Drei Wochen vor der Photokina 2018 hat auch Canon die Kamera aus dem Sack gelassen und nach Nikon ein spiegelloses Vollformat-Modell vorgestellt. Die Canon EOS R sieht zwar weitestgehend so aus wie eine herkömmliche DSLR. Aber weil sie auf die Schwingspiegeltechnik verzichtet, fällt das Gehäuse kompakter aus. Mit rund 30 Megapixeln löst der Sensor etwas mehr auf als vergleichbare Modelle von Nikon (Z6) und Sony (Alpha 7 III) und Leica (SL). Ein Kamera-Body allein hilft nicht viel, deshalb hat Canon rund herum ein von Grund auf neues System entwickelt. Dazu gehören zunächst vier eigene Objektive, die den neuen RF-Bajonettanschluss besitzen.
(hier geht es zum ausführlichen Test der Canon EOS R)
Das steckt in der Canon EOS R
Unter dem robusten Gehäuse, das mit einer Magnesiumlegierung geschützt ist, verbirgt sich ein sogenannter Vollformat-Sensor mit der 35-Millimeter-Breite früherer Kleinbildfilme. Wegen der großen Sensorfläche können die Bildzellen viel Licht aufnehmen, sodass auch bei schummeriger Umgebung das Bildrauschen minimal ausfallen sollte. Deshalb ermöglicht Canon, Nutzern der EOS R eine Lichtempfindlichkeit von bis zu 40.000 ISO auszuwählen. Der praktikable Schwellenwert dürfte allerdings weit darunter liegen. Für eine möglichst brillante JPG-Aufbereitung mit tollen Farben und Details kommt Canons aktueller Bildprozessor DIGIC 8 zum Einsatz, der bereits in der spiegellosen APS-C-Kamera Canon EOS M50 Premiere feierte.
Die Canon EOS R richtet sich an anspruchsvolle Hobbyisten und Profis, daher gilt auch bei anderen Aufnahmeparametern das maximale Leistungsprinzip. So soll der Autofokus mit einer Geschwindigkeit von 0,05 Sekunden das Motiv so schnell schärfen wie bisher keine andere Kamera auf diese Welt. Gemessen hat Canon das nach Richtlinien des Branchenverbands CIPA mit internen Messungen in der Einzel-AF-Einstellung. Nutzer können klassisch per Auslöser fokussieren oder auf dem Touch-Display, wobei der Bildschirm so empfindlich ist, dass er 5.655 Fingerpositionen unterscheiden kann.
Um bei schnellen Bewegungen möglichst sicher im richtigen Moment eine scharfe Aufnahme einzufangen, kann die Canon EOS R fünf Bilder pro Sekunde mit Fokusnachführung und acht Bilder pro Sekunde ohne Fokusnachführung aufnehmen.
Praktisch für Reportage- und Hochzeitsfotografen ist, dass sie vom mechanischen zum elektronischen Verschluss wechseln und auf diese Weise lautlos fotografieren können. Bei herkömmlichen DSLR ist das schon aufgrund des Geräusches des Schwingspiegels nicht möglich.
4K-Videos für Profis
Immer mehr rückt neben dem Fotografieren auch die Videoaufnahme in den Blickpunkt von Anwendern. Die Canon EOS R bringt Voraussetzungen für hochwertige Produktionen mit. So können Nutzer das Canon-Log-Format verwenden. Diese Aufnahmeeinstellung gewährleistet einen neutralen Kontrast, der dank 12 Blendenstufen Dynamikumfang (bei ISO 400) viel Reserve für die Nachbearbeitung lässt. Damit lassen sich während der Postproduktion beim Grading selbst kleinste Details in besonders hellen und besonders dunklen Bildbereichen hervorheben.
Neben einem dreh- und schwenkbaren Display erleichtern auch eine umfangreiche Tonregelung sowie Fokus-Hilfen die Videoaufnahme. Mit Focus Peaking und dem aus der professionellen Videokamera Cinema EOS bekanntem Focus Guide unterstützen gleich zwei Verfahren das manuelle Scharfstellen.
