Bookmate: Soziales Lesen in Schwellen- und Entwicklungsländern

Der digitale Social-Reading-Dienst Bookmate konzentriert sich auf Entwicklungsländer in denen große Player noch nicht aktiv sind // von Christina zur Nedden.

simon dunlop, bookmate

Auf der Welt gibt es mehr Mobiltelefone als Menschen. Vor allem in Entwicklungsländern sind Handys oft der einzige persönliche Computer. Der digitale Social-Reading-Dienst Bookmate konzentriert sich auf Länder in denen große Unternehmen wie Amazon noch nicht aktiv sind.


Warum ist das wichtig? Nicht nur in westlichen Ländern wird Lesen immer mobiler und sozialer. Große Anbieter sind in Schwellenländern jedoch (noch) nicht vertreten.

  • Bookmate kombiniert mobiles Lesen mit sozialen Features. Der Dienst funktioniert auf allen Handys, nicht nur auf Smartphone. 
  • In den meisten Schwellenländern herrscht eine Umsonst-Kultur und hohe Piraterie. Das erschwert die Monetarisierung von Bookmate.
  • Verlage haben auf Bookmate Zugang zu Nutzerdaten aus unerforschten Märkten.

Man sitzt zuhause und liest ein Buch. Allein. Man lacht, weint und fiebert mit, hat jedoch keine Möglichkeit diese Gefühle mit jemanden zu teilen. Simon Dunlop, Gründer des digitalen Social-Reading-Diensts Bookmate sah hier eine Marktlücke in Schwellen- und Entwicklungsländern. Ähnliche Dienste wie das Amazon- Unternehmen goodreads sind hier noch nicht vertreten.

Vor drei Jahren gründete Dunlop Bookmate in Russland. „In Russland lesen alle; es ist das Land der großen Schriftsteller. Und doch gibt es sehr wenige Buchläden“. Der gebürtige Engländer interessiert sich für Schwellenländer, in denen der Markt noch unerforscht ist. Viele der großen Player sind dort nicht vertreten, da die benötigte Infrastruktur fehlt. Bookmate funktioniert auf jedem Handy, nicht nur auf Smartphones.

Mobil und sozial gehen Hand in Hand

Mehr als 80% der Nutzer haben Bookmate auf ihrem Handy installiert. „Es ist einfach praktischer unterwegs zu lesen“, sagt Dunlop. Während des Lesens wird kommentiert, geteilt und gefolgt. Auf Bookmate werden digitale Bücherregale angelegt, ähnlich wie Playlists auf Spotify. Gleichgesinnte kommentieren und empfehlen Bücher, teilen ihre digitalen Bücherregale oder folgen ihren Lieblingsautoren. Lieblingsbücher können direkt über soziale Netzwerke geteilt werden. „Mobil und sozial gehen Hand in Hand. Während man ein E-Book auf einem Reader liest möchte man nicht gestört werden. Auf einem Mobiltelefon sind wir Multitasking gewohnt – wie schreiben abwechselnd Nachrichten und sind auf sozialen Netzwerken unterwegs. Auf einem Handy zu lesen macht Menschen automatisch sozialer“, findet Dunlop.

Bookmate hat 1,5 Millionen aktive monatliche Nutzer in Russland, der Ukraine, Kasachstan und anderen Märkten. Nutzer können auf einem Katalog von 500.000 Titeln in neun Sprachen von über 300 Verlagen zugreifen. Seit kurzem gibt es Bookmate in der Türkei, weitere Märkte sind angepeilt.

Das Hindernis der Umsonst-Kultur

Zurzeit arbeitet Dunlop daran, die Nutzer dazu zu bringen für den Dienst zu zahlen. In den meisten Schwellenländern herrscht eine Umsonst-Kultur und hohe Piraterie. Das erschwert die Monetisierung und ist ein weiterer Grund für die Abwesenheit von Amazon, Google Books & co. „Viele Menschen sind es nicht gewohnt für digitale Inhalte zu zahlen.“, so Dunlop. Vor vierzehn Monaten führte Bookmate ein Business-Modell ein, dass Nutzer nach circa sechs Wochen auffordert ein monatliches Abonnement für fünf US- Dollar abzuschließen. Die starke Einbindung von sozialen Features soll Nutzer emotional an den Dienst binden und sie überzeugen zu bleiben. „Wir hoffen das Bookmate-Nutzer sich zuerst in ein Buch und dann in unseren Service verlieben“, sagt Dunlop, der vor Bookmate den Musikstreamingdienst Zvooq gründete und die soziale Dimension dieser Arbeit nun auf das digitale Lesen übertragen möchte. Bisher sind sieben Prozent der Nutzer dieser Aufforderung gefolgt.

Daten aus unerforschten Märkten

Für Verlage dürfte es interessant sein mit Bookmate zusammenzuarbeiten. Im Gegensatz zu Amazon, Google Books und iBooks ist Bookmate eine offene Plattform, die eine direkte Verbindung zwischen Verlag und Leser herstellt. Verlage haben Zugang zu Nutzerdaten in bisher wenig erforschten Märkten. Durch Verhaltensanalyse der sozialen Aktivität von Lesern können Verlage ihre Marketingstrategie anpassen. Verlage können auf Bookmate Profilseiten erstellen und eine eigene Community aufbauen. „Die direkte Verbindung zum Leser ist neu für Verlage. Wenn ich sehe das jemand ein Buch über Vulkane in Starbucks liest sagt mir das heute wenig. Langfristig werden Verlage diese Information verwerten können. Mit Amazon ist so etwas nicht möglich“, kommentiert Dunlop.


Teaser & Image by Christina zur Nedden


ist freie Journalistin und Volontärin an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin. Ihre veröffentlichten Texte gibt es auf ihrer Website christinazurnedden.com. Auf Twitter ist sie unter @czurnedden zu finden. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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2 comments

  1. generell wird ja weniger gelesen, was sehr schade ist. Was ich hier bei mir in Kenia sehe, da lesen evtl 1 % der Bevölkerung überhaupt, alleine auf die Idee zu kommen das man sich hinsetzt und liest, darauf kommen die meisten hier gar nicht. Gemeinsam lesen ist sicher eine Alternative einigeda ran zu führen.

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