Die Veröffentlichung von Instagram Stories ging mit gemischten Kritiken einher. Viele sahen darin einen offenkundigen Abklatsch von Snapchat. Indem es Nutzern nun möglich ist, Updates aus ihrem Leben in Echtzeit zu teilen, eröffnet sich für Nachrichtenmedien eine neue Möglichkeit, vor Ort zu berichten und gleichzeitig auch einen Einblick in die Ereignisse hinter den Kulissen der Publikation zu gewähren. Snapchat und Instagram Stories unterscheiden sich in Publikum und Einfachheit der Bedienung angesichts der Tatsache, dass Instagram überwiegend für qualitativ hochwertige Fotografie genutzt wird (häufig deshalb auch kuratiert).
Auf beiden Plattformen können Nutzer zuvor aufgenommene Fotos und Videos hochladen (wobei diese auf Snapchat als Erinnerungen dargestellt werden), während Instagram nur Medien zulässt, die innerhalb der letzten 24 Stunden aufgenommen wurden (was sich jedoch mit Screenshots älterer Fotos umgehen lässt). Was Facebook und Instagram für die Generation abseits der Teenager-Jahre attraktiv macht, ist die Langlebigkeit der Inhalte – eine Lücke, die Snapchat zu überbrücken versucht hat.
Jetzt, wo Instagram sowohl Momentaufnahmen als auch dauerhafte Inhalte anbietet, warten die Nachrichtenabteilungen mit Strategien für die beiden ähnlichen, und doch verschiedenartig konzipierten Plattformen auf. Ich habe mit der New York Times, der National Geographic und der Sports Illustrated gesprochen – alle bekannt für eindrucksvolle Fotografie und eine große Anzahl von Followern auf Instagram – um zu verstehen, wie sie versuchen, sich Instagram Stories für eine neue Art visuellen Berichtens zunutze zu machen. Und das hatten sie zu sagen:
New York Times
Kerri MacDonald, Bildredakteurin Social Media:
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Wir haben unsere erste Reportage mit Doug Mills durchgeführt. Wir wollten tatsächlich ziemlich früh auf den Trend aufspringen, es war also ein Experiment. Doug Mills ist ein bei uns angestellter Fotograf mit Einsatz in Washington, und er hat zahlreiche Snapchat Stories für uns gemacjt, do dass er sich mit diesem Format schon recht gut auskennt. Er hat ein großartiges Auge. Mit ihm wollten wir anfangen. Er hat einen beachtlichen Instagram-Feed. Die Idee an diesem Punkt sah folgendermassen aus: Wir wollen weiterhin mit Instagram Stories experimentieren und werden das ganz sicher auch tun. Wir wollen darin eine etwas visuellere Herangehensweise als bei Snapchat sehen und haben vor, uns auf unsere Reporter, Videofilmer und Fotografen im visuellen Journalismus zu konzentrieren, die ein großartiges Auge haben. Außerdem versuchen wir daran anzupassen, was in unserem Instagram-Feed landet. In unseren Augen ist es eine sehr fotografische Plattform. Unsere besten Bilder finden sich dort, also wollen wir etwas Ähnliches mit Instagram Stories umsetzen, aber mit einem eher unbearbeiteten Ansatz als bei den Fotos, die wir im eigentlichen Feed posten.
Cynthia Collins, Social-Media-Redakteurin bei der Times:
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Wir haben bisher nur eine einzige Reportage verwirklicht, daher wollen wir unsere Strategie immer noch weiterentwickeln und in diesem Prozess dazulernen. Im Moment erwarten wir, dass Snapchat für uns eine Plattform sein wird, auf der wir ein bisschen plaudern und näher am unverarbeiteten Original sein können – etwas lockerer als das, was wir mit Instagram Stories tun. Instagram ist der Ort für unseren besten Fotojournalismus und wir wollen, dass diese Berichte zu dem passen, was wir in den letzten Jahren über unser Hauptprofil etabliert haben. Wir glauben, dass unsere Artikel in Zukunft auf Snapchat und Instagram auf etwas unterschiedliche Art und Weise präsentiert werden. Instagram wird größtenteils aus einer Gruppe unserer mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Fotografen und Videofilmern bestehen. Snapchat übergeben wir den Reportern, die direkt vor Ort sind. Es ist ein bisschen ungezwungener. Das ist der Unterschied, den wir im Moment sehen. Wir versuchen, Instagram Stories eine andere Ästhetik zu verleihen als wir sie auf Snapchat haben.“
National Geographic
Patrick Witty, Stellvertretender Direktor für Fotografie beim National Geographic:
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Als Instagram diese Änderung veröffentlicht hat, waren wir sofort absolut begeistert. Wir haben eine enorme Community die uns auf Instagram folgt (gut 57 Millionen Follower!) und nun die Möglichkeit, unsere Reichweite zu erweitern. Wir haben direkt einen Fotografen für dieses Gebiet gefunden. Es handelt sich um David Guttenfelder, der seine eigene riesige Community von Followern auf Instagram besitzt und eine Menge in diesem Bereich getan hat. Er war bereits Teil von unserem Snapchat-Profil, unserem Facebook Live-Account und postet nun schon eine ganze Weile auf unserem Instagram-Account. Er war gleich dafür zu haben, das Ganze einmal auszuprobieren.