Komfortable Bedienung und App-Steuerung
Statt einen optischen Sucher wie bei DSLR bietet die Canon EOS R ein elektronisches Mini-Display (EVF) als Motivhilfe, das auch bei Dunkelheit eine zuverlässige Bildkontrolle erlaubt. Bei einer 100-prozentigen Bildfeldabdeckung und einer sehr detailreichen Auflösung von 3,7 Millionen Bildpunkten ermöglicht der Sucher einen umfassenden und detailreichen Blick auf das Geschehen.
Anspruchsvolle Anwender wird freuen, dass sich laut Canon nahezu jedes Bedienelement des Kamera-Gehäuse nach Gusto mit neuen Funktionen belegen lässt. Neuartig und für Traditionalisten sicher gewöhnungsbedürftig ist eine Multi-Funktions-Touch-Bar auf dem Gehäuse. Darüber können Nutzer mit Wisch- und Touch-Gesten die jeweils konfigurierte Einstellung regeln, beispielsweise die ISO-Empfindlichkeit.
Ohne Konnektivität geht auch bei herkömmlichen Kameras nichts mehr. Daher verfügt die Canon EOS R über Bluetooth, um vom Smartphone GPS-Daten zu ziehen und in die Bilddateien einzubetten. Darüber hinaus lassen sich Bilder nicht nur per Speicherkarte und Kabel sondern auch per Canon Camera Connect App ans Smartphone oder Tablet übertragen. Wer doch lieber die Speicherkarte dafür bevorzugt, kann seine SD-Karten weiter benutzen. Anders als Nikon mit XQD führt Canon kein neues Format ein.
Der Canon Camera Connect App stellt der Hersteller eine weitere Mobilanwendung zur Seite, die ausschließlich für das iPad gedacht ist. Bei Digital Photo Professional Express (DPP Express) handelt es sich um einen Raw-Konverter. Damit können Nutzer Dateien, die in Canons Rohdatenformat vorliegen, nach eigenen Vorlieben zu JPG-Bildern entwickeln lassen.
Objektiv-Quartett zur Premiere der Canon EOS R
Ein spiegelloses Kamera-System weist einen anderen Abstand zum Sensor auf als eines mit Spiegeltechnik. Daher musste Canon für die EOS R neue Objektive inklusive anderem Anschlussdurchmesser entwickeln.
Zur Premiere des RF-Anschlusses erscheinen vier Objektive. Dabei handelt es sich um die Normal-Festbrennweite RF 50 Millimeter F/1.2 L USM, das erweitertes Standard-Zoom RF 24-105 Millimeter F/4 L IS USM und das Nahaufnahmen-Objektiv RF 35 Millimeter F/1.8 Macro IS STM. Ein echtes Highlight ist die vierte Linsenkombination. Denn das lichtstarke Zoom-Objektiv RF 28-70 mm F/2 L USM ist mit einer Offenblende von F/2 über den gesamten Brennweitenbereich noch einen Tick lichtdurchlässiger als vergleichbare Modelle.
Weitere Objektive mit RF-Bajonett werden sicher folgen. Doch bis dahin können Nutzer Brennweiten-Lücken mithilfe von vier Bajonett-Adaptern durch 70 Objektive aus dem EF- und EF-S-Systemen schließen. Ob die adaptierten Objektive dann auch an der Canon EOS R automatisch fokussiert werden können, sagte Canon nicht. Zwei Bajonett-Adapter ermöglicht den Einschub von ND- und Zirkularpol-Filtern, mit denen sich Belichtung und Reflexionen beeinflussen lassen. Ein Adapter verfügt zusätzlich über einen Kontrollring, mit dem sich bestimmte Bedienoptionen vom alten aufs neue System übernehmen lassen.
Marktstart im Oktober
Lange warten müssen Kaufinteressierte nicht mehr. Kurz nach der Photokina 2018 sollen die ersten Produkte des neuen Systems im Handel erscheinen. Einen Teil des Zubehörs schiebt Canon aber auch erst im Februar 2019 nach.
Das neue Canon-System auf der Produktwebseite
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Schlagwörter: Canon Camera Connect App, Canon EOS R, Digital Photo Professional Express, EOS R, EOS R System, photokina 2018, Spiegellose Kamera, Vollformatsensor