Es war einmal ein Teaser. Der sollte Leute in einen Text locken. Denn Leute haben wenig Zeit. Also packt man sie am Schlafittchen und zerrt sie in die Abgründe eines Artikels. Dort einmal angekommen müssen sie blinkende Banner ertragen. Sie müssen Klickstrecken über sich ergehen lassen in denen pro Bild drei Sätze zu lesen sind, wenn überhaupt. Und diese ganze Leistung wird verkorkt und abgepackt von Pahlgruber und Söhne. Diese findige Familie hat nun die Weinverkostung schon fast verboten. Zumindest die Wein-Snippets. Und die Testgläser proben den Aufschrei!
Wer in fremden Stuben den eigenen Wein probiert, der wird niemals nie nicht eine ganze Flasche kaufen, weil es auch in anderen Wein-Blogs und Wein-Aggregatoren Weinproben gibt. Es kommen zwar Millionen Weinkenner täglich per Wein-Agreggator zu den Läden und kaufen Wein. Aber: Andere Industrien haben bessere Renditen, so sagen zumindest die Investoren, die seit einiger Zeit die deutschen Lokal-Winzer aufgekauft haben. Nun ist es aber so, dass die Winzer den Wein ja nicht selbt machen. Sie vermitteln ihn, das ist ihre Leistung. Der Wein kommt von Freien Weinbauern, von redaktionellen Weinbauern und von prekär beschäftigten Wein-Volontären. Die Winzer haben nur das Recht der Verbreitung des Weins in alle Himmelsrichtungen. Das Internet hat aber keine Himmelsrichtung. Also gibt es keinen Gebietsschutz. Weinproben konnte bisher jeder anbieten. Wenn nun aber die Winzer einen deutschlandweiten Gebietsschutz bei Mutti bestellen und kurz vor der Veröffentlichung des Lobbyisten-Referentenentwurfs die Werbetrommel rühren, dann wird das so gemacht. Dann bekommen die großen Wein-Aggregatoren eine Rechnung präsentiert und den kleinen Wein-Bloggern hetzt man eine besondere Hunderasse auf den Hals, den Grafenröther Krötenpfuhl. Der hat eine implementierte Frankiermaschine.
Dieses possierliche Tierchen frisst sich mithilfe drittklassiger Spider- und Crawler-Hersteller durch das Netz und bastelt viele Hunderttausende postalische Warnungen wegen gepanschten Weines. Denn fortan dürfen nur noch autorisierte Quellen Weinproben durchführen. Eigene Weinverkostungen mit sogenannten Snippets sind dann nicht mehr erlaubt. Sie bringen zu viele soziale Signale in Zusammenhang mit Texten. Das möchten die Verlage nicht, weil der größte Aggregator Woogle damit die Relevanz von Texten einschätzen könnte. Man möchte aber keine relevanten Weine teuer verkaufen. Also zumindest möchte man nicht, dass die Weinliebhaber mit den Füßen abstimmen, was relevant ist und was nicht. Das wissen nur die professionellen angestellten Qualitätsweinbauern. Der alltägliche Weinkenner hat keine Ahnung vom Qualitätsgehalt, weil er oder sie nur nach Geschmack entscheidet. So wie viele Tausende Wein-Blogger auf diese Weise Weinproben verbreiten, kostenfreie Werbung machen. Eigentlich.
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Aber im Grunde genommen ist das Leistungsschutzrecht etwas anderes. Es ist der klare Nachweis, dass Google und Konsorten den Werbemarkt mittlerweile so stark dominieren, dass ehemals starke Firmenkonglomerate zu Mutti laufen und um Hilfe bitten. Sie bekommen sie zwar. Aber ein Pflaster auf der Nase hilft nicht, wenn einen eine Walze überrollt.
Auf der anderen Seite steht eine vage Ahnung: Was wäre, wenn der Supermarkt der Eitelkeiten, etwas Anderes ist das Internet ja nun noch nicht (siehe Dating-Plattformen und Bloggerhitparaden), seinen Zenith in der Relevanz für ein erfülltes Leben schon überschritten hat. Denn die Internetsucht erwächst ja zunächst am ständigen Nachschub an Kontakten, Texten und Hoffnungen. Wie es aber nun mal so ist mit den Zwangshandlungen, sie kaschieren das darunterliegende existentielle Problem nur notdürftig und vor allem sehr kurzfristig. Beim leichtesten Anschein von Substanz bricht das Kartenhaus der 1001 Möglichkeiten zusammen. Das sehen wir nicht nur bei der Durchhalterate von online geschlossenen Verbindungen oder von persönlichen Blogs, das wird erst recht offenbar bei den großen (ehemals erfolgreichen) Portalen, die mit schöner Regelmäßigkeit nach 5-8 Jahren in sich zusammenfallen wie ein übrig gebliebener Ballon vom letzten Kindergeburtstag auf der Kellertreppe. Und genauso wie diesen faltigen Kautuschukbeuteln mit Restluft könnte es den hochtrabenden Plänen einiger Goldgräber gehen. Schlau wie die Verlage sind lassen sie schon mal vorsorgen und lassen eine Art Struktursteuer fürs Web erheben, denn was ist das Internet ohne Querverweise, also Kontext? Richtig: Ein Haufen solitärer Eitelkeiten. Orang-Utans eben. Die sterben auch gerade aus. Aber wer setzt die Abermillionen hoffnungsfrohen Zivilisten, die in den Westen ins gelobte Digitalien ziehen, auf die Liste der bedrohten Arten. Warten wir auf das digitale Unkraut. Es wird wuchern, auch und gerade wegen des Leistungsschutzrechts.
Dieses kleinliche Textangebot ist zu 100 Prozent frei von Querverweisen (neudeutsch für Links) auf Qualitätsweinverkostungen großer, kleiner und mittlerer Verlage. Wir bitten um freundliche Mißachtung.
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Schlagwörter: leistungsschutzrecht, LSR