Vor zwei Wochen haben wir zum ersten Mal von unseren Erfahrungen bei der Begleitung des großen Crowdfunding Projekts von Entertainer und Showmacher Thomas Hermanns berichtet. Jetzt stecken wir mitten in der laufenden Kampagne. Wer den Artikel über die 5 Tipps zur Vor-Phase bereits gelesen hat, springt am besten zu unseren neuesten Tipps aus den ersten zwei Kampagnenwochen: JUMP
Alle anderen Leser bitte hier weiter im Text:
Zum Hintergrund: Thomas Hermanns will im Herbst ein modernes, mehrsprachiges, wildes Berlin-Musical auf die Bühne bringen. Buch und Musik sind schon vorhanden und mit einer Starbesetzung für den ganz großen Erfolg vorbereitet. Der Stoff soll es allerdings bewusst als Off-Theaterproduktion nach oben schaffen. Das soll mit einer Finanzierung durch Crowdfunding gelingen.
Die Netzpiloten sind Partner dieses schönen Projekts. Ehrensache für uns, da Thomas ein Netzpilot der ersten Stunde ist. Und lehrreich ist es obendrein. Wir werden in den kommenden fünf Wochen in einer kleinen Serie unsere Erfahrungen mit dem Crowdfunding-Projekt hier weitergeben.
Wir haben Thomas (mit fachlicher Unterstützung von Wolfgang Gumpelmaier) das Crowdfunding-Modell ausführlich empfohlen. Die Verbindung aus Theater und Netz ist für uns Onliner total sinnvoll. Die Unterstützer sind von Anfang an in die Produktion involviert und sitzen im Erfolgsfall stolz in den ersten Vorstellungen. Die Darsteller und Macher ihrerseits haben im Erfolgsfall ein Publikum vor sich sitzen, das die Geburt der Show maßgeblich möglich gemacht hat und ihr vom Start weg nur das Beste wünscht.
Seit Herbst 2015 arbeiten wir Netzpiloten mit Thomas an dem Projekt. Hier ein paar Learnings aus der Phase vor dem Start:
- Nehmt Euch Zeit zur Vorbereitung!
Allen Schritten (die Story, die Argumentation, die Zielgruppe, der Kommunikationsplan) gehen viele Diskussionen und Recherchen voraus. Idealerweise begreift ihr die bevorstehende Kampagne nicht nur als reine Geldsammelaktion, sondern auch als eine Phase intensiven Marketings und Netzwerkens für euer Produkt. Spezifisch für Berlin Non Stop galt es, herauszuarbeiten, warum ein erfahrender Produzent wie Thomas innovativ auf diesem Wege sein Geld für ein Theaterprojekt einsammelt. Es war also wichtig, den Off-Theater-Aspekt zu erklären. Wenn das Projekt gelingt, wird es vielen kleinen und mittelgroßen Theaterproduktionen Mut machen zu dieser Art der Finanzierung.
- Sprecht mit eurer Crowdfunding-Plattform!
Je nachdem, was ihr finanzieren wollt, bieten euch die am Markt befindlichen Anbieter unterschiedliche Stärken. Recherchiert, welches inhaltliche Umfeld, welche Reichweiten, welche Zahlungsmittel für euer Projekt wichtig sind. Auf alle Fälle sucht das persönliche Gespräch und profitiert von wertvollen Tipps und Tricks! Spezifisch für Berlin Non Stop haben wir uns für startnext entschieden, da sie einen klaren kulturellen Schwerpunkt haben (sie fördern viel Musik- und Theaterprojekte). Außerdem sind sie nach Jahren im deutschsprachigen Markt sehr erfahren mit den hiesigen Gewohnheiten (insbesondere Zahlungsmitteln). – Und auch nicht unwichtig: sind sie alle sehr nett und hilfsbereit!
- Denkt euch gute Dankeschöns aus!
