Digital Diaries: Sexualität weltweit

Für die erste Folge der Doku-Reihe „Digital Diaries“ wurden Videoblogger aus der ganzen Welt zum Thema Sexualität und Internet befragt. // von Larissa Werner

Doku-Reihe des WDR: "Digital Diaries"

Wie verändert das Internet unsere Sexualität? Wie unterscheiden sich Liebesbeziehungen in Deutschland, Japan und den USA? Wie mischt sich der Staat in das Sexualleben seiner Bürger wie etwa in Russland ein? Welche Probleme haben Liebespaare in Indien und der Türkei? Die Doku-Reihe „Digital Diaries“, eine Kooperation des WDR mit der Videoplattform dbate.de, hat dazu Videoblogger auf der ganzen Welt befragt. Larissa Werner hat sich die erste Folge, die am 3. September um 23.20 Uhr im WDR ausgestrahlt wird, schon angesehen.

Die erste Folge der Doku-Reihe „Digital Diaries“ betrachtet das Thema Sexualität aus einer globalen Perspektive. Es geht nicht nur um Hetero- oder Homosexualität, Sex vor der Ehe, sondern auch um die Rollen von Frauen und Männern in den verschiedensten Gesellschaften. Dafür wurden 21 Videoblogger aus Deutschland, den USA, Japan, Indien, Russland und der Türkei interviewt, u.a. ein US-amerikanisch-türkisches Ehepaar, ein in Japan lebender Brite, sowie eine in Indien lebende Kanadierin, eine Frauenaktivistin und ein Vlogger aus Deutschland. Sie berichten von ihren Erfahrungen und kommentieren das Thema Sexualität vor ihrem regionalen Kontext.

Die Doku zeigt ein anderes Bild der Gesellschaft

Mir war bewusst, dass es auf der Welt große Unterschiede geben muss, wenn es um Sex geht, aber dass es so verschieden zugeht, war mir nicht bewusst. Wie anders das Thema Sexualität in manchen Gesellschaften behandelt wird, verglichen mit Deutschland, aber auch wie andere Menschen von hier das Thema sehr unterschiedlich zu meiner Position betrachten, war wirklich neu für mich.

Ich dachte eigentlich, dass wir in Deutschland ausreichend aufgeklärt sind, was aber der interviewte Videoblogger Jan komplett anders sieht. Zusammen mit Gianna geht er in seinen Videos auf sämtliche Fragen ein, die das Thema Sexualität betreffen. Die eingereichten Fragen zeichnen ein anderes Bild als ich es hatte. Anscheinend sind wir sogar in Deutschland noch nicht genug aufgeklärt. Die interviewten Menschen in der Doku haben immer wieder die Unterschiede klar gemacht, was ich persönlich als sehr interessant empfand.

Geschlechterrollen, sexuelle Belästigung und Homosexualität

Fangen wir an mit der traditionellen Rollenverteilung: In Deutschland empfinde ich die Rollenverteilung nicht mehr so stark ausgeprägt wie vergleichsweise noch in der Türkei. Dort dürfen beispielsweise einige Mädchen nicht ohne die Erlaubnis ihrer Eltern auf die Straße, was ich persönlich schrecklich finde. Mit solchen Zuständen habe ich überhaupt nicht gerechnet. Auch, dass Frauen immer noch hauptsächlich als kostenlose Haushaltshilfen betrachtet werden, die kochen, putzen und sich um die Familie kümmern müssen, wusste ich nicht.

Ein anderes wichtiges Thema, dass in dieser Folge von „Digital Diary“ behandelt wurde, war die sexuelle Belästigung von Frauen, vor allem in Indien. Wie kann man einer Frau nur sagen, sie sei Schuld daran, vergewaltigt worden zu sein? Die Sendung entlarvte diese verwerfliche Argumentation. Ein attraktives Aussehen heißt noch lange nicht, dass Männer übergriffig werden dürfen. Meiner Meinung nach ein sehr wichtiges Thema, dass von den Machern gut angesprochen wurde.

