Die CDU als Jobcenter

Gilt als zu höheren Ämtern berufen: Norbert Röttgen

Wie wird das Personaltableau nach der Bundestagswahl bei der Union rotieren? Zwei Szenarien:

Sollte die CDU die Wahl verlieren, was im Moment unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist, wird Angela Merkel in die Geschichte der Partei als erste Kanzlerin eingehen. Wer auf sie als Parteivorsitzende folgen wird, ist eine große Unbekannte. Für alles andere werden schon Rochade-Möglichkeiten diskutiert: Mit Frau Merkel würde auch der Fraktionsvorsitzende der CDU im Bundestag, Volker Kauder, den Hut nehmen müssen. Er hat in der nun ausklingenden Legislatur eng mit der Kanzlerin zusammengearbeitet und gilt als ihr Mann. Ihm nachfolgen könnte Norbert Röttgen. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion ist zwar auch ein Merkel-Vertrauter, wohl aber in der so genannten zweiten Reihe. Das käme ihm zugute, denn er gilt als unverbraucht und könnte die Fraktion in der Opposition führen.

Was geschieht, wenn die Union die Wahl gewinnt? Dann wird Norbert Röttgen ein Ministerium anstreben. Warum nicht das Ressort Bildung und Forschung? Dieses Zukunftsressort hat in den vergangenen Jahren nicht an Glanz gewonnen. Frau Schavan hat aus den Riesenbudgettöpfen, die sie zur Verfügung hat, den politischen Stiftungen etwas zukommen lassen. Die danken es ihr. Ansonsten gab es in der Bildung und der Wissenschaft keine nachhaltigen Meilensteine. In Sachen Stammzellforschung hat es sich die bekennende Katholikin Schavan vielmehr mit ihrer Kirche verscherzt und – die Union hat das in dieser Legislatur bis an die Grenze zur Selbstaufgabe perfektioniert – die Stammwählerschaft vergrault. Im Cusanuswerk wird man Frau Schavan deshalb nicht zurückhaben wollen, sollte ihr Ressort an Norbert Röttgen fallen. Allerdings könnte der Chefposten der Adenauer-Stiftung just zum Jahresende frei werden. Die neue starke Frau an der Spitze könnte dann Annette Schavan heißen. Sie hat ebenfalls einen heißen Draht zur Kanzlerin, die dann – so wir von einem Unionssieg am 27. September ausgehen – auch noch Parteivorsitzende ist. Damit wird der Graben zwischen Adenauer-Haus und Adenauer-Stiftung, von dem in den vergangenen Wochen vermehrt die Rede war, vielleicht geschlossen.

Volker Kauder könnte im Falle einer gewonnen Wahl weiterhin Fraktionsvorsitzender bleiben. Da aber zu vermuten steht, dass der amtierende Verteidigungsminister Franz-Josef Jung seinen Landsmann Roland Koch als Ministerpräsident von Hessen beerbt, würde dieser Posten frei werden. Volker Kauder könnte dann auf diese Position rücken. Als bekennender Patriot würde er dem Amt mit der Würde dienen, mit dem ausgestattet es die CDU sich von jeher wünscht. Was wird denn in dieser Konstellation eigentlich aus Roland Koch? Da der politisch schon oft Totgesagte mehr als sieben Leben hat, ist alles drin: Für ministeriabel hält vor allem er sich; die Großunion auf Bundesebene mag da (derzeit noch) anderer Auffassung sein. Realistischer ist ihm Moment daher ein bedeutender Job in Brüssel, als EU-Kommissar. Dass allerdings alles für den Fall, dass die Union die Wahl gewinnt und weiterhin die Kanzlerin stellt. Sollte das nicht gelingen, wer weiß, vielleicht heißt der neue Parteivorsitzende der CDU ab Oktober dann Roland Koch.

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Die Kolumne von Alexander Görlach findet Ihr auf www.alexander-platz.net

ist Chefredakteur und Herausgeber des Online-Debattenmagazins The European (www.theeuropean.de). Für die Netzpiloten schreibt Alexander Kolumnen und kritische Beiträge zur Medienlandschaft und natürlich zu aktuellen politischen Ereignissen.


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