Google Glass – Die Alternative zur Apple Vision Pro?

Erst vor kurzem wurde die Mixed Reality-Brille Apple Vision Pro vorgestellt. Auch wir haben darüber berichtet und waren begeistert von den Ideen, sahen aber auch noch Probleme für den Erfolg in der Breite. Dabei kam mir allerdings Google Glass in den Sinn. Google „Datenbrille“ sollte damals das nächste große Ding nach dem Smartphone werden, doch es sollte einfach noch nicht die Zeit für eine smarte Brille im Alltag sein. Doch jetzt könnte Google Glass die Alternative zur Apple Vision Pro werden.

Innerlich höre ich schon den Aufschrei: „Aber das sind doch ganz unterschiedliche Geräte!“

Das stimmt. Aber gerade weil die Google Glass einen anderen Schwerpunkt setzt, könnte sie als Alternative punkten. Einziges Problem: Aktuell ist die Google Glass nicht mehr für Consumer-Markt ausgelegt, die Produktion wurde kürzlich gestoppt und der Support soll bald komplett eingestellt werden. Doch an Googles Stelle, würde ich mir das gut überlegen. Selbst wenn der große Durchbruch der Apple Vision Pro ausbleibt, öffnet sich womöglich die Tür für smarte Brillen.

Überblick: Apple Vision Pro

Die Apple Vision Pro ist eine Mixed Reality Brille, welche die Verschmelzung von realer und virtueller Welt in den Vordergrund stellt, obwohl sie von den ersten Daten auch locker den Virtual Reality-Markt umkrempeln könnte. Technisch setzt sie auf 2 sehr hochauflösende 4k-Displays, 12 Kameras, 6 Mikrofone und 5 Sensoren. Um das alles mit möglichst wenig Latenz zu verarbeiten sitzt in der Brille neben dem kräftigen M2-Chip auch noch der neue R1-Chip, der auf Mixed Reality ausgelegt ist.

Durch die Kamera werden virtuelle Erlebnisse direkt mit der realen Umgebung verschmolzen, die wir auch teils selektiv um virtuelle Umgebungen erweitern oder ersetzen können. Auch das Soundsystem mischt Umgebungsgeräusche passend mit der Positionierung digitaler Elemente im Raum zusammen und sorgt für eine riesige Immersion. Die Interaktion zwischen Nutzer und seiner Umwelt geht sogar in beide Richtungen. Ein Front-Display sorgt dafür, dass etwa die Augen wie durch eine leicht getönte Brille zu sehen sind. Augen und Mimik wird zudem auch virtuell abgebildet, wenn ihr die Brille für Facetime nutzt. 

Bei all den spannenden Features gibt es aber auch Nachteile. Zum einen müsst ihr die zwar kleine, aber auch nur gut zwei Stunden reichende Batterie per Kabel mit der Brille verbinden, zum anderen bleibt abzuwarten, in wie fern der Tragekomfort all zu lange Sessions überhaupt ratsam macht. Außerdem ist der Preis mit 3.500 US-Dollar auch eine sehr hohe Einstiegshürde. 

Google Glass war seiner Zeit voraus

Ähnliche Hürden wurde auch Google vor etwas über 10 Jahren zum Verhängnis. „Google Glass“ sollte damals das nächste große Ding nach dem Smartphone werden und uns digitale Inhalte direkt aufs Auge projizieren. Damals eine noch sehr junge Technologie, die aber daran scheiterte, dass sie ihrer Zeit voraus war und ihr Nutzen zu schlecht erklärt wurde. Außerdem war der Preis von damals 1.500 Euro zu hoch für die breite Masse. Im Vergleich wäre Google Glass mittlerweile aber eine preiswerte Alternative zur Apple Vision Pro.

Zudem hat Google Glass gegenüber Apple Vision Pro nämlich bereits einen riesigen oder eher kleinen Vorteil: Es trägt bei weitem nicht so dick auf. Während die wuchtige Vision Pro mitunter auch als „Taucherbrille“ verspottet wird, kam die Google Lösung als sehr minimalistisches Gerät an einem brillenartigen Gestell daher. Von der Ausstattung konnte es natürlich nicht mithalten. Weder ermöglicht es Grafikwunder in 4K noch hat es 12 Kameras verbaut wie die Apple Vision Pro.

Dafür ist Google Glass Alltagstauglicher. Das Gewicht ist sehr gering und es muss erst gar nicht die Augen komplett umschließen. Außerdem ist die Google Glass auch unterwegs nutzbar. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass sich viele die Apple Vision Pro in der Bahn aufsetzen oder damit durch die Stadt gehen mögen. Google Glass trägt deutlich weniger auf. Ohne Probleme ist auch Google Brille natürlich nicht. Die Möglichkeit damit etwa heimlich Fotos von Fremden zu machen – auch wenn zumindest offiziell durch ein Auslösegeräusch nicht möglich – würde auch heute noch ein kritisches Thema sein.  

