Das Medium Video ist längst eines der stärksten Konkurrenten im Buhlen um die Aufmerksamkeit der User geworden. Wer eine starke Fanbase und guten Content hat, wird in den sozialen Netzwerken jeden Morgen mit Handkuss empfangen. Was aber machen kleine Unternehmen oder PR-Abteilungen, die kein Budget für Werbeagenturen, Filmproduktionsfirmen oder gar eine eigene Inhouse-Produktion haben? Ein iPhone und eine Minimal-Ausstattung an Zubehör reichen – wenn man ein paar Regeln beachtet.
Dass mit dem Smartphone durchaus Sehenswertes entstehen kann, hat zum Beispiel „Tangerine“ gezeigt. Der fast komplett auf einem iPhone 5S gedrehte 87-Minüter begeisterte nicht nur die Jury des renommierten Indie-Filmfestival Sundance.
1. Gute Vorbereitung ist das A und O
Auch im kleinen Rahmen bildet die richtige Vorbereitung das Fundament eines Drehs. Es ist eine gute Idee, sich eine Checkliste anzulegen und vor dem Start noch einmal durchzugehen, ob an alles gedacht ist. Wichtige Fragen sind: Wo genau will ich drehen? Ist der Raum frei? Wenn draußen, was mache ich bei schlechtem Wetter? Wer ist vor der Kamera und ist auch diese Person ausreichend vorbereitet? Haben sich genau zum Drehzeitpunkt Handwerker angekündigt, die nebenan bohren wollen? Habe ich genügend Speicherplatz frei? Ist mein Equipment vollzählig und aufgeladen? Apropos Equipment. Auf folgendes solltet ihr nicht verzichten.
2. Das notwendige Basis-Zubehör
Leistungsstarke Smartphones wie das iPhone sind bereits von Haus aus gut ausgerüstet: Eine gute Kamera, ein Mikrofoneingang, im Idealfall viel interner Speicher und ausreichend Rechenpower. Trotzdem gibt es ein paar Investitionen, die sich lohnen.
Für eine Interviewsituation bietet sich ein Stativ an. Dann ist das Bild absolut ruhig. Eine wacklige Handkamera-Perspektive wäre in diesem Fall stilistisch unangebracht und würde den Betrachter irre machen. Im Grunde können Smartphone-Filmer zu herkömmlichen Stativen greifen. Dann brauchen sie aber noch einen Adapter, der das iPhone daran festhält. Alternativ gibt es inzwischen gebrauchsfertige Smartphone-Stativ-Sets. Einschlägige Marken sind zum Beispiel Manfrotto und Joby. Wer stabilisierte Kamerafahrten aus der Hand drehen möchte, kann sich beispielsweise Osmo Mobile von Drohnen-Hersteller DJI ansehen.
Filmen auf dem Smartphone ist sehr leistungshungrig, deshalb lohnt sich für längere Drehs eine starke Powerbank. Praktisch für iPhone-Nutzer: der Tizi Flachmann Ultra kommt gleich mit einem Lightning-Anschluss ans Werk. Wem die Smartphone-Optik zu weitwinklig ist, der kann hochwertige Objektiv-Vorsätze nutzen, etwa die ExoLens-Serie von Zeiss, die wir hier getestet haben. Vorteil dieser ExoLens-Produkte: Sie beinhalten eine iPhone-Halterung mit Schraubgewinde, das an viele gängige Stative passt.
3. Schlechte Beleuchtung ist ein Killer
Ein gutes Bild entsteht durch interessanten Bildinhalt und das richtige Licht. Je besser und damit professioneller das Video aussieht, desto interessanter wird es für die visuell sehr verwöhnte Zielgruppe. Ein Grundpfeiler der Lichtgestaltung für Film ist die Drei-Punkt-Ausleuchtung, die zum Beispiel hier beschrieben wird. Hier kann es vollkommen ausreichen, drei helle Bürolampen zu nehmen, die dementsprechend im Raum verteilt und ausgerichtet werden.
Hier empfiehlt es sich, sich einfach mal eine Stunde Zeit zu nehmen und verschiedene Möglichkeiten auszuprobieren – was Spaß macht und übrigens auch eine tolle Teambuilding-Idee für die Marketingleute ist.