Was mich persönlich mit am meisten schockiert hat, war die Lage von Homosexuellen in Russland. Ich wusste zwar, dass dies in Russland nicht gerne in der Öffentlichkeit gesehen wird, was an sich schon falsch ist, dass aber Menschen geschlagen werden, nur weil sie einen anderen Menschen des gleichen Geschlechts lieben, war mir neu. Es ist schlimm zu erfahren, dass Russen depressiv werden, weil sie merken, dass sie homosexuell sind und deshalb sogar aus Angst um ihr Leben in ein anderes Land auswandern.

Prüde US-Amerikaner und praktische denkende Japaner?

Pornos vermitteln ein komplett falsches Bild von Sex, trotzdem erfreuen sie sich natürlich einer gewissen Beliebtheit – sowohl in Japan als auch in den USA. Dort spielt vor allem das Thema Jungfräulichkeit eine unwahrscheinlich große Rolle, beziehungsweise der Druck diese zu verlieren. Wenn man nicht schon vor dem College Sex hatte, ist das spätestens der Zeitpunkt, an dem Jugendliche ihre Jungfräulichkeit verlieren. An unteschiedlichen Jugendlichen wurde verschiedene Einstellungen zum ersten Mal Sex vorgestellt. Der enorme Kontrast wird hier so gut klar, wie in kaum einem Thema, dass in der Sendung angesprochen wurde. Sehr gut!

Wovon ich vorher noch gar nichts gehört hatte, waren die sogenannten Gokon-Parties in Japan. Solche Kuppelparties, auf denen sich drei bis vier Männer mit drei bis vier Frauen treffen und dann wird spontan entschieden, wer mit wem den Abend verbringt, scheinen in Japan sehr im Trend zu liegen. Auch, dass Männer und Frauen vor der Ehe nicht zusammenleben, was aber für Büsra aus der Türkei vollkommen normal war, wusste ich nicht. Genau wie eine arrangierte Ehe, die für einige Videoblogger in Ordnung ist, solange man sich selbst dafür entscheidet, dass die Eltern einem bei der Suche nach einem Partner helfen.

Gefühl für Vielfalt

Der Satz, der die ganze Thematik der Sendung wohl am Besten auf den Punkt brachte, kam vom Videoblogger Tarik Tesfu: „Die Gesellschaft muss einfach ein Gefühl für die Vielfalt bekommen, die halt da ist.“ Meiner Meinung nach beschreibt das genau die momentane Situation, egal wo auf der Welt! Die erste Folge der Digital Diary hat dies sehr gut vermittelt. Ein gelungener Auftakt für die Doku-Reihe.

Die Sendung „Sexualität weltweit“ wird am Donnerstag, den 3. September, um 23.20 Uhr im WDR ausgestahlt.


Kommende Folgen aus der Reihe Digital Diaries:

  • Mein Körper und ich – Freitag, 4. September, 22.50 Uhr im WDR

  • Mein Tutorial – Freitag, 11. September, 22.50 Uhr im WDR

  • Mein Krebstagebuch – Freitag, 18. September, 22.50 Uhr im WDR


Teaser „YouTube“ by dandy (CC BY 4.0)

Image „Digital Diaries“ by WDR/dbate


CHIEF-EDITOR’S NOTE: Wenn Ihnen unsere Arbeit etwas wert ist, zeigen Sie es uns bitte auf Flattr oder indem Sie unsere Reichweite auf Twitter, Facebook, Google+, Soundcloud, Slideshare, YouTube und/oder Instagram erhöhen. Vielen Dank. – Tobias Schwarz

Die Crew der Netzpiloten in Hamburg und Berlin setzt sich zusammen aus rund zehn festangestellten Redakteuren/innen, festen freien Blogger/innen sowie einigen Praktikanten. Alle Texte der Mitglieder unseres ausgedehnten Netzpiloten Blogger Networks erscheinen direkt unter deren Autorenhandle.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , , , , ,

1 comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert