Dank Smartphone-Apps und Videobrillen erstellen selbst Einsteiger in wenigen Minuten Luftaufnahmen mit Drohnen. Unser Selbsttest hat das eindrucksvoll gezeigt. Doch das Fliegen von Drohnen ist komplexer als nur eine App mit Fingergesten zu bedienen. Wir haben mit Joseph Metz vom Drohnenbranchen-Portal U-ROB darüber gesprochen, was Einsteiger vor dem Kauf und während des Flugs beachten sollten.
Hallo Herr Metz, Sie leiten Schulungen für Drohnenpiloten. Warum ist es keine gute Idee einfach so loszulegen?
Es reicht nicht, nur den Automatik-Modus zu beherrschen. Dank GPS fliegen Drohnen automatisch stabil und verhindern Fehlbedienungen. Ein Problem haben unerfahrene Piloten dann, wenn doch ein Hilfssystem ausfällt und eine manuelle Steuerung nötig ist. Das führt oft zur Bruchlandung. Weil die Automatik in 99,9 Prozent aller Fälle funktioniert, wiegen sich die Anwender in trügerischer Sicherheit. Es ist heutzutage üblich, dass man neue Technik intuitiv ausprobiert. In anderen Bereichen funktioniert das ja auch so. Aber Drohen sind kein Spielzeug, sondern Flugobjekte, die erheblichen Schaden anrichten können.
Was sind typische Anfängerfehler?
Waren die ersten Flugversuche erfolgreich, verlassen sich viele Neupiloten auf die Flugautomatik und konzentrieren sich stattdessen auf den Monitor mit dem Kamerabild. Dabei bemerken sie dann vor lauter Begeisterung zu spät, wenn die Drohne in einen Baum rauscht.
In anderen Fällen wissen Einsteiger nicht, dass der Kompass-Sensor durch die Karosserie von parkenden Autos, Gullideckel, Mobilfunkmasten oder Bewehrungsstahl in Mauern leicht gestört werden kann. Das bringt dann die Schwebeflug-Automatik durcheinander. Möchte dann jemand einen Image-Film von einem Firmengebäude filmen oder als Handwerker das Dach inspizieren, besteht Absturzgefahr. Können Piloten Störfaktoren vorab einschätzen und wissen sie, wie man manuell fliegt, gibt es kein Problem.
Ist es möglich, sich auch ohne Schulung autodidaktisch schlau zu machen?
Wenn Sie wollen, können sie sich tagelang im Web tiefgehendes Wissen über Luftrecht, technische Grundlagen und Störfaktoren anlesen. Wer nur gerade so das Geld für einen Drohnenkauf zusammenbekommen hat und sich keinen Workshop leisten möchte, soll sich lieber dort informieren, als völlig unbedarft loszufliegen. Viele Foren bieten auch durchaus wertvolle Tipps. Aber wie so oft sind sie gleichzeitig auch voll von technischen und rechtlichen Fehlinformationen, die lange Zeit oder nie richtiggestellt werden. Gefährliches Halbwissen eben. Fast täglich stoße ich darauf.
Welche Quellen empfehlen Sie fürs Selbststudium?
Mit einer kurzen Suche findet man bei YouTube diverse Kanäle, die Hardware vorstellen. Beim Abwägen von Kaufentscheidungen sind sie hilfreich. Viele der mir bekannten Betreiber leisten sich aber Schnitzer im Luftrecht. Rechtlich sauber und verbindlich ist eine Broschüre des Bundesverkehrsministeriums.
Welche luftrechtlichen Grundsätze sollten Anfänger beherzigen?
Generell dürfen Drohnen nur tagsüber, also von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang aufsteigen. Langzeitbelichtungen in der Nacht sehen zwar toll aus, sind aber illegal. Fliegt die Drohne außerhalb eines Modellflugplatzes? Dann bitte nur unter 5 Kilo Abfluggewicht. Aber das trifft auf die meisten handelsüblichen Produkte zu.
Bei gewerblichen Einsätzen ist eine Flughöhe von bis zu 100 Metern erlaubt, per Sondergenehmigung geht es auch höher hinaus. Für Freizeitpiloten ist der Luftraum sogar in bis zu 760 Metern Höhe unkontrolliert. Das ist aber nur ein theoretischer Wert. Denn Drohnenpiloten sind verpflichtet, nur in Sichtweite zu manövrieren. Sie müssen Lage und Flugrichtung eindeutig erkennen können. In der Praxis gelingt das mit kleinen, handelsüblichen Drohnen niemanden jenseits von 100 Metern Entfernung.
