In einer kleinen Serie stellt Heiko Kunert vom Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg das blinde Netz vor. In Teil 1 der Reihe Blind im Web ging es „Ein Stück Normalität„, in Teil um „Blogs als Chance„. Im dritten Teil schreibt er über erste Schritte der Blinden- und Sehbehindertenvereine im Web 2.0.
„Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?“ Diese Frage stellen wir den neuen Mitgliedern des Blinden- und Sehbehindertenvereins. Häufig lautet die Antwort: „Über das Internet.“ Meist haben Angehörige online nach Hilfe-Angeboten gesucht, die der Großmutter mit Diabetes oder dem Vater mit grünem Star das Leben erleichtern. Bei Google wird nach Lupen, nach Informationen über Augen-Erkrankungen oder Beratungsangeboten gesucht. Die gemeinnützigen und unabhängigen Selbsthilfe-Organisationen sollten daher anstreben, im Suchmaschinen-Ranking vor kommerziellen Anbietern aufzutauchen. Der wichtigste Schlüssel hierzu ist informativer Content.
So hat der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) eine Sonderseite zur altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD) online gestellt. Die AMD ist die häufigste Ursache für eine Sehbehinderung bei Menschen über 50. Broschüren werden barrierefrei zum Download angeboten. Der DBSV bietet seine Neuigkeiten nicht nur als Newsletter, sondern auch im RSS-Abo an. Der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund informiert täglich per E-Mail. Als Sprecher des Hamburger Vereins nutze ich mit großem Gewinn Twitter, um mich auszutauschen.
Gerade für die Öffentlichkeitsarbeit bieten soziale Netzwerke, blogs und Microblogs gewaltige Chancen. Blinden- und Sehbehindertenvereine erreichen hier neue Zielgruppen. Entweder suchen Journalisten oder PR-Agenturen nach neuen Themen. Oder ich komme zufällig mit Menschen ins virtuelle Gespräch, die vorher noch nie über Blindheit und Sehbehinderung nachgedacht haben. Jede dieser Kontakte lohnt sich. Leider haben viele Blinden- und Sehbehindertenvereine Twitter, Xing, Facebook und Blogs noch nicht für sich entdeckt. Vielen kleinen Organisationen fehlt es an Personal und an finanziellen Mitteln. Dennoch: am Web 2.0 kommen die Vereine dauerhaft nicht vorbei, wenn sie zukünftig Ansprechpartner Nr. 1 für Menschen mit Augenerkrankung sein wollen.
Foto: Michael Maier.
Über den Autor
Heiko Kunert (32) ist Sprecher des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg. Er ist mit sieben Jahren durch einen Tumor erblindet. In seinem Blind-PR-Blog schreibt er über seine Arbeit als blinder PR’ler und das ganz normale Leben in Hamburg. Im vierten Teil schreibt er über Barrieren im Netz.
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Schlagwörter: blind, blogosphäre, sehbehinderung, selbsthilfe, web