Die Regierung unter Trump hat bisher vor allem Aufmerksamkeit und Kritik auf sich gezogen, weil sie neue Einwanderungsregeln festsetzen will, vor allem was die Einschränkungen für taLeute aus bestimmten muslimischen Ländern angeht. In diesem Chaos aus Besorgtheit wurde eine unklare Durchführungsverordnung nicht geprüft oder bemerkt: die Erweiterung der Gesichtserkennung an großen US-Flughäfen. Mit ihrer Hilfe sollen Menschen, die die USA verlassen, überprüft werden. Man hofft, diejenigen Personen zu finden, die länger als in ihrem Visum angegeben dort waren, oder wegen krimineller Vergehen gesucht werden.
Dabei handelt es sich um eine deutlich leistungsfähigere Methode als jene, die unsere Handys und Computer nutzen, um unsere Freunde auf Fotos zu identifizieren. Indem man Computer nutzt, um Gesichter zu erkennen und Identitäten zu bestätigen, kann man den Zugriff für abgesicherte Firmen- und Regierungsgebäude und deren Geräte optimieren. Manche Systeme können bekannte und verdächtige Kriminelle erkennen. Unternehmen können die Gesichter ihrer Kunden analysieren, um Marketing-Strategien an verschiedene Geschlechter, Altersgruppen und den ethnischen Hintergrund anzupassen. Es gibt sogar Dienste, die die Vorteile der Gesichtserkennung nutzen, zum Beispiel beim virtuellen Anpassen von Brillen oder bei Umstylingservices.
Es gibt aber auch ernste Bedenken, was die Privatsphäre angeht, da staatliche Stellen und Unternehmen damit mehr Möglichkeiten haben, Einzelne in deren Umgebung oder rund um die Welt zu verfolgen. Der Markt der Gesichtserkennung ist gut drei Milliarden US-Dollar wert und soll bis zum Jahre 2021 auf bis zu 6 Milliarden US-Dollar wachsen. Überwachung ist dabei ein großer Faktor; Regierungseinheiten sind hierbei der Hauptverbraucher. Das FBI besitzt eine Datenbank mit Bildern von etwa der Hälfte der Bewohner der USA. Ein weitere Sorge ist, dass man die Gesichtserkennung nutzen könnte, um im Internet Menschen zu belästigen, oder sie sogar in der echten Welt zu stalken.
Zu einer Zeit, in der die Gesichtserkennung immer normaler wird, müssen wir wissen, wie sie funktioniert. Da ich die juristischen Konsequenzen neuer Technologie in strafrechtlichen Untersuchungen studiere und erforsche, empfinde ich es als äußerst wichtig, zu wissen, was hier getan und nicht getan werden kann und wie sich die Technologie entwickelt. Nur dann können wir sachkundige Diskussionen darüber führen, wann und wie Computer das menschlichste aller Merkmale erkennen: unser Gesicht.
So funktioniert die Erkennung
Die Gesichtserkennung ist eine von mehreren Methoden, die man „biometrische“ Identifikationssysteme nennt. Sie prüft physische Merkmale einer Person, um diese klar von anderen zu unterscheiden. Andere Formen dieser Erkennung sind zum Beispiel die Methode der Angleichung von Fingerabdrücken, das Scannen der Netzhaut oder der Iris (wobei ein Teil des Auges gescannt wird, der leichter zu beobachten ist), oder aber auch Stimmerkennung.
All diese Systeme nehmen Daten — zumeist ein Bild — einer unbekannten Person auf, analysieren diese und versuchen, sie mit bereits existierenden Einträgen abzugleichen, in der bekannte Gesichter und Stimmen abgespeichert sind. Die Gesichtserkennung macht dies in drei Schritten: Erkennen, Kreieren eines Gesichtabdrucks und Verifikation oder Identifikation.
