Dwarf Fortress ist eines dieser Spiele, das den meisten unbekannt ist und anderen hingegen schon der Name einen verklärten Blick aufs Gesicht zaubert. Bereits 2006 erschien die erste Version der Aufbau-Simulation, in der ihr euch ein eigenes Zwergenreich aufbauen dürft. Entwickelt wird das Spiel von den Brüdern Tarn und Zach Adams, die ihre Entwicklung bislang durch Spenden finanzieren. Die Spender erhalten von den Entwicklern als Dankeschön Wachsmal-Bilder, für die sie sich jeden Tag Zeit freihalten.
Mehr als zehn Jahre nach der ersten spielbaren Version, gilt das Spiel als die komplexeste Spielsimulation und ist dennoch meilenweit von der finalen Fassung entfernt. Unter anderem ist Dwarf Fortress übrigens Vorbild für das deutlich zugänglichere RimWorld gewesen, das wir ausführlich getestet haben.
Nun kam der große Paukenschlag: Nach über einem Jahrzehnt der Entwicklung soll das Spiel in optisch überarbeiter Form auch auf Steam erscheinen.
Das wohl komplexeste Spiel aller Zeiten
Minimalistisch in der Darstellung, komplex in der Funktion. Kaum ein Spiel ist so einsteigerfeindlich wie Dwarf Fortress. Das fängt unter anderem bei der Darstellung an, die im Original nur aus ASCII-Zeichen besteht. Die komplette Welt, Gebirge, Wälder, Stollen, Zwerge – alles wird nur mittels Schriftzeichen dargestellt. Zum Glück gibt es eine aktive Modding-Community, die diese Schriftzeichen mit Grafik-Packs ersetzt, durch die auch Laien eine ungefähre Ahnung bekommen, was eigentlich auf ihrem Bildschirm passiert. Und es passiert eine ganze Menge.
Was dem Spiel in der Nutzerfreundlichkeit fehlt, macht es durch Inhalt wett. Trotz zweidimensionaler Darstellung ist die Welt an sich dreidimensional und ihr könnt die verschiedenen Höhenebenen durchschalten. Diese werden auch für hochkomplexe Simulationen benötigt. Bauen eure Zwerge ihre Räume zu groß ohne sie abzustützen, kann die Decke einbrechen. Wenn das Gewicht durch das eingestürzte Dach zu groß wird, kann sogar die darunterliegende Ebene einbrechen. Graben wir versehentlich eine unterirdische Wasser-Ader an, simuliert das Spiel den Fluss des Wasser realistischer als viele teure Produktionen im dreidimensionalen Raum.
Allein die Generierung der Welt zu Beginn eines neuen Spielstandes kann, je nach Größe der Welt und Länge der zu simulierenden Historie, sogar mehrere Minuten oder gar Stunden dauern. Hierbei erstellt das Spiel eine realistische Welt mit verschiedenen Klimazonen, bevölkert sie mit ersten Völkern und simuliert schließlich den zuvor bestimmten Umfang an Geschichte mit dem Aufbau und Fall großer Zivilisationen, mit Krieg, legendären Helden und ihren epischen Waffen.
Losing is fun – Die Freude am Scheitern
Das Spiel vergibt kaum Fehler:
- Du lässt deine Zwerge zu tief bauen, dass irgendwelche Schrecken aus der Tiefe emporkriechen? Game Over!
- Du bietest elfischen Händlern Waren aus Holz an und entfachst damit einen Krieg? Game Over!
- Die Hauskatze eines Zwergen stirbt, der plötzlich völlig durchdreht und die Axt gegen seine Mitzwerge schwingt? Game Over!
Das Spiel bietet unzählige Möglichkeiten seine Zwergenstadt gegen die Wand zu fahren und früher oder später wird sie auch untergehen. Mit genug Frustresistenz entstehen aber gerade dadurch die erinnerungswürdigsten Geschichten. Nicht umsonst ist der beliebteste Spruch der Dwarf Fortress-Spieler „Losing is fun“ – Verlieren macht Spaß.
Neben dem Festungsmodus gibt es allerdings auch noch einen Abenteuermodus, in dem ihr einen einzelnen Helden spielt. Aus der Aufbausimulation wird plötzlich ein Rogue-like-Rollenspiel. Spielt ihr in der gleichen Welt wie im Fortress-Modus könnt ihr sogar die Ruinen eurer verlorenen Festungen erkunden und von Monstern befreien.
Dwarf Fortress auf Steam zugänglicher?
Der Originallook des Spiels ist nicht einladend, die Bedienung eine Katastrophe und die Lernkurve ist eher eine Lern-Wand, die sich ohne Video-Tutorials als Neueinsteiger kaum erklimmen lässt.
Für die Steam-Version wird sich zumindest an der Optik einiges bessern. In Zusammenarbeit mit Kitfox Games, insbesondere Tanya X. Short, bekommt das Spiel ein neues Gewand. Mike Mayday und Meph, die bereits seit Jahren Grafikmods fürs Spiel erstellen, sorgen für die neue Optik. Auch der Audio-Bereich soll für den Steam-Release aufpoliert werden. Wenn jetzt noch eine etwas bessere Unterstützung der Maus als Eingabegerät kommt, lässt sich mit der Steam-Version sicherlich eine größere Spielerschaft ansprechen.
Geld für Medikamente
Der Grund, das Spiel auf Steam zu veröffentlichen ist leider ein etwas ernsterer. Auf ihrer Patreon-Seite erklären die beiden Brüder, dass Zach schon seit Jahren sehr teure Medikamente nehmen muss und auch allgemein größere Gesundheitsrisiken in der Familie bestehen. Mit dem zusätzlichen Release auf Steam möchten die Brüder mehr finanzielle Sicherheit für ihr medizinische Versorgung erreichen.
Nutzer der kostenlosen Version können allerdings aufatmen. Dwarf Fortress Classic wird weiterhin alle neuen Features bekommen. Die Steam Version bietet vor allem eine hübschere Optik, besseres Audio und die Integration des Steam Workshops.
Image by Bay 12 Games / Kitfox Games
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Schlagwörter: Aufbauspiel, Bay 12 Games, Dwarf Fortress, Indiespiel, Kitfox Games, Rimworld, Simulation, Steam