Chatprotokoll: Thomas Zorbach von vm-people.de

Vergangenen Dienstag war Thomas Zorbach von vm-people.de zu Gast in der Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de und den Blogpiloten. Im Chat sprach er über virales Marketing, Kampagnen und Strategien, wie man VM erfolgreich betreiben kann.

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Thomas Zorbach: Von mir aus kann’s losgehen: Feuer frei! :-)

Moderator: Hier kommt die erste Frage:

Sarna: Welche Vorteile hat virales Marketing gegenüber „herkömmlichem“ Marketing?

Thomas Zorbach: Also, der wichtigste Vorteil des Viralen Marketings ist, dass seine Botschaften für den Empfänger einen echten Wert besitzen. Die Botschaften des Viralen Marketings sollen Spaß machen und die Leute begeistern. Und vor allen Dingen, die Leute nicht unterbrechen, in dem was sie gerade tun. Wie das bei den Botschaften des „herkömmlichen Marketings“ oft der Fall ist.

pieter: Von Viren wird man doch krank, warum soll das bei Marketing funktionieren?

Thomas Zorbach: Also, erstens: Nicht alle Viren sind böse und machen krank. Darüber habe ich neulich in unserem Blog geschrieben. Ohne Viren gäbe es zum Beispiel kein Leben auf der Erde. Außerdem: Nicht alles, was ansteckend ist, ist auch schlecht und böse; ein Lächeln, Freude, Begeisterung – all das kann auch ansteckend sein.

Boris: Wo beginnt man denn mit der Arbeit an einer viralen Kampagne?

Thomas Zorbach: Um etwas „Ansteckendes“ zu finden, muss man oft sehr tief graben. Im Idealfall wird man direkt im Unternehmen fündig oder die Ansteckung kommt direkt aus dem Produkt oder der Dienstleistung. Produkte wie der iPod haben ein eingebautes Ansteckungspotenzial.

Paul: Gibt es ein Beispiel herausragenden viralen Marketings, das dir spontan einfällt?

Thomas Zorbach: :-) Der iPod zum Beispiel hat viele virale Aspekte.

Moderator: Was genau macht denn bspw. den iPod so „ansteckend“?

Thomas Zorbach: Zum Beispiel die weißen Kabel der Kopfhörer – ein klares und vor allen Dingen sichtbares Differenzierungsmerkmal gegenüber allen anderen mp3-Playern.

Manu: Besteht bei viralen Kampagnen nicht die Gefahr, dass man zwar viel Aufmerksamkeit, aber wenig Zulauf bekommt?

Thomas Zorbach: Wenn das passiert, ist etwas schief gelaufen. Das Virale Marketing muss sich als Disziplin mit anderen Marketingmaßnahmen messen lassen können. Auch im Hinblick auf klar definierte wirtschaftliche Ziele.

Moderator: Eine ähnlich kritische Frage:

Tom: Sind die Streuverluste bei VM nicht ziemlich hoch?

Thomas Zorbach: Nein, richtig praktiziertes Virales Marketing hat kaum Streuverluste. In der ersten Phase, in dem die Kampagne gezündet wird, geht man sehr gezielt vor: nicht mit der Gießkanne, wie beim klassischen Marketing. Virale Botschaften werden grundsätzlich sehr selektiv weiter getragen. Weitererzählt wird ja nur etwas, von dem man glaubt, es könnte den Gesprächspartner interessieren.

Moderator: Vom Speziellen weg und kurz noch einmal ganz allgemein gefragt:

Flavio: Wie genau definiert man denn virales Marketing?

Thomas Zorbach: Wir bei vm-people definieren Virales Marketing wie folgt: Virales Marketing ist die geplante und gezielte Stimulation von Kundenempfehlungen in sozialen Netzwerken mit dem Ziel der exponentiellen Verbreitung.

Boris: Welche anderen Werbeformen findest du am Besten?

Thomas Zorbach: Wenn es richtig praktiziert wird, bin ich auch ein Fan des Dialogmarketings. Also alle Werbeformen, die darauf ausgerichtet sind einen sehr persönlichen und langfristigen Dialog zwischen Unternehmen und Kunden in Gang zu bringen.

Moderator: Wieder zurück zum Viralen Marketing:

Schippe: Seit wann gibt es eigentlich diese Form Marketing, die ist doch eigentlich erst durch Internet möglich geworden, oder?

Thomas Zorbach: Das Ergebnis des Viralen Marketings ist die gute alte Mundpropaganda. Dieser Begriff ist viel älter als das Marketing selbst, das in Deutschland erst in den 60er Jahren aufkam. Vom Viralen Marketing in der heutigen Form dagegen spricht man erst seit Mitte der 90er Jahre, in denen sich das World Wide Web durchgesetzt hat. Das WWW und die Browsersoftware Netscape Navigator waren erste epidemische Verbreitungsprozesse im Internet. Die Beobachtung solcher Phänomene hat die Marketingleute auf die Idee gebracht, solche Prozesse gezielt zu stimulieren. Unter anderem mich :-)

Svenja: Welches war denn so die erste coole virale Kampagne, die du mitbekommen hast?

Thomas Zorbach: Also, als Archetypen einer viralen Kampagne gelten heute die Verbreitung von Hotmail, die Kampagne für den Film „Blair Witch Project“ und in Deutschland die virtuelle Moorhuhnjagd oder die Prügelpause.

J-Cat: Wieso setzen so viele Unternehmen immer noch auf klassisches Marketing mit Werbung etc., wenn virales Marketing so gut ist?

Thomas Zorbach: Das würde ich echt auch mal gerne wissen ;-) Nein, im Ernst: Im Zweifel greifen viele Entscheidungsträger eben doch auf bewährte Instrumente zurück. Virales Marketing bedeutet für viele Manager im Unternehmen einen Schritt auf unbekanntes Terrain.

