Was sind die besten Spaced Repetition Apps und gibt es überhaupt die „eine App“, die alle anderen überflüssig macht?
Doch zunächst nochmal kurz erklärt: Spaced Repetition ist im Grunde nichts anderes, als das Lernen mit Karteikarten – nur optimiert. Die Karten werden in immer größeren Abständen wiederholt, bis sie ins Langzeitgedächtnis gelangen. Zwischen den Wiederholungen liegen erst einige Minuten oder Stunden, zum Schluss mehrere Wochen oder Monate.
Mehr Details zum Spaced Repetition System habe ich euch in einem eigenen Artikel zusammengefasst. Dort geh ich dann auch genauer auf die Vorteile ein. Außerdem gebe ich Tipps, wie man sich kleine Auszeiten nehmen kann und allgemein nicht irgendwann von den vielen Karten erdrückt wird.
Hier geht es allerdings um die besten Spaced Repetition Apps. Diese sind dringend nötig, weil sie für uns das Management der Karten übernehmen. Wir müssen nur Lernen und uns die Karten anfangs gegebenenfalls erstellen – alles andere übernimmt die jeweilige App.
Anki
Anki ist nicht nur eine der besten Spaced Repetition Apps, sondern auch die bekannteste. Das liegt daran, dass es ein extrem mächtiges Tool ist, dass sich sogar mit Addons noch stärker auf die eigenen Bedürfnisse anpassen lässt.
Neben dem Hauptdeck, zu dem alle angelegten Karten gehören, können wir auch noch Unterdecks erstellen. Außerdem können wir die Karten mit Schlagwörtern versehen um so auch gezielt bestimmte Karten zu pauken.
Die Karten selbst bestehen aus einer Vorder- und Rückseite. Die Vorderseite fragt den Stoff ab, auf der Rückseite steht die Lösung. Aber Anki bietet auch viele weitere Möglichkeiten, etwa Lückentexte, die Einbindung von Mediendaten und sogar Formeln durch LaTeX-Integration. Per Addon könnt ihr bei einer Grafik auch abzufragende Begriffe abdecken. Das Programm erstellt selbstständig für jeden abgedeckten Begriff eine einzelne Karte – wahlweise mit den anderen Begriffen ab- oder aufgedeckt.
Beim Abfragen der Karten könnt ihr selbst bewerten, wie leicht euch die Karte fiel. Habt ihr das die Karte noch nicht verinnerlicht, wird sie euch mit „Nochmal“ sehr schnell wieder vorgelegt. Mit „Gut“ wandert sie in den nächsten Schritt. Fiel euch die Karte „Einfach“, wird sie erst etwas später wieder gezeigt.
Anki hat noch enorm viele weitere Features, weshalb es nicht nur beliebt für Sprachen ist, sondern auch etwa für Medizinstudenten. Einfache Basics zum Erstellen von Karten findet ihr übrigens in diesem Video:
Anki ist kostenlos für Desktop. Es gibt allerdings auch die kostenpflichtige AnkiMobile App für iOS. Im PlayStore findet ihr außerdem die Android-App Ankidroid. Diese ist kostenlos und von einem Drittanbieter.
Memrise
Bei Memrise handelt es sich um eine Spaced Repetition App, die vor allem auf das Lernen von Sprachen ausgelegt ist. Sie ist deutlich schlanker gestaltet als Anki. Das bedeutet auf der einen Seite weniger Möglichkeiten zur Anpassung, aber auch eine deutlich geringere Einstiegshürde. Auch das Design von Memrise wirkt simpler und hübscher, als die Open Source-Konkurrenz.
Memrise eignet sich vor allem für Nutzer, die es einfacher mögen und lieber auf bereits vorhandenes Material zurückgreifen. Zwar gibt es auch bei Memrise die Möglichkeit, selbst Kurse anzulegen, aber es gibt zu allen erdenklichen Themen bereits eine große Auswahl an Kursen. Diese sind Teils von Memrise selbst zur Verfügung gestellt, teils von anderen Nutzern.
In der Einfachheit liegen zugleich stärke und Schwäche von Memrise. Im Gegensatz zu Anki müssen wir die (exakte) Lösung eingeben. Das geschieht durch Tastatureingabe oder durch Multiple-Choise-Auswahl. Dabei bekommen wir sowohl Lese- als auch Hörübungen. Der Vorteil liegt in der automatischen Überprüfung unseres Ergebnisses. Weil eine exakte Antwort erwartet wird, lassen sich darüber aber keine komplexeren Karten erstellen.
Zu jeder Frage dürfen wir uns übrigens ein Mem – eine gedankliche Stütze in Form eines Bildes oder einer Notiz – aussuchen. Dabei bedienen wir uns Wahlweise den Mems anderer Nutzer oder laden unsere eigene hoch. Gerade weil man sich einfach den Mems anderer Nutzer bedienen kann, geht das sehr schnell.
RemNote
Habt ihr bereits Notiz-Apps wie OneNote, Evernote oder Notion benutzt? Nutzt ihr sie sogar aktuell aktiv? Dann könnte RemNote für euch eine echte Alternative sein. RemNote verbindet nämlich strukturierte Notizen solcher Apps mit den verteilten Wiederholungen der Spaced Repetition Apps.
Ähnlich wie bei zuvor genannten Anwendungen, sind die Notizen einem Wiki sehr ähnlich, in dem ihr durch Verweise auf andere Dokumente in RemNote ein Netzwerk eures Wissens aufbaut. Dabei erlaubt die App auch alle möglichen Medien mit in eure Notizen aufzunehmen.
