Wir sind bequem. Uns geht es gut. Warum sollten wir etwas verändern? Das ist der Sound in unseren analogen Stuben. Aber es ginge auch anders. Ganz leicht. Letzthin habe ich einen schönen Satz gelesen, der den Nagel auf den Kopf trifft: Heute ginge es für Unternehmen und Institutionen nicht mehr darum, eine digitale Strategie zu entwickeln, sondern es ginge darum, eine Strategie für das digitale Zeitalter zu entwickeln. Voila! Gut auf den Punkt.
Kulturelle Disruption?
Ganz genau. Und zwar nicht nur im Hinblick auf den sozialen Umgang, sondern auf die komplette zukünftige Kulturgeschichte. Neben den selbstfahrenden oder fliegenden Autos, den virtuellen Staaten oder der solarbetriebenen Landwirtschaft, die uns “just-in-time” die Lebensmittel zuliefert, wann immer wir in unserem Kalender einen Verweis eingetragen haben: Raclette mit Familie am Samstag.
Das eine und das andere bedingen sich – das sollte man begreifen: Die Menschen und die Maschinen müssen miteinander auskommen, ansonsten wird es kritisch. Kultur wird gestaltet. Sowohl die soziale als auch die technologische Kultur. Sie entsteht nicht einfach so.
Das war schon während der französischen Aufklärung so, also dem Beginn des Zeitalters, das gerade zu Ende geht: Kulturelle Moderne und industrielle Modernität gehörten immer schon unmittelbar zusammen. Das eine hätte niemals ohne das andere wachsen können. Es braucht eine mitwachsende Kultur, um Technologien zum Blühen zu bringen. Und umgekehrt.
Nur die Erfahrungen der ersten Internet-Blase und des Web 2.0-Zeitalters ermöglichten ein Denken, das so transformativ alles Bisherige in Frage stellt. Die persönliche Erfahrung, was alles machbar ist, wenn Menschen, die sich selbst kaum kennen, an unterschiedlichen Punkten dieser Erde sitzend, gemeinsam anfangen, in Echtzeit zu kommunizieren. Welche kreative Gewalt daraus erwachsen kann.
Auf einmal scheint es denkbar, eine ganz neue Welt auszudrucken. Ich werde mir in absehbarer Zeit ein Paar passgenaue, vegane Schuhe oder ein fahrbares Haus für kleines Geld ausdrucken können – wahlweise mit meinem eigenen Design oder einer schicken Designvorlage, die ich mir im Onlineshop mit Bitcoins gekauft habe. Was bedeutet das für die Schuhindustrie? Was bedeutet dies für Stadtplaner? Für Architekten? Für Interior-Designer oder Förster?
Man kann es nur immer wieder wiederholen – und es ist kein Worst Case-Szenario, sondern die Realität von in ein paar Jahren: Nahezu JEDE Branche wird derzeit radikal umgedreht.
DAS BEDEUTET DIGITALER WANDEL!
Und dafür braucht es mehr als eine Strategie. Es braucht zunächst einmal mehr Erfahrung über die möglichen Dynamiken. Mehr Austausch. Und dann: Take Action!
Ja, woher soll ich denn bloß die Zeit dafür nehmen, höre ich euch fragen.
Seid gewiss: Ihr gewinnt sie auf der anderen Seite mehrfach zurück. Begebt euch rein in die Netze, arbeitet konsequent damit, probiert aus, seid neugierig und denkt mit.
Das Reisen verändert sich, der Handel, die Finanzierungsbranche, die Bildung – alles. Das ist jetzt bereits im Gange. Und hat Auswirkungen auf sämtliche Unternehmungen, die darin arbeiten.
Was man aber verstehen muss: Die Branchen verändern sich nicht nur, weil es jetzt Internet gibt und neue algorithmische Verfahren. Sondern dadurch bedingt verändert sich zwangsläufig unsere gesamte Kultur:
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Wenn klassische Erwerbsarbeit seitens des Menschen nur noch in Ausnahmefällen erforderlich ist, braucht es beispielsweise keine Reproduktionsurlaube mehr. Man muss sich dann nicht mehr erholen für den Malocherjob. Anderes wird dafür entstehen. Was? Gut, das werden wir sehen.
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Es braucht auch nur noch bedingt Fortbildungen – und wenn, dann sehen sie ganz anders aus als heute. Auch Nachhilfe für Schulkinder braucht es dann nicht mehr, das erledigen Algorithmen pro-aktiv sinnvoller.
Damit wir uns nicht missverstehen: Natürlich braucht es auch weiter die Menschen, ansonsten würde Humanismus ja keinen Sinn mehr ergeben. Aber wie wir unsere neue Gesellschaft aufbauen, steht alles noch in den Sternen. Und nur die, die sich am Diskurs mit beteiligen, können dies mitgestalten. Aber dafür wäre ein Verständnis der Dynamiken sinnvoll.
