Seit 1997 lebe ich nun schon in der irischen Hauptstadt Dublin. Mein erster Job bei AOL hatte auch ein wenig mit Tech zu tun – wenn man die berüchtigten Freistunden-CDs als “Tech” ansieht oder das Verbinden an die technische Hotline durchgehen lässt. Im November letzten Jahres hatte ich damit begonnen, die “Tech-Insel” ein Jahr lang aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Das Jahr ist nun rum. Und wie sagt man hier so schön? „It’s been a blast!“
Nachtrag in Sachen „Athenry & Apple“ und einen Kollegen
Zuerst zum Nachtrag. In meiner letzten Kolumne hatte ich von den Problemen berichtet, die Apple mit der Baugenehmigung für ein 850 Millionen Euro teures Datenzentrum in Athenry hat. Es gab drei Widersprüche gegen das Projekt – zwei von Einwohnern aus Athenry, die sich Sorgen um die Umwelt machen, sowie einen eines Projektentwicklers für Datenzentren aus Dublin, der sich offensichtlich Sorgen um seine Brieftasche macht. Zum Glück hat sich der Mann nicht getraut, seinen abgeschmetterten Widerspruch erneut beim High Court vorzubringen. Die beiden Einwohner aus Athenry nahmen allerdings ihr Recht in Anspruch, beim zweithöchsten Gericht Widerspruch gegen das Abschmettern ihrer Bedenken einzulegen.
Mehrere Dutzend Bürger aus Athenry versammelten sich am vergangenen Mittwoch im High Court – während Hunderte mehr daheim am Handy auf Nachrichten aus Dublin warteten – und lauschten wie ihre zwei Nachbarn gebannt den Ausführungen des Richters. Justice Paul McDermott lies zur Freude der Befürworter des Projekts den erneuten Widerspruch mit der Begründung nicht zu, dass die Antragssteller keinen Punkt in der Rechtssprechung genannt hätten, der neue Aspekte öffentlichen Interesses hervorbringen könnte.
Theoretisch können die beiden Einwohner nun zwar Einspruch beim höchsten Gericht des Landes, dem Supreme Court, einlegen – dort gilt aber noch mehr, dass ein Einspruch nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn es im öffentlichen Interesse ist. Der Jubel war natürlich laut in Athenry, aber was immer noch Sorgen bereiten sollte, ist der Fakt, dass Apple sich immer noch nicht geäußert hat. Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar, der jetzt auf seiner USA-Reise auch bei Apple vorbeischauen wird, um mit Tim Cook zu reden, wird da nachhaken müssen.
Als unser Editor at Large vor gut einem Jahr das Vorhaben einer regulären Kolumne an mich herantrug, geschah das im Hinblick auf die Coworking Europe Konferenz – auf die ich quasi ein Jahr lang hinschreiben sollte. Nun ist es soweit. Tobias ist in Dublin. Hoffentlich nicht, um mir persönlich eine Kündigung zu überreichen, aber mit Sicherheit, um den Vortrag zu halten, den ich in der Überschrift erwähnt habe.
Ich bin zwar nicht sehr mit der Coworking-Materie vertraut, aber ein Coworking Space, an dem ich, nein, niemand in Dublin vorbeikommt, ist zweifelsohne Dogpatch Labs im Herzen nicht nur der Hauptstadt, sondern vor allem auch der Silicon Docks. Der Name stammt von der Nachbarschaft in San Francisco, in der ein Investment Fond beheimatet ist, der vor Jahren einen eigenen Coworking Space in Dublin betrieben hat, dann aber feststellte, dass so ein eigenständiger Geschäftszweig nicht mal eben auf halber Flamme neben dem Hauptgeschäft betrieben werden kann. Man wollte den Coworking Space schon aufgeben, doch zum Glück ist Dublin nicht nur Hauptstadt, sondern in vielen Belangen auch ein Dorf. Man kennt sich halt. Patrick Walsh, mit Mervyn Greene Gründer von Dogpatch Labs, hörte von den Plänen und man übernahm den Coworking Space.
Die Heimat von Dogpatch Labs, das historische chq wurde 1820 gebaut und war einst ein Lagerhaus für Tabak, Wein und Whiskey. Das letzgenannte leckere Zeug wurde im Keller, den sogenannten Vaults, bei entsprechender Temperatur gelagert. Heute werden die Vaults von Dogpatch Labs genutzt und beherbergen Büros, Meeting-Räume, sowie einen Event Space für 100 Leute. Die Vaults waren Phase 2 des imposanten Coworking Spaces. Phase 1 war das Erdgeschoss und zuletzt wurde Phase 3, das geräumige Mezzanine, eröffnet.
Hier finden sich Hot Desks, ein Communal Garden, aber auch die neuen Büros von Pivotal, einer typischen Dogpatch Labs-Erfolgsgeschichte: Als das Unternehmen nach einem geeigneten Standort in Dublin für das Starter-Team von vier Developern suchte, wurde man bei Dogpatch Labs im Erdgeschoss fündig. Schnelles Wachstum brachte Bedarf nach mehr Raum mit sich, womit man aber bei den Machern von Dogpatch Labs offene Türen einrannte. Pivotal wollte nicht weg, Dogpatch wollte Pivotal behalten und der Ausbau ward beschlossen.
Das Credo von Dogpatch Labs lautet, dass man ein Coworking Space sein will, der nur solche Tech-Unternehmen unterstützt, die von Developern vorwärtsgetrieben werden. 77 Startups und über 300 Mitglieder belegen, dass dieser „strenge“ Weg, mit dem man sich von anderen Coworking Spaces abgrenzt, der richtige ist. Die Arbeit von Dogpatch Labs ruht hierbei auf drei Pfeilern: Coworking Space, Events (wie zum Beispiel Tech-MeetUps oder Hackathons) und Community.
Menno Axt, der mich rumgeführt hat, ist Membership Manager und erklärt die Wichtigkeit dieser Community wie folgt: „Sobald Du Leute zusammenbringst, springen die Ideen nur so heraus.“ Alles an Dogpatch Labs (ich gebe zu – vor allem die Vaults für mich persönlich) ist so beeindruckend, dass die Frage an Menno gehen musste, ob es nicht Neid gibt bei der Konkurrenz. Die Antwort lautete Nein. Im Gegenteil – man habe ein gutes Verhältniss und empfehle auch hier und da einen anderen Coworking Space, nämlich in solchen Fällen, wenn ein anfragendes Unternehmen schlicht und einfach nicht zur eigenen, sehr eng gefassten Philosophie passt.
Was weitere Coworking Spaces anbetrifft, so liefert diese Website einen guten Überblick. In diesem Sinne – lieber Tobias, viel Spaß in Dublin bei der Coworking Europe. Und Euch, liebe Leser, vielen Dank! It’s been a blast!
Image (adapted) „Coworking“ by rawpixel.com [CC0 Public Domain]
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