Mir wäre bis vor einer Weile nicht in den Sinn gekommen, dass sich an den üblichen Eingabemethoden für Computer noch etwas radikal erneuern ließe. Doch mit dem Drehregler Surface Dial hat mich Microsoft eines besseren belehrt. In der Apple-Welt gibt es bislang dazu keine Entsprechung. Am nächsten heran kommt Eingabegeräte-Spezialist Logitech, der in seiner edlen Bluetooth-Tastatur namens Logitech Craft ein Einstellrad mit ähnlicher Missionsbeschreibung verbaut.
Der Extra-Knopf gibt Kreativen und Wissensarbeitern in macOS Aktionssets an die Hand, mit denen sich Grafik- und Office-Programme leichter und produktiver bedienen lassen sollen. Wie bei Apples Touch Bar variieren die Funktionen je nach geöffneter App. Weil es diese noch nicht für iMacs gibt, ist die Logitech Craft eine interessante Tastatur-Alternative für Nutzer von Apple-Rechnern. Im Test überzeugte mich das rund 200 Euro teure Schreibgerät fast nahezu vollständig, schwächelte aber etwas bei der Energieversorgung.
Der richtige Dreh: So funktioniert das smarte Einstellrad der Logitech Craft
Der in Metall eingefasste Drehregler am oberen linken Rand ist das Highlight der Logitech Craft. Der Knopf mit dem ungefähren Durchmesser einer Ein-Euro-Münze reagiert auf dreierlei Weise. Er lässt sich nach links und rechts drehen, drücken sowie gleichzeitig drücken und drehen.
Ab Werk ändert ihr damit die Lautstärke, startet oder pausiert einen Song in iTunes oder variiert die Helligkeit des Monitors. Das geht flott von der Hand, ist aber für sich genommen noch kein großer Mehrwert gegenüber dem Apple Magic Keyboard, das dafür eigene Funktionstasten bereit hält. Daher ist es praktisch, dass ihr in der Hersteller-Software namens Logitech Options (getestet in Version 6.72.227) die Standard-Belegung durch andere macOS-Funktionen austauschen und auch benutzerdefinierte Tastendrücke zuweisen könnt.
Ein Superknopf dreht auf: Wenige aber gute App-spezifische Spezialfunktionen
Das volle Potenzial der Logitech Craft ruft ihr erst ab, wenn ihr Programme öffnet, in denen der Drehregler kontextbasierte Funktionen kennt. Optimiert ist er für: Photoshop CC, Premiere Pro CC, Illustrator CC, InDesign CC, Word. PowerPoint, Excel, Google Chrome, Mozilla Firefox und Apple Safari.
Tutorials in Logitech Options und Videos auf der Produktseite erklären, welche Funktionen ihr steuern könnt. Mit dem Drehregler könnt ihr beispielsweise in Photoshop Helligkeit, Kontrast und Sättigung eines Fotos anpassen und in Premiere Pro durch die Zeitachse navigieren. In den drei Browsern wechselt ihr per Drehbewegung durch offene Tabs. Und zum Beispiel in Word zoomt ihr in Dokumente hinein oder heraus. Die Schriftart und -größe lässt sich in Microsofts Schreibprogramm am Mac jedoch nicht ändern. Dazu ist die Logitech Craft nur unter Windows in der Lage.
Zusätzlich könnt ihr ihr auch Aktionssets für ein beliebiges anderes, unter macOS installiertes Programm konfigurieren. Dafür stehen dann aber nur generische und keine App-spezifischen Befehle zur Auswahl. Vor diesem Hintergrund ist die Liste der für den Drehregler optimierten Programme etwas mager. Wer häufig mit den populären Programmen von Adobe und Microsoft arbeitet und viel surft, kommt jedoch auf seine Kosten.
In Chrome mit dem Drehregler zwischen den offenen Tabs zu switchen oder in Word die Textansicht zu vergrößern, finde ich sehr, sehr praktisch. Dies geht mir viel geschmeidiger von der Hand, als mit Maus zu den jeweiligen Schaltflächen zu scrollen. Es sind die kleinen banalen Handgriffe, die der Drehregler der Logitech Craft ersetzt. Das Einstellrad in die Mac-Bedienung zu integrieren, geht nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut über. Wer sich daran gewöhnt, kann tatsächlich von Produktivitätsvorteilen profitieren, weil er sich die längere Wege mit dem Mauscursor oder umständlichen Tastenkombinationen erspart.
Eindruck als Tastatur: Edel und komfortabel
Edel designt und hochwertig verarbeitet integriert sich die Logitech Craft harmonisch in eine Apple-Landschaft. Gleichzeitig bildet sie einen starken Kontrast zum Apple Magic Keyboard. Das liegt nicht nur am matt-schwarzen Tastenfeld und der silbergrauen Metall-Leiste am oberen Rand. Mit einem Gewicht von fast einem Kilogramm und einer Länge von 43 Zentimetern ist die Logitech Craft physisch deutlich präsenter auf dem Schreibtisch als Apples filigranes Schreibbrett.
