T.S.: Dieser beratende Status des Ausschusses war am Anfang ein großer Kritikpunkt, der ging manchen nicht weit genug. Können Sie uns nochmal kurz den Unterschied zwischen beratendem Ausschuss und federführendem Ausschuss erklären?
J. K.: Der federführende Ausschuss ist im Prinzip letztendlich für die Gesetzgebung zuständig – wir sind ja ein Arbeitsparlament. Die Gesetze werden praktisch in den Ausschüssen beraten, formuliert und geschrieben. Wenn das Gesetz im Ausschuss beschlossen ist, dann ist es ja noch kein beschlossenes Gesetz, weil der gesamte Bundestag noch zustimmen muss. Und das wird im Plenum gemacht. Das heißt aber, dass Gesetz ist schon fertig erarbeitet. Es wird im Plenum nicht nochmal aufgeschnürt. Kann es zwar, zwischen der ersten, zweiten und dritten Lesung, aber letztendlich ist das Gesetz dann im Groben fertig. Und das wird dann auch, wenn es eine Gesetzgebung des Bundestages ist, im Ausschuss geschrieben.
Die Mitberatung sieht letztendlich aus wie folgt: Wir können die Gesetze nicht schreiben im Ausschuss – zur Zeit. Wir müssen sie noch mitberaten. Das heißt, es wird ein Gesetz geschrieben – wir bleiben mal beim IT-Sicherheitsgesetz – und dann müssen andere Ausschüsse ihr Votum dazu abgeben, also mitberatend. Der Wirtschaftausschuss, der Gesundheitsausschuss – je nachdem wen es betrifft und dann auch der Ausschuss „Digitale Agenda“. Und wenn wir ein Votum abgeben und sagen, wir sehen etwas in dem Gesetz, was uns nicht gefällt, dann sagen wir das dem federführenden Ausschuss und sagen, das gefällt uns nicht. Dann muss der das nochmal zurücknehmen und nochmal überarbeiten. Wenn wir jetzt wirklich was ganz Gravierendes sehen. Der federführende Ausschuss kann sich auch darüber hingwegsetzen und sagen: Ihr habt mit negativ votiert, also mit Nein gestimmt zu diesem Gesetz, aber wir lassen es trotzdem durchgehen und geben es an den Bundestag. Das wäre ein Fauxpas, weil es ja dann auch innerhalb der Regierungsmannschaft wäre. Deshalb versucht man das natürlich auf diesem Wege dann zu bereinigen und zu sagen, was habt ihr für ein Problem? Ja, das könnten wir auch so sehen. Ja, das haben wir gar nicht bedacht, schreiben wir so ins Gesetz rein und dann geht das dann weiter. Das ist die Mitberatung.
Deswegen ist die Mitberatung sehr wichtig. Es wurde uns ja immer gesagt: Naja, ihr seid nicht federführend, also ist das alles pille palle. Es ist einfach nur eine Quasselbude. Ist es aber nicht! Es ist ein Ausschuss, der seine Berechtigung hat und bei uns werden ja für alle Gesetze die Voten, also nicht für alle, sondern die uns auch betreffen, die Voten abgefordert. Das sind sehr viele, auch Europäische Richtlinien. Und da haben wir sehr viel mitzureden. Deshalb heißt es ja eben mitberatend. Nur das wir das Gesetz – zur Zeit noch nicht – finalisieren können. Es kann aber sein, auch innerhalb der nächsten Jahre, Wochen, Monate, wie auch immer, dass irgendjemand sagt, das könnt nur ihr machen! Das kann passieren. Jeder Zeit.
T.S.: Das kann auch noch in dieser Legislaturperiode passieren?