Wer Drohnen kommerziell einsetzt, also etwa für gewerbliche Filmaufnahmen, braucht eine Aufstiegserlaubnis. Wo es die gibt, hängt vom Bundesland ab. Hier helfen die Broschüre des Bundesverkehrsministeriums und meine Themenseite auf U-ROB weiter.
Brauche ich auch als gelegentlicher Freizeitpilot eine Haftpflichtversicherung?
Einen Versicherungsschutz brauchen Drohnenpiloten immer! Ob privater oder gewerblicher Einsatz – das spielt keine Rolle. Kommt es hart auf hart, sind Schäden oft viel kostspieliger als bei einem Autounfall mit Blechschaden. Das möchte niemand aus eigener Tasche zahlen! Viele der vorhandenen Versicherungspolicen regulieren Schäden durch Modellflüge nur eingeschränkt oder gar nicht. Dies sollte man erfragen und im Zweifelsfall eine Zusatzversicherung abschließen. Für private Zwecke kostet eine Police zwischen 30 und 50 Euro im Jahr, gewerbliche Piloten zahlen nochmals 100 Euro drauf.
Wo sollte ich lieber nicht fliegen?
Es gibt generelle Flugverbotszonen, zum Beispiel rund um Flughäfen und -plätze, Militärstützpunkten und Kernkraftwerken. Als Faustregel gilt ein Abstand von 1,5 Kilometern. Selbst in einem größeren Abstand etwa zu einem Verkehrsflugplatz kann die Flughöhe auf 30 oder 50 Meter begrenzt sein. Rechtlich verbindlich sind Karten auf der Webseite der Deutschen Flugsicherung. Zusätzlich gibt es kurzzeitige Flugverbotszonen, die in diesen Karten nicht verzeichnet sind. Zum Beispiel wurde beim Obama-Besuch 2016 der Luftraum in einem Radius von 55 Kilometern um Hannover gesperrt. Einige Drohnenpiloten wussten das nicht und wurden festgenommen. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Stolperfallen. Fast keiner weiß, dass er etwa nicht über den Rhein fliegen darf, weil es sich um eine Bundeswasserstraße handelt.
Wie vorsichtig muss ich rund um fremde Privatgrundstücke sein?
Schwieriges Thema, das ist eine rechtliche Grauzone. Es ist nicht definiert, in welcher Höhe ein Grundstückseigentümer Überflüge oder Flüge in der Nähe dulden muss. Liegt ein kommerzieller Film- oder Fotoauftrag in der Nachbarschaft vor, sind Drohnenflüge legitim. Ein grundsätzliches Verbot oder eine Genehmigungspflicht gibt es nicht. Aber: Fühlt sich ein Anwohner durch Lärm oder in seiner Privatsphäre gestört fühlt, gewichten Gerichte dessen Persönlichkeitsrecht mitunter höher. Allein um des lieben Friedens willen sollten Piloten daher vor dem Drohnenstart das Gespräch suchen. Spätestens anhand solcher Beispiele erkennt man, wie komplex das Luftrecht ist – auch für Freizeitpiloten.
Ist Fliegen doch nicht so einfach, wie es die Werbeaussagen von Drohnenherstellern á la „Anyone can fly“ suggerieren?
Solche Werbeaussagen zeichnen nicht das ganze Bild. Natürlich kann jeder dank Hilfssystemen innerhalb weniger Minuten abheben. Schon aus Eigeninteresse speichern die Hersteller auch Flugverbotszonen in das Kartenmaterial der Drohnen. Das geschieht aber manchmal halbherzig. Mir ist ein Modell bekannt, mit dem man praktisch bis auf die Landebahn eines großen deutschen Flughafens vordringen konnte, bevor die Sperre griff. Nur wer sich als Pilot selbst mit dem Luftrecht auskennt, geht auf Nummer sicher und macht sich im Zweifel nicht strafbar.
Worauf sollten Einsteiger beim Drohnenkauf achten?
Zuallererst sollten sie nicht am falschen Ende sparen. Empfehlenswerte Freizeitmodelle gibt es ab 300 Euro, Profi-Drohnen ab rund 1000 Euro. Die Hardware-Daten sind häufig ebenbürtig, daher fällt die Wahl oft auf das scheinbar preiswertere Angebot. Hundert Euro Ersparnis sind aber ein schwacher Trost, wenn fehlerhafte Software zu Abstürzen führen kann. Ich habe selbst schon bei einer Drohne eines führenden Herstellers erlebt, dass sie beim Wechsel von Automatik zu manueller Steuerung eine falsche GPS-Position annahm und mit Vollgas in die falsche Richtung flog. Viele Produkte stecken voller Kinderkrankheiten. Einsteiger legen sie dann schnell unglücklich beiseite.