Das Tastatur-Layout ist dabei nicht nur für macOS, sondern auch für Windows ausgelegt. Beispielsweise ist das @-Zeichen für Windows auf der Taste Q und für macOS auf der Taste L vorhanden. Die Funktionstasten sind ebenfalls für beide Systeme verfügbar und so platziert, dass sich Apple-Nutzer nicht umgewöhnen müssen. Über die Logitech-Software sind sie außerdem frei belegbar.
Die Tasten der Logitech Craft ermöglicht ein angenehmes und präzises Schreibgefühl. Dass fast alle Tasten eine Mulde aufweisen, fördert die Treffsicherheit zusätzlich. Insbesondere gegenüber der sehr komprimierten kleinen Variante des Apple Magic Keyboard empfinde ich die etwas entzerrte Anordnung mit vollwertigen Pfeiltasten und einer größeren Entertaste als Wohltat.
Einziges Manko: Die Beschichtung der Tasten hält Schmutz nicht sehr souverän fern. Daher wirken die Tasten schon nach kurzer Einsatzzeit deutlich schmieriger als das Apple Magic Keyboard nach jahrelangem Gebrauch. Trotz angemessener Reinigung ist das Glänzen der häufig verwendeten Tasten nicht zu übersehen.
Tastenbeleuchtung zerrt am Akku
Buchstäblich ein Highlight ist die Hintergrundbeleuchtung, die aus dem Standby erwacht, sobald sich die Hände nähern und deren Helligkeit sich automatisch an die Lichtverhältnisse anpasst. Sie ist ein optisches Schmankerl und gleichzeitig praktisch für alle, die im Dämmerlicht Orientierung benötigen, weil sie nicht blind schreiben können.
Die Kehrseite ist ein erhöhter Energieverbrauch. Die von Logitech veranschlagte Akkulaufzeit von einer Woche ist für Vielschreiber illusorisch. Bei häufigen Gebrauchs des Drehreglers und der Tastenbeleuchtung geht dem fest verbauten Energiespeicher schon nach drei bis vier Tagen die Luft aus. Per USB-C lädt der Akku zwar wieder schnell auf. Aber das Konzept der kabellosen Tastatur leidet unter diesen kurzen Entladezyklen doch arg. Die Hintergrundbeleuchtung aus Stromspargründen in der Einstellungssoftware zu deaktivieren, ist dringend zu empfehlen. Dies raubt der Edel-Tastatur aber auch ein kleines Stück Glanz.
Easy Switch: Zwischen drei Geräten per Tastendruck wechseln
Die Logitech Craft lässt sich nicht nur an einem Rechner betreiben. Dank dreier Nummerntasten zwischen Buchstaben- und Ziffernfeld könnt ihr das Keyboard mit bis zu zwei weiteren Geräten verbinden und munter zwischen diesen hin- und her schalten. Der Wechsel klappt umgehend, sodass die Marketing-getränkte Funktionsbezeichnung „Easy Switch“ auch der Realität standhält.
Bei den Nebenbuhlern muss es sich nicht um einen Computer handeln. Im Test konnte ich die Logitech Craft auch einwandfrei mit einem iPhone und einem iPad verbinden. Das Leistungsvermögen des Einstellrads schrumpft dabei allerdings auf die Funktion des Lautstärkereglers zusammen. Anders als im Zusammenspiel mit einem Mac lässt sich die Funktionsbelegung bei einem Mobilgerät auch nicht individualisieren.
Test-Fazit: Logitech Craft hat den Bogen raus
Die Bluetooth-Tastatur Logitech Craft ist ein schickes und raffiniertes Premium-Keyboard, das sich mit seinem Design und den Spezialfunktionen von der Masse abhebt. Die Tastaturbedienung durch einen integrierten Drehregler zu ergänzen, ist eine sinnvoller und gelungen umgesetzter Ansatz. Er erleichtert Mac-Nutzern die Steuerung auf sehr effektive Weise. Sich an Tastenkombinationen zu erinnern oder wilde Mausmanöver zu fahren, wird dadurch viel seltener nötig. Allerdings beschränken sich die Vorteile bislang im Wesentlichen auf die Nutzung von Adobe- und Microsoft-Programmen. Die Hintergrundbeleuchtung und die Möglichkeit per Tastendruck zwischen drei Geräten zu wechseln, sind keine Alleinstellungsmerke, aber tolle Zusatzfunktionen, die gut funktionieren.
Abgesehen von dieser Kür, erfüllt Logitech auch die Pflicht tadellos. Die Logitech Craft bietet ein Tolles Schreigefühl. Obendrein gefällt sie mit einem edlen und hochwertig verarbeiteten Look, der sehr gut mit einem iMac harmoniert. Lediglich die Akkulaufzeit dürfte Logitech noch gern optimieren. Häufiger Gebrauch der Hintergrundbeleuchtung zerrt stark am Energiespeicher. Die Logitech Craft ist für 199 Euro erhältlich.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf Netzpiloten Apple.
Images by Logitech; Screenshots by Berti Kolbow-Lehradt
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Schlagwörter: Alternative Apple Magic Keyboard, Arbeiten am Mac, Bluetooth-Tastatur für Mac und Windows, Bluetooth-Tastatur Test, Logitech Craft Test, produktiver am Mac, surface dial, Tastatur mit Drehregler