Bis vor Kurzem war das „Investor-State Dispute Settlement System“ (ISDS) Bestandteil der TTIP-Verhandlungen – ein vor allem für die EU strategisches Desaster. Eigentlich wurde das ISDS entwickelt um zu sicher zu stellen, dass institutionell und rechtlich schwächer gestellte Länder, internationalen Investoren ein bestimmtes Maß an rechtlicher Sicherheit bieten. Trotzdem haben sich im Laufe der Zeit die unabhängigen und Debatten bestimmenden Tribunale mit einem juristischen Aktivismus eingebracht, der kaum zu fassen ist. Legitimierte Entscheidungen von demokratischen Regierungen werden geblockt und sogar Kosten von Staaten eingefordert, die vor Gericht gegen ungerechtfertigte Klagen gewonnen haben.
Wen soll ISDS eigentlich vor wem schützen?
In einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung zu den Verhandlungen des Freihandelsabkommen zwischen der USA und der EU (TTIP), hat die EU-Kommission erklärt, dass das ISDS notwendig sei, um Investoren zu schützen, da ausländische „Regierung möglicherweise das Eigentum des Unternehmens beschlagnahmen könnten ohne sie vorher zu entschädigen, lokalen Geschäften einen ungerechtfertigten Vorteil geben oder ausländische Unternehmen vom Rechtsweg ausschließen„. Unklar bleibt dabei, ob Investoren aus den USA von der europäischen Justiz oder umgekehrt geschützt werden müssen.
Es erscheint unwahrscheinlich, dass das US-amerikanische Gerichtssystem in naher Zukunft zusammen bricht und so verschwindet auch das wesentliche Argument für das ISDS, so lange zumindest die EU betroffen ist (und umgekehrt). Auf der anderen Seite sind US-amerikanische Unternehmen für ihre Streitsucht bekannt. Dies führt zur Annahme, dass EU-Regierungen unweigerlich unter vermehrten Rechtsstreitigkeiten leiden müssen, wenn das ISDS im TTIP erfasst wird. Dazu kommt Druck ausübende Lobbyarbeit auf die Regierungen, falls Unternehmen durch geplante und zu verabschiedende Gesetzesentwürfe Rechtsstreit droht.
Problematik wird bis nach den Wahlen verschoben
Was die Europäische Kommission also nicht braucht, ist, dass das ISDS bei den europäischen Parlamentswahlen im Mai zum großen Thema wird. In den so genannten „Zivilgesellschaft“-Treffen (die überwiegend mit Vertretern der Industrie besetzt sind), war es EU-Kommissionsmitgliedern nicht möglich, ein Argument für ISDS zu finden. Stattdessen wurde versucht zu erklären, dass Gefahren vermieden werden würden. Es ist deutlich, auch für die EU-Kommission, dass dieser Antrag Kosten aber keine Vorteile verursacht.
Deswegen hat sich die EU-Kommission für die Strategie entschieden, das Problem bis nach den Parlamentswahlen nicht zu behandeln. Die EU-Kommission hat erklärt, dass zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt, eine „Konsultation“ stattfinden wird, die unbeachtete Aspekte des ISDS behandelt, obwohl die Kommission ja selbst davon überzeugt ist, dass diese Regulierung gut sei.
Dieser Beitrag von Bogdan Manolea (unter Mitwirkung von Joe McNamee) ist zuerst im EDRi-Newsletter vom 29.01.2014 erschienen und steht unter der Creative Commons Namensnennung 3.0 (CC BY 3.0). Der Artikel wurde übersetzt von Janina Gera.
Image (adapted) “bildtitel“ by 4nitsirk (CC BY-SA 2.0)
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Schlagwörter: EU, Europäische Kommission, Freihandelsabkommen, ISDS, TAFTA, TTIP, USA