Alva Noto ist das Pseudonym von Carsten Nicolai, Musiker, Labelgründer, Installations- und Video-Künstler. Er betreibt verschiedene musikalische Projekte, u.a. mit Peter Greenaways ehemaligem Komponisten Michael Nyman und Ryuichi Sakamoto (früher Mitglied beim ‚Yellow Magic Orchestra‘). Seit 2007 experimentiert Nicolai unter dem Namen ‚anbb‘ zum ersten Mal mit einem Sänger, und zwar keinem geringerem als der ‚Einstürzende Neubauten‘-Kultfigur Blixa Bargeld. Zwei passionierte Schwarzträger die immer wieder an den unterschiedlichsten Zusammenarbeiten und Konstellationen interessiert sind, regelmäßig Hörgewohnheiten brechen,
und ganz selbstverständlich zwischen Hoch- und Popkultur hin und herwandern…
Nun haben anbb eine erste EP namens „Red Marut Handshake“ auf dem Chemnitzer Label Raster-Noton veröffentlicht (Red Marut war ein Pseudonym des anarchistischen Schriftstellers B. Traven). Auf den mürrischen Titeltrack folgt die versöhnliche Harry Nilsson-Coverversion ‚One‘. Solche Brüche kennt man bereits von den Neubauten, die schon früh Nancy Sinatra/Lee Hazlewood interpretierten („Sand“), und süßliche Liebeslieder auf infernalischen Lärm folgen ließen. In den besten Momenten schaffte es die Berliner Band in ihrer Musik die durchdachte Eleganz elektronischer Musik mit der spontanen Intensität von Rockmusik und Industrial zu vereinen, was auch Bargeld und Nicolai bei dieser Zusammenarbeit größtenteils geglückt ist. Ein weiteres Highlight der Veröffentlichung ist das Schlußstück „I Wish I Was a Mole In the Ground“, eine Coverversion eines amerikanischen Folksongs.
Ein Longplayer des Duos namens ‚Mimikry‘ soll am 4.Oktober erscheinen. Das Album wird 10 Tracks, sowie ein Poster und ein 16seitiges Booklet mit Texten von Blixa Bargeld enthalten. Anlässlich des dreißigjährigen Bestehens der Neubauten hat der vielbeschäftigte Frontmann außerdem noch Zeit gefunden eine weitere Werkschau namens „Strategies against Architecture IV“ zu kompilieren, die bei Mute/Emi erscheinen soll.
Ein weiteres Gründungsmitglied der Neubauten hat ebenfalls ein neues Projekt: Gudrun Gut. Zusammen mit der Künstlerin Antye Greie-Fuchs (AGF), die in den Neunzigern mit der Band ‚Laub‘ bekannt wurde, bildet sie die ‚Greie Gut Fraktion‘. Mit der CD ‚Baustelle‘ knüpft Gudrun Gut thematisch an ihre Anfänge als Musikerin an, ohne sich dabei zu wiederholen. Basis für die Musik des Duos sind Fieldrecordings von Baustellen in Berlin und Helsinki, wo die gebürtige Berlinerin Antye Greie-Fuchs mittlerweile lebt. Doch Betonmaschinen und Bohrer werden hier nicht zu brachialem Lärm, wie bei den frühen Neubauten, sondern zu meist
zerbrechlichen, minimalistischen Elektronik-Stücken verarbeitet. Die Geräusche wirken niemals zwanghaft oder beliebig eingefügt, sondern ergänzen die Musik ganz natürlich. Auch die Coverversion des NDW-Klassikers ‚Wir bauen eine Stadt‘ der Hamburger Band Palais Schaumburg klingt frisch und unverbraucht, passt wunderbar auf die atmosphärische CD, und ist zusätzlich als Maxi-Single mit Remixen von Wolfgang Voigt und Alva Noto erschienen.
Greie Gut Fraktion: „Baustelle” ist bei Monika Enterprise erschienen.
anbb: „red marut handshake“ ist im raster-noton online shop erhältlich.
Bildnachweis: anbb
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Schlagwörter: Einstürzende, indie, Industrial, Musik, Neubauten
1 comment
Greie Gut Fraktion spielen übrigens am 22.10 in der Volksbühne
http://www.volksbuehne-berlin.de/praxis/musikbuehne_greie_gut_fraktion/?id_datum=2808