Tom: Für wen lohnen sich Virale Kampagnen am meisten?

Thomas Zorbach: Mundpropaganda und Empfehlungen sind für fast alle Unternehmen relevant. In den fast 10 Jahren, in denen ich mich mit dem Thema befasse, ist mir noch kaum ein Unternehmen untergekommen, für das Virales Marketing keine Bedeutung hat. Selbst trockene Themen wie „Strom“ verkaufen sich am Ende über Word-of-Mouth.

Moderator: Passend dazu:

Luku: Fallen die aus dem Kopf Unternehmen ein, denen du gute virale Kompetenzen bestätigen würdest?

Thomas Zorbach: Ein Beispiel habe ich schon genannt. Das Unternehmen Apple ist vom Grund auf viral ausgerichtet. Das heißt: Alle Bereiche des Unternehmens, egal ob Produktidee, Design, oder Kommunikation, jeder Bereich ist darauf ausgerichtet, Menschen zu begeistern bzw. sie zu Fans von Apple zu machen. Das ist auch, wenn man so will, das eigentliche Ziel des Viralen Marketings: Aus Kunden Fans machen. Hier einige jüngere virale Phänomene: Twitter oder MyMuesli.

Mischief: Würdest du sagen, dass viraler Erfolg eng mit der Corporate Identity eines Unternehmens zusammen hängt?

Thomas Zorbach: Das würde ich so unterschreiben. Wir bei vm-people sprechen vom Memetischen Code eines Unternehmens In Anlehnung an den genetischen Code; die Bausteine, die ein Unternehmen zu dem machen, was es ist – angefangen bei der Führung und den Mitarbeitern.

Norbert: Wie kommt man eigentlich dazu, Experte für Virales Marketing zu werden?

Thomas Zorbach: Tja, Also, ich habe mich irgendwann selbst infiziert, als ich auf der Suche nach einem spannenden Diplomarbeitsthema war. Davor habe ich allerdings schon mit herkömmlichen Marketingformen Erfahrung gesammelt. Ich habe eine Ausbildung zum Werbekaufmann absolviert und war danach Texter im Bereich Dialogmarketing :-)
Ich habe nach etwas gesucht, was in die heutige Welt passt. Eine Welt, die fundamental anders ist als noch vor 15 Jahren.

Error: Wie sieht es bei vm-people aus, was für Leute arbeiten für euch? Alles ausgewiesene VM-Experten oder auch ’normale‘ Marketing-Menschen :-)?

Thomas Zorbach: Außer mir gibt es hier nur wenige Leute mit Erfahrung im klassischen Agenturgeschäft. Die Leute kommen in der Regel direkt von der Uni zu uns, weil sie keine Lust haben, herkömmliche Werbung zu machen und etwas Neues ausprobieren möchten. Dieses Möglichkeit hat man bei vm-people zu genüge. Das gehört sozusagen zu unserem memetischen Code.

Moderator: Weil wir vorhin über die Vorteile gesprochen haben, vielleicht noch einmal die Kehrseite:

Wetze: Wo siehst du die Nachteile von viralen Kampagnen?

Thomas Zorbach: Unternehmen, die Virales Marketing betreiben, müssen lernen, mit einer speziellen Form des Kontrollverlusts umzugehen, wobei Kontrollfreaks es heute in den Zeiten des Internet ohnehin schwer haben. Virales Marketing bedeutet, sich auf Kunden bzw. potenzielle Kunden einlassen. Man muss ihnen zuhören und sich ihrem Feedback stellen.
Die Basis ist, dass man sich ein Stück weit öffnet und ihnen Vertrauen entgegenbringt.

usörr: Kann ich mein Blog viral bekannt machen, gibt es da Tipps?

Thomas Zorbach: Schreiben, schreiben, schreiben. Und an die Leser denken bzw. daran, was diese interessieren könnte. Robert Basic von basicthinking schreibt nicht nur sehr interessant, sondern auch unheimlich viel. Das hat ihn zum Nummer Eins Blogger in Deutschland gemacht. Ansonsten, sich mit den richtigen Leuten vernetzen und versuchen partizipativ zu schreiben, so dass Leute Anteil nehmen können und eine Diskussion entsteht.

Moderator: Unsere letzte Frage für heute:

NeliX: Wie, glaubst du, wird sich das Virale Marketing in Zukunft präsentieren?

Thomas Zorbach: Wir werden in den nächsten Jahren viele neue Spielarten des Viralen Marketings kennen lernen, die den viralen Clip, der heute noch vielen als Allzweckwaffe dient, alt aussehen lassen.

Moderator: So, das waren 60 Minuten Blogsprechstunde. Vielen Dank an unsere Nutzer für die vielen Fragen. Und ganz besonderen Dank an unseren Gast Thomas Zorbach. Das Protokoll dieses Chats können Sie in Kürze auf den Seiten von politik-digital.de und bei den Blogpiloten nachlesen. Das letzte Wort für heute hat unser Gast:

Thomas Zorbach: Ich bedanke mich für die vielen spannenden und anregenden Fragen. Es hat mir großen Spaß gemacht, hier zu Gast zu sein. Euch allen, einen schönen Abend und viel Spaß beim selbsttätigen Virenzüchten ;-)

Moderator: Wir wünschen allen noch einen schönen Abend und sagen auf Wiedersehen!


Screenshot by ”vm-people”


ist freiberuflich als Medien- & Verlagsberater, Trainer und Medienwissenschaftler tätig. Schwerpunkte: Crossmedia, Social Media und E-Learning. Seine Blogheimat ist der media-ocean. Außerdem ist er einer der Gründer der hardbloggingscientists. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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