündige Videos bei Youtube einstellen soll. (Wieso? Dies ist die minimale Länge, um auch Werbeclips laufen lassen zu können. Die Werbeclips würden jedoch nur auf Nutzer außerhalb des Vereinten Königreichs zugeschnitten werden, da die BBC für britische Zuschauer nicht legal Werbematerial bereitstellen darf.)
Wenn sich die Gruppe etabliert und wächst, wid man den Prozess der Zusammenfassung weiterführen. So wird es einfacher sein, mehr Videos und Inhalte für besondere Plattformen wie Snapchat zu produzieren. Man wird immer wieder neues Publikum suchen und Neues ausprobieren.
„Wenn wir von mobilen und sozialen Inhalten reden„, sagte Alvarez, „wollen wir einem Publikum, das normalerweise eine festgesetzte Meinung über die BBC hat, zeigen, dass sie auch mit der neuen Zeit mithalten kann.„
Zuerst erschienen auf niemanlab.org. Übersetzung von Anne Jerratsch.
Teaser & Images by
CHIEF-EDITOR’S NOTE: Wenn Ihnen unsere Arbeit etwas wert ist, zeigen Sie es uns bitte auf Flattr oder indem Sie unsere Reichweite auf Twitter, Facebook, Google+, Soundcloud, Slideshare, YouTube und/oder Instagram erhöhen. Vielen Dank. – Tobias Schwarz
Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: BBC, instagram, journalismus, Line, Medienwandel, messenger, Reichweite, Sprachbarriere, Sprache