Sobald ein Bild aufgenommen wurde, wird es durch Software analysiert, um die Gesichter zu identifizieren, beispielsweise in einer Menschenmenge. In einem Einkaufszentrum werden die Aufnahmen der Überwachungskameras einem Computer zugeführt, der mithilfe der Gesichtserkennung einzelne Gesichter auf dem Video identifiziert.
Sobald das System potentielle Gesichter gefunden hat, sieht es sich diese näher an. Manchmal muss das Bild dafür neu eingerichtet oder vergrößert und verkleinert werden. Ein Gesicht in der Nähe der Kamera erscheint vielleicht gekippt oder leicht gezerrt, jemand im Hintergrund kann kleiner erscheinen oder vielleicht auch verdeckt sein.
Sobald die Software eine geeignete Größe und Orientierung für das Gesicht gefunden hat, schaut sie noch genauer nach und versucht, den sogenannten „Gesichtsabdruck“ zu erstellen. Wie bei einem Fingerabdruck handelt es sich hierbei um die Sammlung von Charakteristika, die zusammen das Gesicht einer Person auf einzigartige Weise identifizieren. Zu einem Gesichtsabdruck gehört die Platzierung der Gesichtszüge, wie Augen, Augenbrauen und die Nasenform. Eine Person mit kleinen Augen, vollen Augenbrauen und einer langen, schmalen Nase hat einen anderen Gesichtsabdruck als eine Person mit großen Augen, schmalen Augenbrauen und einer breiten Nase. Die Augen spielen eine wichtige Rolle bei der Genauigkeit. Große und dunkle Sonnenbrillen schränken die Genauigkeit mehr ein als Gesichtsbehaarung oder normale Brillen.
Ein Gesichtsabdruck kann mit einem einzelnen Foto verglichen werden, um die Identität einer Person zu bestätigen, wie zum Beispiel bei einem Arbeitnehmer, welcher in ein gesichertes Gebiet möchte. Man kann sie außerdem mit Datenbanken vergleichen, in denen viele Bilder gespeichert sind, um eine unbekannte Person zu identifizieren.
Es ist nicht immer leicht
Einer der wichtigen Faktoren der Gesichtserkennung ist die Beleuchtung. Ein gleichmäßig von vorne ausgelichtetes Gesicht, ohne Schatten und ohne Störfaktoren, die die Kamera versperren, ist die beste Lösung. Außerdem kann die Art und Weise, in der ein Gesicht mit dem Hintergrund verschmilzt und wie weit es von der Kamera entfernt ist, die Gesichtserkennung erleichtern oder sie erschweren.
Eine andere wichtige Herausforderung, um eine erfolgreiche Gesichtserkennung durchzuführen, ist die Frage, inwieweit die zu identifizierende Person in dem Moment kooperiert oder ob ihr der Vorgang überhaupt bewusst ist. Menschen, die die Erkennung bewusst nutzen, wie beispielsweise Arbeitnehmer, die in einen eingeschränkt nutzbaren Raum haben wollen, sind dabei einfach anzuleiten. Sie gucken meistens bei guter Beleuchtung direkt in die Kamera und schaffen damit optimale Bedingungen für die Analyse.
Andere wissen allerdings nicht, dass ihre Gesichter analysiert werden — teilweise sind sie sich nicht einmal bewusst, dass sie von einem Überwachungssystem beobachtet werden. Diese Art von Aufnahmen ist schwieriger zu analysieren; ein Gesicht, das aus der Menge ausgewählt wird, muss eventuell digital bearbeitet oder herangezoomt werden, um eine Kopie erstellen zu können. Dadurch entsteht die Gefahr, dass das System jemanden falsch zuordnet.
Potentielle Probleme
Sobald ein Gesichtserkennungssystem jemanden falsch zuordnet, kann dies mehrere Probleme verursachen – dabei kommt es auf die Art des Fehlers an. Ein System, das den Zugang zu spezifischen Orten einschränkt, kann fälschlicherweise einer unerlaubten Person Zugang gewähren — wenn diese beispielsweise vermummt ist oder einem zugelassenen Menschen sehr ähnlich sieht. Es kann auch einer befugten Person den Zugang versperren, indem es diese falsch identifiziert.
