Elektronische Musik: Die wichtigsten Meilensteine

In der digitalen elektronischen Musik werden alle Klänge synthetisch erzeugt. Doch war dies nicht immer so. Trotzdem war man in der Musik schon weit fortgeschritten, als die Digitalisierung von Fernsehen und Radio noch in den Kinderschuhen steckte. Weit verbreitet ist die Meinung, die elektronische Musik stamme aus den 1980er- und 1990er-Jahren. Doch eigentlich ist sie um einiges älter. Hier stellen wir die wichtigsten Meilensteine vor, die als Vorläufer der heutigen elektronischen Musik gelten.

Die Anfänge der elektronischen Musik

Heute gehört die elektronische Musik zu unserem Alltag. Wann immer wir Piano- oder Gitarrenklänge hören, nehmen wir diese als „natürlich“ wahr. Doch in Wahrheit werden viele dieser Klänge digital erzeugt – von dem eigentlichen Instrument ist hier keine Spur vorhanden. Das Fundament der elektronischen Musik bilden die technischen Neuerungen des frühen 20. Jahrhunderts. Die Erfindung von Grammophon und Phonograph bedeutete, dass Klänge nun aufgenommen, gespeichert und nach Belieben bearbeitet werden konnten. Der französische Komponist Pierre Schaeffer entwickelte Ende der 1940er-Jahre die sogenannte „Musique concrète“. Dafür nahm er Alltagsgeräusche auf Schallplatten auf, die er anschließend abmischte. Später war es Karlheinz Stockhausen, der maßgeblich an der Entwicklung der elektronischen Musik beteiligt war. Seine mathematisch präzise Vorgehensweise hatte großen Einfluss auf spätere Techno-Produzenten.

Theremin

Ein Instrument, das berührungslos gespielt wird: 1920 war das Theremin eine Sensation. Das von dem russischen Erfinder Leon Theremin entwickelte und nach ihm benannte Instrument besteht aus zwei Elektroden, wobei eine für die Höhe und die andere für die Lautstärke des jeweiligen Tones verantwortlich ist. Die Position der Hände steuert Höhe und Lautstärke. Die Variation der Tonhöhe ist besonders fein und erfolgt ohne Hindernisse. Somit ist eine kontinuierliche Veränderung der Tonhöhe möglich, was vor allem für Science-Fiction-Filme geeignet ist. In den ersten Jahren nach seiner Erfindung sorgte das Theremin für Furore, geriet jedoch bald in Vergessenheit. 1949 baute der Erfinder Robert Moog dann sein erstes Theremin, aus dem er den Moog-Synthesizer entwickelte.

Hammondorgel

Eigentlich sollte die von Laurens Hammond erfundene Orgel eine preisgünstige Alternative zur herkömmlichen Pfeifenorgel darstellen und in Kirchen stehen. Doch die Hammondorgel fand zunächst im Jazz und später auch in anderen Genres der Unterhaltungsmusik Einsatz. Angetrieben wird die Hammondorgel von einem Synchronmotor, der bis dahin nur dem Antrieb von Präzisionsuhren gedient hatte. Der Motor treibt mehr als 90 Tonräder an, die unzählige Varianten von Klangbildern erzeugen können. Der große Vorteil der Hammondorgel besteht nicht nur in ihrem klanglichen Reichtum, sondern auch darin, dass sie problemlos zu transportieren ist – ganz im Gegensatz zur herkömmlichen Kirchenorgel.

E-Gitarre und E-Bass

Die E-Gitarre und mit ihr auch der E-Bass lösten eine musikalische Revolution aus – man denke bloß an Bob Dylan und seinen Auftritt auf dem Newport Folk Festival. Dabei war es eigentlich der Tonabnehmer, der diese Revolution überhaupt möglich machte. Tonabnehmer sind drahtumwickelte Magneten, die die Schwingungen stählerner Saiten in elektrische Impulse umwandeln. Die Erfindung des Tonabnehmers haben wir dem Gitarristen George Beauchamp zu verdanken. Als Tüftler zerlegte er den Plattenspieler und machte sich dessen Tonabnehmer zunutze. Danach baute er eine Gitarre mit massivem Korpus, brachte den Tonabnehmer auf dem Korpus an und verband das Ganze mit einem Lautsprecher.

Im Laufe der Jahrzehnte wurden die technischen Möglichkeiten der E-Gitarre, des E-Basses und der damit einhergehenden Technik immer kühner. Heute steht Gitarristen und Bassisten eine Vielfalt an Spezialeffekten zur Verfügung, um den Klang ihres Instruments nach Belieben zu ändern.