Kaum zu glauben, wie viel Zeit man damit verbringt, an dieser Liste der Gegenwerte zu arbeiten. Hat man alles bedacht bei der Kalkulation? Auch die Steuer, die womöglich noch obendrauf kommt? Auch die Prozente für Plattform? Was sind attraktive Gegenwerte für den finanziellen Support? Fragt bei euren Freunden und Bekannten herum, welches Dankeschön sie sich wünschen. Spezifisch bei Berlin Non Stop war es einerseits aufwändig, die bevorstehende Theaterproduktion realistisch zu kalkulieren – andererseits taten wir uns mit den Dankeschöns nicht schwer, weil die Aktion quasi ein Kartenvorverkauf ist. Was Thomas besonders daran gefiel, ist der klare Deal, der nichts mit Spenden-Bittstellerei zu tun hat, sondern bestensfalls ein hochinvolviertes Publikum in die Show bringt.
- Bereitet euren Kommunikationsplan vor!
Ohne Frage wird die heiße Phase der Kampagnenzeit jede Menge Ideen und Kontaktarbeit in Gang setzen. Trotzdem beruhigt es ungemein, wenn man vorher zum Beispiel die wichtigen Keyaccounts seiner Zielgruppe in Facebook, Twitter und Instagram recherchiert hat. Wenn möglich, kontaktiert die Accounts und bittet die Inhaber um Verbreitungshilfe. Spezifisch bei Berlin Non Stop haben wir als Zielgruppen adressiert: die Musical-Fans (hauptsächlich zu erreichen über die Facebook-Aktivitäten der großen Stars), die LGBT-Community (ebenfalls bei Facebook zu finden) sowie alles rund um das Berliner Stadtleben und den Tourismus (hier ist Twitter durchaus ein guter Kanal).
- Macht eine Kick Off-Veranstaltung!
Wir können allen Crowdfunder nur empfehlen, wenn möglich eine kleine Veranstaltung zum Start zu machen, auf der ihr eure Idee und die Mitwirkenden vorstellt. Das macht die digitale Sache greifbarer – und außerdem muss Crowdfunding immer noch und immer wieder erklärt werden (viele denken, es seien Spenden, die auch dann flöten gehen, wenn das Projekt nicht zustande kommt – dem ist nicht so). Also, sammelt Freunde, Familie und Mitstreiter um euch und tretet die Aktion mit einem netten Abend los. Spezifisch bei Berlin Non Stop haben wir mit Thomas etwa 100 Leute in den Quatsch Comedy Club eingeladen (Pressevertreter, Partner und Freunde). Auf der Bühne gab es eine knackige Vorstellung der Idee, der Dankeschöns und des Kampagnenvideos, außerdem kurze Interviews mit zwei Musical-Experten und ein kurzes Interview mit dem startnext-Gründer Denis Bartelt. („Crowdfunding-Supports sind keine Spenden! Man erhält einen Gegenwert und zahlt nichts, wenn das Projekt nicht zustande kommt.“). Die Krönung des Abends war die Live-Performance von drei Sängern und einem Pianisten. Die Gäste gingen mit einem starken Eindruck von der zukünftigen Show nach Hause und viele von ihnen sahen wir auf tags darauf auf der Unterstützer-Liste wieder.
Und hier ein paar Learnings aus den ersten beiden Kampagnen-Wochen:
- Trommelt was das Zeug hält!
Sobald der Startschuss der Kampagne gefallen ist, gibt es nur noch ein Thema für euch, in allen Gesprächen: Eure Crowdfunding-Kampagne! Habt ihr gedacht, dass es schon bis hierhin viel Arbeit war, dann macht euch auf weitere Anstrengungen gefasst. Jetzt beginnen Wochen der unablässigen Kommunikation, des Erklärens und des Insistierens, euer Umfeld zum Support zu bewegen ohne dabei alle um euch herum komplett zu nerven. Spezifisch bei Berlin Non Stop hat die Presse in Berlin sehr ausführlich und unterstützend das Projekt vorgestellt (hier die Presseschau). Das hilft enorm als Feedback, dass die Aktion interessant, innovativ und unterstützenswert ist! Unsere tägliche Kommunikationsarbeit spielt sich hauptsächlich auf Facebook ab, wo wir die meisten Musical-Fans identifiziert hatten. Auf der Kickoff-Veranstaltung hatten wir reichlich Interviews und Fotos produziert, die wir entlang eines Kommunikationsplans täglich auf Facebook, dem Startnext-Blog, auf Twitter und auf Instagram veröffentlichen. Zusätzlich gibt es wohldosierte Emails an die Supporter und Fans und wir nehmen jede Gelegenheit wahr, auf Veranstaltungen und Partys unsere Sache zum Gespräch zu machen.