Der Unterschied zu herkömmlichen Notiz-Apps kommt durch den Spaced Repetition-Ansatz. Ihr könnt nämlich aus euren Notizen heraus Karteikarten / Flashcards erstellen. Dieses Feature lässt sich am ehesten mit Anki vergleichen. Wir bewerten nämlich selbst, wie leicht uns die Abfrage fiel und haben dafür sogar 4 Einstufungen zur Wahl. Je nach Einstufung ändert sich die Zeit, bis die Karte erneut gezeigt wird.
Der Vorteil von RemNote gegenüber Anki: Die Karte ist mit unseren Notizen verknüpft. Wenn wir also merken, dass das Wissen nicht so richtig sitzt, können wir uns nochmal die Notizen zum Thema anschauen. Gerade wenn man keine Sprache lernt, hilft einem diese Blick aufs „große ganze“, um das zu Lernende besser zu begreifen.
Entwickelt wurde RemNote am renomierten MIT. Gegenüber vieler anderer Notizapps, ist die kostenlose Version nur an wenigen Stellen beschnitten. Für Lerninstitutionen oder Geringverdiener gibt es allerdings auch die Pro-Version zum reduzierten Preis.
RemNote erlaubt übrigens auch Importe aus Programmen wie Roam, Anki oder Markdown. Mobil gibt es bislang erst für Android eine Early Access-App. Da die App allerdings sehr neu ist, könnte auch noch der App-Store von Apple folgen.
Anbei noch ein kleines Video, das RemNote nochmal als Alternative zu Roam Research zeigt.
Bonus Für Japanisch-Lerner: WaniKani
Unser letzter Kandidat bedient zugegeben eine ziemliche Nische. WaniKani ist ein Tool zum Lernen der japanischen Sprache, insbesondere der Kanji. Kanji ist eine von 3 genutzten Schriftarten im Japanischen und allein für das Lesen einer Zeitung muss man gut 2.000 dieser Zeichen verinnerlichen.
WaniKani setzt auf Spaced Repetition, um sich diese Zeichen und die dazugehörenden Vokabeln zu verinnerlichen.
Als zweite Säule dienen darüber hinaus Mnemonics, das sind gedankliche Stützen in Form von oft sehr absurden Geschichten. Diese absurde Geschichte enthält meist Hinweise zur Schreibweise, Bedeutung und Aussprache des Zeichens. Die meisten Geschichten sind oft bewusst verrückt oder auch brutal, damit sie besser im Kopf bleiben, als wenn es nur eine völlig normale Alltagssituation wäre.
Für mich ist WaniKani ein wichtiges Tool zum Japanischlernen geworden und überhaupt der Grund, warum ich mich mit den besten Spaced Repetition Apps auseinander gesetzt habe. Es zwingt mich zum täglichen Lernen und erweitert meinen Wortschatz viel besser als ein Lehrbuch es könnte.
Einziger Nachteil ist die englische Sprache der App, was aber bei einer sehr nischigen Sprache wie Japanisch kaum ausbleibt. Allerdings kann man sich auch seine eigenen Mnemonics verfassen, wenn das gedankliche hin und her zwischen den Sprachen ein Hindernis ist. Ansonsten lernt man mit WaniKani nebenher auch überraschend gut neue Englischwörter.
Wer sich unsicher ist: Die ersten 3 „Level“ könnt ihr in WaniKani kostenlos ausprobieren. Das sind gut drei Wochen bei zügigem Lerntempo, bis ihr euch entscheidet, ob ihr für 9 Euro pro Monat / 89 Euro pro Jahr weitermachen wollt. In der Weihnachtszeit könnt ihr auch mal günstiger an die Vollversion kommen.
Die besten Spaced Repetition Apps für sich selbst finden
Es gibt nicht die eine beste Spaced Repetition App auf dem Markt. Für viele ist dieser Artikel sicherlich die erste Berührung mit dem Thema.
Anki hat den Vorteil am bekanntesten zu sein und die größte Anpassbarkeit zu bieten. Allerdings kann einem genau das auch zunächst überfordern. Es ist ein Tool in das man sich reinarbeiten muss, die Nutzung aber am Ende auch am besten auf sich selbst zuschneiden kann. Es gibt aber auch zu fast allen Themen bereits von anderen Nutzer erstellte Anki-Decks die man verwenden kann.
Memrise ist funktionstechnisch sehr reduziert, dafür aber mit der geringsten Einstiegshürde. Es ist toll um unkompliziert zu starten und eignet sich vor allem gut als Unterstützung beim Lernen von Sprachen. Für etwa sehr technische Themen stößt das Programm aber schnell an seine Grenzen.
RemNote ist die womöglich nächste Stufe der Spaced Repetition Apps. Es verbindet die Anki-Erfahrung mit einer umfangreichen Notizapp und bietet so eine direkte Verbindung zwischen euren Karten und euren Lernnotizen. Es ist eine sehr junge App, die bereits jetzt aber enormes Potential erkennen lässt.
WaniKani bietet wenig Anpassungs-Spielraum ist dafür aber perfekt auf einen Zweck zugeschnitten: Japanisch Lernen. Es gibt zwar durchaus Addons und ihr dürft die Lernstützen selbst anpassen, aber am Ende dient WaniKani nur einem Zweck: Japanisch lernen. Und darin ist es wirklich gut!
Image by Daxiao Productions via Adobe Stock
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