Google Glass war nie ganz tot

Theoretisch könnte es tatsächlich noch zum Kampf Apple Vision Pro vs Google Glass kommen. Googles Datenbrille war nämlich nie wirklich verschwunden. Weiter vertrieben und entwickelt wurde die Brille als Enterprise-Edition für Unternehmen. Allerdings wurde erst im März angekündigt, dass man den Vertrieb tatsächlich einstelle und die Produkte nur noch bis September 2023 unterstützt. Allerdings arbeite man nach wie vor an AR-Produkten.

Es dürfte spannend sein, ob Google doch nochmal einen Lauf im Fahrwasser der Vision Pro wagt oder zumindest relativ schnell mit einem neuen AR-Produkt für den Massenmarkt kontert. Es ist zumindest ein Produkt mit Marktreife, das bereits über viele Jahre Erfahrungen gesammelt und sich bereits weiterentwickelt hat. Und vielleicht sind potentielle Käufer nun bereit für eine neue Consumer-Edition. Wenn der Preis stimmt könnte diese eine ernsthafte Konkurrenz für die Vision Pro werden, auch wenn sich beide Produkte in ihrer Ausführung deutlich voneinander unterscheiden.

Was ist mit Microsoft Hololens?

Wenn wir hier schon von möglichen Alternativen zum Apple Vision Pro sprechen, dann dürfen wir Microsoft auch nicht außenvor lassen. Auch der Computer-Metusalem hat bereits längst eine eigene smarte Brille im Angebot. Als Mixed Reality-Brille ist sie vom Konzept sogar noch etwas näher an Apples Vision Pro als Google Glass.

Doch auch die Microsoft Hololens richtet sich aktuell vor allem an Unternehmen. Allerdings bewegt sie sich mit 3.500 Euro für die Hololens 2 im selben Preissegment. Spezialisierte Varianten für die Arbeit auf Baustellen, gefährlichen oder sterilen Umgebungen setzen preislich sogar noch einen drauf.

Die Hololens hat entsprechend für viele Einsatzbereiche einen Erfahrungsvorteil. Ich habe sie unter anderem mal in einem Anwendungsbeispiel für Treppenlifte ausprobiert. So lassen sich Treppenlifte mit der Brille im eigenen Haus bereits anschauen, bevor man die finale Entscheidung trifft. Gerade bei so teuren Investitionen ein sehr interessanter Anwendungsfall.

Vom gezeigten sehe ich dagegen die Apple Vision Pro vor allem in kreativeren Bürojobs. Gerade internationale Teams könnten sich mit der Brille deutlich besser verbinden und auch Freelancer die bereits auf das Apple-Ökosystem setzen, könnte ich mir gut als willige Early Adopter ansehen.

Fazit: Apple öffnet auch Türen für die Konkurrenz

Mit der Vision Pro startet Apple nach vielen Jahren mal wieder eine ganz neue Produktreihe. Ähnlich wie schon beim iPhone erfinden sie dabei das Rad nicht neu. Ähnliche Produkte gibt es bereits auch von anderen Big Playern, auch wenn sie sich nicht auf dem Consumer-Markt behaupten konnten.

Auch die Vision Pro wird nicht zwingend den Weg in alle Haushalte finden. Dafür ist das Preisschild mit 3.500 Dollar dann doch ein bisschen schwer. Dennoch hat Apple einen großen Vorteil: Ihren Kundenstamm. Ich glaube das Applenutzer zum einen eher bereit sind auch teurere Produkte zu kaufen, zum anderen aber auch mehr Lust haben ein völlig neues Produkt auszuprobieren – so es eben von Apple kommt.

Sollte die Apple Vision Pro ein Erfolg werden kann es aber auch über die Apple-Blase hinweg überschwappen und Interesse wecken. Dann wären Microsoft und Google, aber auch andere mögliche Konkurrenten gut beraten, ihre eigenen Produkte taktisch zu platzieren, um sich als Alternative zu Apple anzubieten. Vor allem für das Google Glass-Konzept sehe ich dabei eine große Chance, sobald der Markt sich smarter Headwear mehr öffnet.

Von den Produkten könnte auch die Idee des Metaverse profitieren. Das Metaverse bedeutet nämlich nicht nur virtuelle Welten, sondern auch die Verknüpfung der virtuellen Ebene mit der Realität. Dazu wären Apple Vision, Google Glass und Microsofts Hololens nämlich prädestiniert.  


Image by Loic Le Meur via Flickr (Unter CC BY 2.0-Lizenz)

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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