Woran liegt’s?
Der Breitbandinvestitionsindex legt den Finger in die eine Wunde in Deutschland (bitte dem Link folgen und vor Ort die Grafik schauen): Je röter die Landkreise, desto weniger Zugang existiert dort auch zu den sozialen Netzwerken, symptomatisch visualisiert am Beispiel Facebook.
Die andere Wunde ist die, dass sich viele bornierte, vor allem ältere Menschen zieren, sich in die profanen Gefilde des sozialen Austauschs zu begeben. Und sich stattdessen mit Arroganz hinter ihren Papier-Zeitungen verschanzen. Nichts gegen Zeitungen – ich las sie auch mal gerne. Und manche auch heute noch. Online. Neben vielem anderen.
Denn unsere Zukunft wird im Netz entschieden bzw. in den durch unsere Netzpraktiken eingeübten Sozialmustern, die sich dann in zivilgesellschaftlichen Aktivitäten und idealer Weise in klugen, innovativen Ideen und Projekten ausdrücken.
Was man tun sollte?
Ganz einfach. Zugänge schaffen ins Netz – sowohl auf struktureller als auch auf ideeller Basis. Sowohl als Gesellschaft als auch als Individuum. Es tut auch nicht weh. Man muss nur starten. Vorbild sein. Voran gehen. Trendsetter werden im eigenen, persönlichen Umfeld.
Wollt ihr den Switch also mitgestalten auf der Seite der Aktiven, dann kommt rein in die gute Stube. Kauft euch ein Smartphone, meldet euch in einigen Netzwerken an – und startet!
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Lernt kollaboratives Handeln zu leben.
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Lernt die Macht der virtuellen Netzwerke kennen.
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Lernt eure Arbeit neu zu organisieren.
Nur dann erfahrt ihr am eigenen Leib, was sich gerade da draußen tut. Und könnt damit darauf reagieren. Ja, im Netz bündelt sich auch viel Hass. Aber wir müssen dem entgegen treten mit einer Vielzahl konstruktiver Gespräche. Eine andere Kultur vorleben. Das bedeutet kulturelle Bildung im 21. Jahrhundert!
Gerade in Deutschland haben wir diesbezüglich noch gehörigen Nachholbedarf. Die Rate an AkademikerInnen in den sozialen Netzwerken ist sehr niedrig im Vergleich zu anderen Ländern. Das hat verschiedene Gründe und sagt letztlich auch wenig aus über die Klugheit von Beiträgen. Aber unter gesellschaftlichen Gesichtspunkten kann man es maximal unter Betriebsblindheit abheften. Oder Dummheit.
Nicht nur im eigenen gesellschaftlichen Interesse, sondern auch im Interesse der nachfolgenden Generationen: Der Ton im Netz wird von der Mehrheit gesetzt. Und da muss das objektive Niveau deutlich steigen! Nicht im Sinne von abgehobenen Gesprächen oder bildungsbürgerlichen Diskursen, sondern einfach im normalen, authentischen, offenen Austausch untereinander.
Und kommt mir jetzt nicht mit diesen Standard-Ausreden, euch interessiere nicht das Mittagessen eurer Freunde oder Fans. Dann liegt dies an eurem persönlichen, subjektiven Netzwerk, für das ihr mit verantwortlich seid. Soziale Kommunikation bedeutet Austausch mit anderen, nicht wechselseitige, mediale Beschallung. Lernt das! Geht rein und arbeitet mit. Gerade in diesen Zeiten!
Was wir tun?
Wir bemühen uns, euch dabei zu unterstützen. Denn wir sind die ganzen Entwicklungsschritte von Beginn an mitgegangen. Und wir verfolgen auch keinen Metaplan seitens einer Behörde oder eines Grosskonzerns. Wir haben selbst viele Erfahrungen im Netz gesammelt. Ihr könnt euch also einige Umwege schenken, wenn ihr uns fragt. Und uns nebenbei vertrauen!
Wir starten im Frühjahr einen MOOC rund um diese Themen – es ist ein kostenfreier Online-Kurs auf der MOOC-Plattform der FH Lübeck, für den man sich bereits einschreiben kann: Er führt den Namen Arbeit 4.0 und es geht darum, unsere Zukunft zu gestalten.
Kommt dazu und diskutiert mit uns. KONSTRUKTIV!
Weitere Angebote rund um Arbeit 4.0 findet ihr in unserem FLOWCAMPUS.
Teaser & Images by Anja C. Wagner
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Schlagwörter: apps, Arbeit, bildung, digitalisierung, Gesellschaft, Internet, kommunikation, Menschen, messenger, Smartphone, Technologie, unternehmen, wirtschaft, zukunft