Man spielt auf einer E-Gitarre
Der Tonabnehmer für die Gitarre löste eine musikalische Revolution aus. Die E-Gitarre und der E-Bass ist heute nicht mehr aus der Musik wegzudenken. Image via stock.adobe.com © paulo sousa/EyeEm

 

 

Der Moog-Synthesizer

Der Physiker, Erfinder und Unternehmer Robert Moog hatte sich von dem Theremin inspirieren lassen. 1961 begann er, Theremins herzustellen. Zwei Jahre später erhielt er ein Stipendium für den Bau eines neuen Instruments. Aus diesem sollte der legendäre Moog-Synthesizer werden. Ganz neu war das Konzept jedoch nicht. Synthesizer können eine große Bandbreite an Klängen erzeugen und tragen zu einem dichten Klangteppich bei. Die ersten Moog-Synthesizer zeichneten sich durch ihre beträchtliche Größe und ihr ebenso großes Gewicht aus. 1970 änderte sich dies: Die Stunde des Mini-Moog hatte geschlagen. Der Klang des Synthesizers beeinflusste eine ganze Reihe von Musikern und Bands. Heute gilt der Mini-Moog als legendär. Er wurde vielfach nachgeahmt und in den Jahren 2016 und 2017 neu aufgelegt.

Die CD: der Weg in die digitale Welt

Während man in der Musikwelt immer mehr auf elektronische Kanäle setzte, wurde die Musik jedoch nach wie vor auf analogen Medien gespeichert. Bereits in den 1970er-Jahren wurden erste Versuche unternommen, Musik optisch zu speichern. Allerdings mussten die Mechanismen, mithilfe derer man analoge in digitale Signale und wieder zurückverwandeln kann, noch erfunden werden. Die Unternehmen Sony und Philips entpuppten sich als Pioniere auf diesem Gebiet. Beide entwickelten einen scheibenförmigen Tonträger, der per Laser abgetastet werden konnte. Allerdings waren diese Tonträger viel zu groß. Auch ihre Kapazität, rund 12 Stunden Musik zu speichern, war viel zu groß. Man war sich einig: Es musste etwas Kompakteres her. 1980 war es endlich so weit. Die CD (Compact Disc) mit einem Durchmesser von 120 Millimetern und einer Spieldauer von 74 Minuten startete ihren Siegeszug um die Welt.

Mehrere CDs, die wahllos übereinander liegen.
Mit der CD konnte Musik erstmals auch digital auf einem optischen Medium gespeichert werden. Image via stock.adobe.com © Thorben Wengert

MP3: Musmanns Meilenstein

Die CD war zwar eine bahnbrechende Erfindung, doch handelte es sich auch bei ihr um ein physisches Medium, auf dem Musik gespeichert werden konnte. Der am Fraunhofer-Institut angestellte Elektrotechniker Hans-Georg Musmann machte es sich zum Auftrag, ein besonderes digitales Datenformat zu entwickeln. Es sollte sich die Eigenschaft des menschlichen Gehörs zunutze machen, bestimmte Frequenzen zu ignorieren, wenn andere Frequenzen gleichzeitig erklingen. Ziel der Aufgabe war, Musik auf möglichst wenig Speicherplatz unterzubringen. Die Schwierigkeit bestand darin, sich nur derjenigen Frequenzen zu entledigen, die vom menschlichen Gehör tatsächlich nicht wahrgenommen werden können. 1991 wurde die Erfindung der Welt präsentiert. Sie nannte sich MPEG-1 Audio Layer III und wurde erst vier Jahre später in das uns geläufige mp3 umbenannt.

MIDI

Eigentlich sollte das MIDI-Protokoll die Kommunikation von Synthesizern verschiedener Hersteller ermöglichen. So konnte von einem Synthesizer aus, ein weiterer Synthesizer angesteuert werden. Dank dieses Verfahrens erhöhten sich die Einsatzmöglichkeiten eines Synthesizers massiv. MIDI-Schnittstellen wurden bald zum Standard in der Musikindustrie. Der Einsatz von Computern brachte neue Möglichkeiten mit sich: Man konnte Musikstücke erstellen, ohne ein Musikinstrument beherrschen zu müssen.

Fazit

Von Bachs wohltemperiertem Klavier über das Theremin bis hin zu den Keyboards unserer Zeit: Technische Innovationen haben die Musikwelt von Grund auf verändert. Oftmals waren es einfache Lösungen, die zu einer wahrhaften klanglichen Revolution führten, wie es beispielsweise bei der Erfindung der E-Gitarre der Fall war. Auf einmal erschienen die Möglichkeiten endlos: Man konnte nach Belieben Klänge erzeugen, von denen man bis dahin nur hätte träumen können. Außerdem war es nicht mehr erforderlich, ein Instrument zu beherrschen, um Musik zu machen. Auch das Speichern von Musik änderte sich, sodass keine physischen Medien mehr nötig waren. Interessanterweise hat sich in der letzten Zeit die Haltung digitalen Tonträgern gegenüber verändert: Schallplatten feiern seit mehreren Jahren ein unerwartetes Comeback.


Image stock.adobe.com © Tomasz Zajda


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