Wie kann ich als Käufer schlecht programmierte Drohnen erkennen?
Das kann man auf dem Papier nicht ablesen. Gerade für Einsteiger ist es tatsächlich noch schwer, diesen jungen Markt zu Überblicken. Verlässliche Referenzlösungen gibt es nicht. Die Online-Shops quellen über vor billigen Nachbauten. Auch die Infrastruktur für Beratung, Handel und Service ist erst im Aufbau. Modellbauhändler und Elektronikmärkte haben in der Regel noch zu wenig Know-how. Eine eigene Webrecherche auf einschlägigen Testseiten ist unverzichtbar. Im Idealfall finden Interessierte bereits einen spezialisierten Händler oder erfahrenen Drohnenpiloten in der Region, die Testflüge ermöglichen.
Kann die Drohnenfliegerei vor diesem Hintergrund überhaupt ein massentaugliches Thema werden?
Zivile Drohnen sind ja schon ein Milliardenmarkt. Den notwendigen Sprung in der technologischen Entwicklung haben wir hinter uns. Wir sind jetzt in einer Phase von inkrementellen Innovationen. Alles wird noch ausgereifter. Ich gehe auch davon aus, dass die Zahl der Hobbyflieger nicht mehr stark wachsen wird. Es ist ein Thema für gewerbliche Anwender, die heutzutage für Luftaufnahmen oder Spezialmessungen für die Anschaffung der Drohne nur noch ein Zehntel dessen ausgeben müssen, was vor ein paar Jahren anfiel.
Für wen lohnen sich Kameradrohnen?
Dachdecker und andere Handwerker sind eine sehr große Zielgruppe. Mit Drohnen können sie Dächer prüfen, ohne auf einer Leiter hochzuklettern. Landvermesser, Inspekteure von Brücken und Hochspannnungsleitungen sowie Landwirte sind eine kleine, aber wachsende Kundschaft. Bildjournalisten sehen Kameradrohnen natürlich auch immer öfter als Arbeitswerkzeug, weil sie keine Cessna-Piloten mehr beauftragen müssen.
Was muss ich als Journalist oder Blogger investieren, um fit in der Drohnenfliegerei zu werden?
Rund 2.500 Euro sind eine übliche Größenordnung für die Erstausrüstung inklusive Zubehör. Etwa 20 bis 25 Flugstunden Trainingspensum sollte man mindestens einplanen. Dann hat man genügend Grundroutine, um einfache Aufträge zu absolvieren. Richtig gute Filmaufnahmen setzen aber viel mehr Übung und Know-how voraus. Das ist ein Thema für sich.
Danke für das Gespräch.
Über den Experten
Joseph Metz schult Drohnenpiloten, vertreibt und repariert Drohnen und informiert rund um das Thema auf seiner Webseite U-ROB. Das Thema fasziniert ihn seit 13 Jahren. Sein Quereinsteiger-Werdegang ist typisch. Der Hobby-Modellflieger und gelernte Industrieelektroniker montierte 2003 erstmals Digitalkameras an Modellflugzeuge. Diese Form der Luftfotografie professionalisierte er weiter und gründete 2005 sein erstes Unternehmen. 2011 stieg er mit der Height-Tech GmbH in die Produktion von Industriedrohnen ein, beide Unternehmen wurden 2014 an die SPECTAIR GROUP verkauft. Anschließend gründete er die U-ROB GmbH in Bielefeld als Schulungs- und Beratungsunternehmen für professionelle Anwender.
Image: „Drone“ by Unsplash (CC0 Public Domain)
Images by Joseph Metz
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Schlagwörter: apps, Drohne, Drohnen, Film, Flug, Flugdrohne, Fotografie, journalismus, Luftfahrt, Photographie, Tech, Technologie, Versicherung
4 comments
Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Professionelle Drohnenaufnahmen haben schon was. Man kann somit richtig authentische Landschaftsaufnahmen machen. Natürlich sollte man sich dazu auch ein professionelles Modell aussuchen.
Mit besten Grüßen,
Bernd
Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Gerade Einsteiger sollten beim Kauf einer Drohne einiges beachten.
Mit besten Grüßen
Sebastian