J. K.: Das kann auch noch in dieser Legislaturperiode passieren! Was auch noch beklagt wurde: Wir haben drei Ministerien, die uns, wie auch immer, zugeteilt sind oder wir den Ministerien. Also nicht zugeteilt, sondern die Widerspiegelung zum Parlament darstellen. Das ist zur Zeit das Innenministerium, Verkehrsministerium und das Wirtschaftsministerium. Das sehen manche als ungünstig an. De facto ist es das für eine längere Zeit auch. Das heißt wir brauchen eine Widerspiegelung – entweder einen Internetminister mit Ministerium oder ein Staatsminister im Bundeskanzleramt oder eben einen zuständigen Staatssekretär in einem Ministerium, der eine gesamte Abteilung, ein gesamtes Ressort innerhalb eines Ministeriums hat. Jetzt haben wir drei Ministerien, am Anfang fand ich das vielleicht ein bisschen uneffektiv, aber mittlerweile haben wir für das eine Jahr festgestellt, dass sich das als gut herausgestellt hat, weil alle Ministerien und darüber hinaus noch andere, immer zu mir in den Ausschuss wollen und aufpassen wollen, was die anderen Ministerien so machen. Ja, so ein leichtes Konkurrenzdenken. Wer ist von den Federführenden der Federführendere? Und deswegen begleiten die uns auch gut, kriegen gute Auskünfte. Was sich natürlich auch gehört, aber das auch manchmal ohne große Aufforderung. Das ist etwas, wo man sagt, jetzt hat sich auch bei denen etwas an Gedanken oder Meinung gebildet, dass die sagen, ich muss das in meinem Ressort besonders gut machen. Die sagen, du bist jetzt für die „Digitale Agenda“ zuständig, wir sind hier ein federführendes Ministerium. Die haben schon eigene gutarbeitende Abteilungen – noch nicht mit der Manpower, die man sich wünscht – aber da ist der Anfang schon gut.
Und wenn man die, die jetzt alle in den verschiedenen Ressorts arbeiten, irgendwann mal zusammenführt und sagt, das ist eine große, gutarbeitende Abteilung, die auch wirklich was abarbeiten kann, dann haben wir was erreicht. Ich glaube, dieses immer wieder miteinander reden, so dass die sagen, ja, da setzen wir einen dafür ein, hat gezeigt, dass diese Arbeit in diesem Jahr, schon sehr viel gebracht hat. Das ist nach außen hin nicht so sehr sichtbar. Da sagt man, ja wann passiert da was, aber es ist eben in der Politik alles auch ein bisschen behäbig. Aber jetzt merkt man, dass da was passiert, dass das wirklich greift langsam und dass die ins Arbeiten kommen, was ja vorher nicht da war. Und wenn kein Ausschuss da wäre, würden die sagen: Das haben wir immer so gemacht, ja, das macht die Abteilung mit, irgendwo ein bisschen „Digitale Agenda“. Dann ginge vieles an uns vorbei, aber ich glaube unsere Aufgabe als Brandbeschleuniger machen wir schon ganz gut.
Jan Voß: Trotz der fehlenden Federführung, die ja erst im Oktober 2014 ihrem Ausschuss übertragen wurde, gab es zuvor weder eine öffentliche Stellungnahme noch Empfehlung zu keinem mitberatenen Vorhaben, warum? Für diese Tätigkeit benötigt man an sich keine Federführung, es ist ja die Aufgabe des Ausschusses da zu beraten und sich öffentlich dazu zu äußern.
J. K.: Die gibt es in jeder Sitzung. Wir sind mitberatend tätig.
J.V.: Warum ist das nicht öffentlich geworden? Der Innenausschuss beispielsweise gibt auch Stellungnahmen und Empfehlungen zu Themen, die er für wichtig erachtet. Das ist meines Wissens nach beim Ausschuss „Digitale Agenda“ nicht geschehen.
J. K.: Nein, das ist nicht ganz richtig. Wir haben ja auch gegenüber anderen Ausschüssen insgesamt sechs Anhörungen gemacht, die öffentlich waren. Da kann sich jeder das raussuchen, was er braucht. Ich habe allerdings bis jetzt vermieden, unbedingt zu jedem wirklichen Punkt, wie andere Netzpolitiker auch aus den anderen Fraktionen, Opposition, Koalition, ständig ein Statement abzugeben, weil wir können ja nicht von etwas berichten, wo wir jetzt keinen Abschluss haben. Nun haben wir zur Netzneutralität, zur Vorratsdatenspeicherung, zu Startups oder zur Telemedizin usw. sehr wohl immer öffentlich agiert. Der eine hat mehr, der andere hat weniger seine Statements abgegeben. Nur was halt gefehlt hat, ist ein abschließendes Gesetz, wo man jetzt sagen kann, das beraten wir jetzt abschließend im Plenum. Und das ist der Grund, dass man das vielleicht noch nicht so wahrnimmt. Aber wir sind an jeder Gesetzgebung mitberatend beteiligt.
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Schlagwörter: Ausschuss, Beteiligung, BTADA, bundestag, CDU, Digitale Agenda, Interview, Jens Koeppen, Netzpolitik, Öffentlichkeit, parlament
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