4. Der Ton ist genauso wichtig wie das Bild
Zuschauer verzeihen es meistens, wenn das Bild nicht perfekt ist. Schlechter Ton allerdings wird als sehr störend empfunden. Ist es anstrengend, der Sprache zu folgen, macht das Ansehen keinen Spaß. Störgeräusche sind da genauso ein No-Go wie eine im Schnitt zu laut gepegelte Musik. Beim Film werden Bild und Ton oft getrennt aufgenommen, was etliche Vorteile hat, in der Postproduktion jedoch enormen Zusatzaufwand mitbringt.
Für den Einstieg reicht zwar die interne Aufzeichnung des iPhones. Hingegen ein externes Mikrofon steigert die Qualität des Videos spürbar. Eine Übersicht über verschiedene Modelle gibt es hier. Für Interviews sind Ansteckmikros perfekt, eine universelle Lösung und in jedem Fall besser als nichts sind kleine Zusatzmikros, die im Mikrofon-Port des Smartphones Platz finden. Ein Beispiel ist das VideoMic Me des Herstellers Rode. Das Richtmikrofon wird direkt in die Lightning-Buchse des iPhones gesteckt und liefert einen klaren Sound von allem, was sich direkt vor ihm befindet.
5. Die richtige Kamera-App fürs iPhone
Nachdem alle Voraussetzungen stimmen, kommt ein letzter, zentraler Punkt: Die Kamera. Ein großer Unterschied zwischen Android- und Apple-Smartphones ist der Umfang und die Qualität der vorinstallierten Software.
Um während des Drehs alle Parameter im Griff zu haben, ist es wichtig, sie manuell einzustellen. Ohne eine fixe Einstellung können sich Dinge wie Belichtung oder Fokus während des Takes automatisch verändern, was selten das gewünschte Ergebnis bringt. Doch für genau diese Möglichkeiten müssen wir unser Smartphone noch etwas erweitern.
Die Kamera-App des iPhones ist Apple-typisch sehr reduziert. In den Systemeinstellungen lassen sich Auflösung und Framerate einstellen, das war’s dann aber auch. In der App selbst gibt es nur eine einzige Einstellung, nämlich für das Licht der LED auf der Rückseite (bitte ausschalten!). Die App ist für das schnelle Urlaubsvideo nicht schlecht, für unsere Zwecke aber reicht das nicht. Verstärkung muss her, etwa die leistungsstarke App FiLMiC. Sie ist für aktuell 9,99 Euro im App Store erhältlich (ein ausführlicher Test dieser App folgt in Kürze).
6. Das. iPhone. Muss. Quer.
Und: Bitte, bitte haltet das Smartphone waagerecht. Das Hochformat ist zwar die natürliche Smartphone-Haltung, trotzdem sind die User an Content im Querformat gewohnt. Das Hochformat macht nur Sinn, wenn man ausschließlich für mobile Geräte produziert und das Gefilmte auch im Hochformat gut aussieht. Abraten würde ich trotzdem – im Hochformat ist das Video später weder für die eigene Website noch für Videoplattformen wie YouTube geeignet.
7. Storytelling: Die Geschichte ist alles
Menschen lassen sich gerne von guten Geschichten verzaubern. Gleichzeitig sind schlechte Geschichten ein Garant für Langweile und Abneigung. Bevor auch nur an die Umsetzung gedacht wird, ist die erste und wichtigste Frage immer: Was will ich erzählen?
Was die Länge betrifft, gibt es online nur eine einzige Beschränkung: die Aufmerksamkeitsspanne der User. Weil die sehr begrenzt ist, muss der Einstieg so knackig sein, dass die Zuschauer dranbleiben. Und die Information muss so kompakt gehalten werden, dass keine Längen entstehen. Auch eine weitere Frage ist wesentlich: Bin ich mir sicher, dass meine Geschichte überhaupt relevant ist? Wenn M&M plötzlich pink-grün-gestreifte Schokolinsen in die Regale stellt, werden manche Leute ausflippen. Wenn aber Rewe eine neunte Sorte Äpfel ins Sortiment nimmt, wird das wahrscheinlich niemanden interessieren.
Habt ihr all das beherzigt, kann es endlich losgehen. Auch wenn der erste Versuch noch nicht perfekt ist: Übung macht bekanntlich den Meister.
Teaser image by Pexels / Pixabay (CC0 Public Domain); Images by: FiLMiC, Rode, Berti Kolbow-Lehradt
Dieser Text erschien zuerst auf unserer Schwesterseite Applepiloten.
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