Ist es fair, dass Facebook den freien Internetzugang limitiert?

Internetunternehmen wie Facebook bringen Internet in bisher nicht vernetzte Gebiete, doch dort bestimmen sie dann, was Internet bedeutet und was nicht. // von Arjuna Sathiaseelan

Facebook vs. Netzneutralität – Oder? (Bild: Edar [CC0], via Pixabay)

Trotz der Bedeutung des Internets für die heutige Gesellschaft sind laut einer Studie der ITU nur 42 Prozent der Weltbevölkerung online. Also bleiben 4,3 Milliarden Menschen ohne Internetzugang, von denen 90 Prozent in Entwicklungsländern leben. Viele Nationen in Afrika, Asien und Lateinamerika haben mit die niedrigsten Internetnutzerraten und hierbei sind schon verschiedene Hürden mit einberechnet wie Erschwinglichkeit und eine fehlende Infrastruktur, außerdem wird hier das Internet als weniger wichtig wahrgenommen. Sprachliche Hindernisse tun ihr Übriges dazu.

Historisch gesehen nimmt die weltweite Internetnutzung jedes Jahr um etwa 2 bis 3 Prozent zu. Wenn dieser langsame Trend so weitergeht, wird die Informationsgesellschaft noch einige Jahre lang deutlich aufgeteilt sein – die Menschen mit Internetzugang werden weiterhin die Vorteile des Internet genießen, beispielsweise bezogen auf einen besseren Zugang zu Gesundheitsversorgung, Arbeitsplätzen, Wissen und einer allgemein besser vernetzen Gesellschaft, während die Menschen ohne diesen Zugang außen vor bleiben. Es ist wichtig, dass wir dieses Wachstum beschleunigen – keinen Internetzugang zu haben, ist mittlerweile zu einem grundlegenden Problem geworden. Sogar die UNO hat den Zugang zum Internet zum Menschenrecht erklärt.

Im Bewusstsein der Notwendigkeit zur Bereitstellung von Sozialleistungen („corporate social responsibility“, d.h. soziale Verantwortung der Unternehmen) , aber auch wegen des ungenutzten Potentials, das der Markt in den Schwellenländern beinhaltet, haben Firmen wie Google oder Facebook ihr Glück versucht, indem sie in den Entwicklungsregionen in Zusammenarbeit mit Mobilfunkfirmen einen bezahlbaren Internetzugang angeboten haben.

Im Jahr 2013 startete Facebook eine Kampagne namens Internet.org mit dem Wahlspruch: „Vernetzen wir die nächsten drei Milliarden!“ Tatsächlich hat Facebook seit 2010 kostenlose Plattformen in vielen Länder Afrikas eingerichtet (dies war eine Initiative, die lange vor dem Arbeitskreis von Internet.org veröffentlicht wurde) und die sich jetzt auf den Markt in Lateinamerika hinüberwagt, dies geschieht hier auch mit einem kostenlosen Zugang in Kolumbien. Mit anderen Worten, die Nutzer können Facebook und ein paar andere ausgewählte Dienste – und nur diese – kostenlos nutzen, ohne jegliche Gebühren für den aufkommenden Datenverkehr zahlen zu müssen.

Die Telekommunikationsunternehmen sehen dies als eine Möglichkeit, um neue Kunden anwerben zu können, die bisher davor zurückgeschreckt waren, einen Datentarif abzuschließen. Kunden könnten die Vorteile zu schätzen lernen und sich schlussendlich doch anmelden. Internetfimen wie Facebook oder Google drängen mit ihren werbegespickten Internetplattformen ebenfalls auf neue Kunden.

Das Paket, das Facebook mit seinem freien Zugang anbietet, beinhaltet noch andere nützliche Dienstleitungen wie News, Jobs und Gesundheitsinformationen. Aber obwohl es ein guter erster Schritt sein dürfte, dass Internet denen zur Verfügung zu stellen, die es sich nicht leisten können, gibt es noch immer Zweifel daran, ob dies wirklich so sinnvoll oder gerecht ist.

Die Vorteile sind umstritten, angesichts dessen, dass der Zugang nur zu bestimmten Diensten kostenlos ist, die Teil des „umfriedeten Gartens“ von Facebook sind, gleichzeitig verkauft man aber die Neuankömmlinge an das Internet. Nichtsdestotrotz ist Facebook voll von Links zu externen Inhalten, bei dem die Nutzer einen Schritt nach außen tun müssen und so Datenverkehr erzielen.

Es stellt sich also die Frage, ob es einem Serviceprovider möglich ist, eine Option einzubauen, um diesem kostenlos zugänglichen Ökosystem per Zustimmung beitreten zu können. Wenn Facebook dieses System allein anführt, kann es strenge Regeln für alle Mitbewerber diktieren, wenn es überhaupt welche erlaubt. Es gibt eine zunehmende Skepsis gegenüber kostenlosen Plattformen, die von einer einzigen Organisation oder Firma betrieben werden, und ob diese die richtige Herangehensweise bieten, um das Problem der Bereitstellung eines kostenlosen Internetzugangs lösen zu können.

Andere Kritiken kommen von Puristen der Netzneutralität. Diese vertreten die Meinung, der gesamte Datenverkehr sollte gleich behandelt werden. Ihre Sorge ist, dass die Netzwerkanbieter eventuell bestimmte Anwendungen oder Dienstleistungen bevorzugen – dies könnte einen ungerechten Marktvorteil für größere Netzbetreiber bedeuten, während kleinere Firmen ausgeschlossen würden. Sicherlich mag dies bei bestimmten westlichen Telekommunikationsdienstleistern im Westen der Fall sein, aber es muss noch überprüft werden, ob dies auch für die aufstebenden Schwellenländer gilt, wo vor allem zunächst eine kleinere Wettbewerbsdimension entsteht.

Wenn überhaupt, dann leiden diese Unternhmen unter einem örtlichen Monopol oder Oligopol und einem Mangel an Konkurrenz – ein Hauptgrund für die überteuerten Internetzugangskosten. Diese Mittel anzubieten, bedeutet nun, dass neue Firmen auf faire Weise am Markt teilhaben können, was zu einem neuen Umfeld führt und letztendlich die Kosten reduziert – aber dies setzt vor allem eine bessere Regulierung voraus.

Ungeachtet jeglicher Kritik scheint Facebook einen Nerv getroffen zu haben – so haben sich innerhalb eines Monats über 100 Millionen afrikanische User bei Facebook angemeldet. Davon nutzen rund 80 Prozent den Internetzugang ihres Mobiltelefons. Es ist bei weitem noch nicht perfekt, aber es scheint zu funktionieren.

Zuerst erschienen auf theconversation.com und steht unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung von Anne Jerratsch.


Teaser & Image by Edar (CC0)


ist Senior Research Associate am Computerlabor der Universität Cambridge. Er leitet das Netzwerk für Entwicklung (N4D Lab) und forscht zu neuen, preiswerten Zugriffsmethoden, welche preiswerte Internet-Konnektivität ermöglichen, um soziale Inklusion zu unterstützen.


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