Nach dem Download hat er es auf seinem eigenen Profil getestet, dann setzte er es in Wolin in Polen ein, wo er Reinszenierungen von Wikingerschlachten für ein Wikingerfestival fotografiert hat. Es war für David die perfekte Gelegenheit, Instagram Stories zu nutzen. Die Resonanz war überwältigend. Auch sehr interessant an Stories ist, dass die Fotografen in der Lage sind, ihre Geschichten mit mehr als nur einem Bild zu erzählen. Man kann mehr hinter die Kulissen schauen, um herauszufinden, wie es ist, ein Fotograf für den National Geographic zu sein. Mit David posten wir ein oder zwei Bilder im Nat-Geo-Feed, die immer noch Fotografien sind, aber er war außerdem in der Lage, seine Berichterstattung durch Videos und Interviews und Porträtieren zu ergänzen – das war weit mehr, als er mit nur einem einzigen Bild im Feed machen könnte.
Rajiv Mody, stellvertretender Leiter für soziale Netzwerke beim National Geographic:
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Ich denke, wir sehen wirklich hauptsächlich das Erzählerische. Wenn unsere Fotografen draußen unterwegs sind, geben wir ihnen Zugang zu beiden Plattformen, damit sie in der Lage sind, ihre Geschichten auf die bestmögliche Art und Weise zu erzählen. Es ist an diesem Punkt gar nicht unbedingt nötig, sie eigenständig voneinander zu betrachten, denn wir lernen immer wieder neu, was funktioniert. An diesem Punkt ist es einfach eine großartige Möglichkeit, Geschichten noch besser zu erzählen.
Sports Illustrated
Collin Orcutt, Herausgeber, Sports Illustrated Digital und Video:
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Es fiel in die Zeit, in der wir uns sowieso in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele befanden. Die Bekanntgabe erfolgte vor einigen Tagen und eine Tag später habe ich ein Meeting einberufen, um mit unseren Mitarbeitern für Soziale Medien unseren Plan für die Olympischen Spiele zu besprechen. Wir entschieden, dass dies eine Plattform ist, auf der wir ein paar Dinge ausprobieren sollten.
Sports Illustrated ist einer der wenigen, die ein paar absolute Spitzenfotografen nach Rio geschickt haben, um eine Menge richtig cooler Fotos zu schießen. Unser Plan war, Snapchat für ein weniger durchgestyltes Vor-Ort-Gefühl zu nutzen und um zu sehen, was unsere Reporter oder Mitarbeiter gerade mitbekommen oder tun.
Weil man bei Stories die Fotos der letzten 24 Stunden hochladen kann, dachten wir uns, es wäre eine großartige Chance, um ein tägliches Sammelalbum unserer aufgenommenen Fotos bereitzustellen. Auf der Seite direkt kann man nur eine begrenzte Zahl ausstellen, weshalb wir schon länger darüber nachgedacht haben, wie man die übrigen Fotos kreativ nutzen könnte. Wir entschlossen uns, am Ende jeden Tages die zehn bis fünfzehn besten Bilder zu nehmen, ausgewählt von den Bildredakteuren, diese zu formatieren und via Instagram Stories zu teilen.
Wenn die Leute morgens aufwachen oder zwischendurch kurz die Seite besuchen, erhalten sie von uns einen schnellen 30- bis 45-sekündigen Einblick in die Bilder, die Sports Illustrated für die besten des Tages gehalten hat. Es gibt viele Sportarten, die im vertikalen Format besser aussehen. Ich habe begonnen, mit Videos zu arbeiten und erinnere mich, dass beim Schneiden all dieser Videos – früher, als ich noch Redakteur war – vor allem Basketball immer eine wirklich schwierige Sportart war, weil so ein großer Teil des Geschehens vertikal ist.
Es ist eine Herausforderung, in derselben Hinsicht, wie es immer eine Herausforderung darstellt, irgendetwas für ein Magazin passend zu gestalten. Das Cover muss immer vertikal sein. Mit den Doppelseiten verhält es sich ein bisschen anders. Ich denke tatsächlich, auf eine seltsame Art und Weise passt das Format zur der Art, wie unsere Redakteure schon immer Fotos in Magazine eingebracht haben. Daher könnte der Übergang für uns leichter sein als an anderen Stellen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Image „Instagram“ (adapted) by quinntheislander (CC0 Public Domain)
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