Katrin Viertel von medienlotse.com beantwortet Fragen rund ums Thema Erziehung und digitale Medien. Heute geht es ums Musikfernsehen. Ist das ein harmloser Spaß oder ein für Kinder und Jugendliche ungeeignetes Programm?
Frage:
Meine Tochter ist 13 Jahre alt, Musik und Stars bedeuten ihr alles. Am liebsten guckt sie Musikfernsehen. MTV empfangen wir nicht mehr, seitdem dröhnt fast pausenlos VIVA durchs Wohnzimmer. Ist Musikfernsehen ein harmloser Spaß oder sollte ich auch das Gucken von Videos begrenzen?
Antwort:
Ob MTV, das seit Anfang des Jahres tatsächlich nur noch im Bezahlfernsehen sendet, oder VIVA – das Programm unterscheidet sich nicht wesentlich. Beide Sender gehören – wie übrigens auch Comedy Central Deutschland und Nickelodeon Deutschland – zum großen Viacom Konzern. Manche Sendungen, wie zum Beispiel „SpongeBob“, kann man auf mehreren Viacom-Sendern sehen.
Musikvideos, wie Ihre Tochter sie liebt, sind wie jedes andere Medienprodukt eine Darstellung inszenierter Wirklichkeit zu einem bestimmten Zweck. Deshalb kann man den unreflektierten und übermäßigen Konsum auch hier nicht empfehlen. Da Berühmt- und Schönsein im Moment offenbar wichtige Themen für Ihre Tochter sind, sollten Sie die Inszenierungen hinterfragen, am besten mit ihr gemeinsam. Prüfen Sie doch einmal kritisch die Menge von verzerrten Darstellungen der Geschlechterrollen oder jene der unangemessenen Schönheitsideale, die Ihrer Tochter im Fernsehen begegnen. Am wirkungsvollsten wird das, wenn Sie die Lieblingssendungen oder -Videos ihrer Tochter aufzeichnen und immer, wenn Sie eine solche Darstellung sehen, den Film kurz anhalten. Das funktioniert auch bei Zeitschriften: eine Collage, zusammengestellt aus all dem Künstlichen, das dort gezeigt wird – das gibt eine schöne, am Ende aber doch entlarvende, beinahe erschreckende Schnipselei.
Das ist jedoch nur ein kritischer Aspekt. Der andere ist, dass im Musikfernsehen neben den Musikvideos auch andere Sendungen im Programm sind, die für Kinder und Jugendliche völlig ungeeignet sind. Sex und Dating stehen häufig im Mittelpunkt, wobei auch hier die Menschen auf ihr Äußeres reduziert werden, zum Beispiel in „Undateable“. Gewalthaltige Sendungen wie die Reality-Action-Trash Sendung „Jackass“ laufen ebenso wie Programme, in denen Menschen andere bewusst hintergehen und vorführen wie „Pranked“ (zu deutsch: „Reingelegt“) oder „Rude Tube“. Befragungen von Kindern haben ergeben, dass auch Kinder es nicht schätzen, dass diese Programme in „ihrem“ Musikfernsehen laufen. Da hilft wirklich nur: Abschalten.
Die stark sexualisierten und häufig auch gewalthaltigen Darstellungen in den Musikvideos bleiben ein Problem. Eine Lösung könnte darin bestehen, dass Sie zunächst in Absprache mit Ihrer Tochter die Zeit begrenzen, die sie täglich mit Musikvideos verbringen darf. Zweitens sollten Sie vereinbaren, dass sie beide – zumindest ab und zu – gemeinsam Clips anschauen und darüber reden, was da tatsächlich gezeigt wird. Und als Drittes könnten Sie ein festes Budget vereinbaren, für das Ihre Tochter wöchentlich oder monatlich die aktuellen Hits im Netz einkaufen kann. So kann sie die Musik hören, die sie liebt, ohne den Bildern ausgeliefert zu sein.
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Schlagwörter: Eltern, Internet, Kinder, Musikfernsehen