- Starrt nicht unablässig auf den Funding-Zähler!
Die Versuchung ist groß, dass ihr unmittelbar nach dem Start x-Mal am Tag die crowdfunding-Seite neu ladet um den Geldzähler nach oben klettern zu sehen. Macht euch nicht verrückt damit! Eure crowdfunding Plattform ist kein Glückspielautomat. Vor allem am Anfang werden es erstmal Familie, Freunde und Bekannte sein, über deren Unterstützung ihr euch freut. Spezifisch bei Berlin Non Stop haben wir zudem schnell kapiert, dass nur ein geringer Teil der angesprochenen Zielgruppen tatsächlich mit Crowdfunding vertraut war. Viele Freunde und Bekannte waren sehr intessiert daran, über uns dieses Thema kennen zu lernen. Aber bis sie tatsächlich Zeit dafür fanden, sich damit zu beschäftigen, dauert zum Teil bis heute an. Wir (versuchen!) nur 3 Mal am Tag auf den Zähler zu starren ;)
- Lernt euer Mantra: Crowdfunding ist keine Spendenaktion!
Das wird euch ständig begegnen: die meisten Leute sehen ihren crowdfunding Beitrag als Spende an. Das mag mit dem Aspekt der Solidarität zusammenhängen, der jeder crowdfunding Kampagne natürlich innewohnt. Es gibt aber einen großen Unterschied zur herkömmlichen Charity-Aktion: Das eingesetzte Geld ist nicht in jedem Fall ausgegeben. Nur wenn das Finanzeirungsziel erreicht ist, wird der Betrag fällig. Das gilt es immer wieder klar zu machen. Spezifisch bei Berlin Non Stop hatten wir darauf geachtet, dass die Kampagne eigentlich wie ein Kartenvorverkauf funktioniert. Die Unterstützer erhalten etwas Tolles für ihr Vertrauen in unsere Aktion. Wenn wir ausreichend viel Publikum interessieren können, ein Ticket für eine Show zu kaufen, die es noch gar nicht gibt, dann kann das Stück gespielt werden. Wenn es nicht klappt, dann haben wir Macher alle immens viel Arbeit investiert, haben viel gelernt – aber die Unterstützer haben natürlich keinen cent verloren.
- Steuert eure Aufmerksamkeit gezielt über den eigenen Bekanntenkreis hinaus!
Wenn die erste Freude verflogen ist, dass eure engen Freunde und Bekannte allesamt in der Unterstützerliste mit aufgetaucht sind, sollte eure Anstrengung systematisch auf Supporter gerichtet werden, die ihr noch nicht persönlich kennt. Insbesondere wenn ihr einen größeren Geldbetrag sucht. Spezifisch bei Berlin Non Stop haben wir Social Media-aktive Schlüsselpersonen aus den Bereichen Musical, LGBT, Berlin-Tourismus kontaktiert und um Unterstützung gebeten. Damit das Tweeten und Posten auch für Vielbeschäftigte so einfach wie möglich wird, erhielten sie konkrete Textvorschläge, inklusive Hashtags und Bilder, so dass sie bequem per copy & paste helfen konnten.
Die nächsten Tipps aus unseren Erfahrungen erscheinen demnächst
Alle digitalen Touchpoints zu BERLIN NON STOP:
STARTNEXT
http://www.startnext.com/berlin-non-stop
FACEBOOK
https://www.facebook.com/berlinnonstop/
TWITTER
https://twitter.com/BerlinNonStop
Image by Sven Serkis
Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: Berlin Non Stop, Crowdfunding, Entertainment, finanzierung, Musical, Off-Theater, Quatsch Comedy Club, Thomas Hermanns