In der Gesetzesvollstreckung gelingt es Überwachungskameras nicht immer, ein gutes Bild der verdächtigen Person aufzunehmen. Dies kann dazu führen, dass jemand Unschuldiges als Täter identifiziert wird — oder ein bekannter Krimineller eventuell nicht identifiziert wird.
Obwohl es in Fernseh-Krimis immer so akkurat aussieht, gibt es doch genug Möglichkeiten, Fehler zu machen, obwohl sich die Technik immer weiter entwickelt. Das „National Institute of Standards and Technology“ nimmt an, dass die Fehlerquote alle zwei Jahre um 50 Prozent sinkt, im Moment wären es dann etwa 0,8 Prozent. Somit ist diese Technologie besser als die Stimmerkennung, deren Fehlerquote bei über sechs Prozent liegt. Gesichtserkennung kann aber trotzdem fehleranfälliger sein als Iris– und Fingerabdruckscans.
Bedenken bei der Privatsphäre
Doch obwohl es alles korrekt ist und sich dies stetig verbessert, weckt die Gesichtserkennung Bedenken, was die Privatsphäre angeht. Die größte Sorge ist, dass, wie bei dem Anstieg der DNA-Datenbanken die Gesichtsmerkmale und Fotos von staatlichen Stellen gelagert werden, die dadurch Menschen verfolgen und so jegliche Vorstellung von Privatsphäre und Anonymität löschen können.
Neue Probleme mit der Privatsphäre treten außerdem andauernd auf. Eine neue Smartphone-App namens FindFace erlaubt es ihren Nutzern, das Foto einer Person aufzunehmen und mithilfe der Gesichtserkennung deren Accounts in sozialen Medien zu finden. Eine scheinbar praktische Möglichkeit, um Freunde und Kollegen zu finden – aber die App lädt dazu ein, die Funktion zu missbrauchen. Man kann sie benutzen, um Identitäten zu offenbaren und andere zu belästigen.
Diese neuen Möglichkeiten lassen Bedenken aufkommen, wenn es um andere böswillige Möglichkeiten geht, um öffentlich verfügbare Bilder zu nutzen. Wenn die Polizei zum Beispiel nach vermissten Kindern sucht, ist in der Berichterstattung oft ein Bild des Gesichts des Kinds zu sehen. Es gibt kaum Regulationen oder eine Aufsicht, also weiß niemand, ob diese Bilder in Gesichtserkennungssysteme eingegeben werden.
Dies reißt nicht einmal das Thema der weiten Nutzung von Gesichtserkennungswerkzeugen an, Technologien wie die Bodycams von Polizisten, Ortungssoftware und Maschinen, die bei dem Tracking in Echtzeit assistieren. Dies geht über die simple Identifikation hinaus und konzentriert sich eher darauf, wo jemand zu welcher Uhrzeit war und die Annahme, wohin die Person geht. Die Kombination bietet neue und attraktive Optionen der Verbrechensbekämpfung und vertieft die Risse in unserer Privatsphäre.
Die Technik bietet uns wirkungsvolle Werkzeuge, während das Gesetz oft zu schlecht ausgerüstet ist, um bei neuen Entwicklungen mitzuhalten. Sollten wir allerdings die Gesichtserkennung für die Einwanderung und Gesetzesvollstreckung nutzen, so müssen wir mit den Möglichkeiten und Nachteilen umgehen und dabei die Probleme der Genauigkeit, Privatsphäre und Moral verstehen, die dadurch nur zunehmen werden.
Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
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Image (adapted) „Facial recognition failure“ by antoine (CC BY 2.0)
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Schlagwörter: Biometrie, Gesicht, gesichtserkennung, Kriminalitätsprävention, sicherheit, Surveillance