Ich bin ja kein Freund der Kindermädchen-Ideologie unserer staatlichen Datenschützer, die mich ohne meine Zustimmung vor dem Datenausverkauf retten wollen und sich heldenhaft gegen Google, Facebook und Co. positionieren. Das ist die eine Seite der Medaille. Was ich aber vorgestern schon über die Vorteile eines sanften Paternalismus geschrieben habe, sollten sich auch die amerikanischen Internet-Größen an die Nase kleben. Es muss zumindest eine Opt out-Funktion geben. Wenn ich einer Sache widerspreche, muss das vom Anbieter respektiert werden und nicht mit Löschung oder Ignoranz bestraft werden. Friss oder stirb – so kann man mit den Nutzern nicht umgehen. Diese Mentalität spielt den Datenschützern in die Karten, mit härteren Interventionen zu reagieren. Besser wäre es, Abweichungen vom Standardprogramm einzuräumen. Das gilt beispielsweise für die neue Datenschutz-Erklärung von Google:
„Die neue Erklärung tritt am 1. März in Kraft. Ohne ihr zuzustimmen, wird man anmeldepflichtige Google-Dienste nicht mehr nutzen können. Die einzige Alternative ist, sie abzulehnen und sein Google-Konto zu löschen. Tritt ein oder geh, mehr Möglichkeiten gibt es nicht. Google legt damit seine gut 60 derzeitigen Datenschutzerklärungen zusammen und macht eine daraus. Lediglich der Browser Chrome, das Betriebssystem Chrome OS, Google Wallet und Google Books sind nicht davon betroffen. Google lobt die Vorteile des Ganzen, Kritiker monieren, Google sei böse geworden, jetzt ganz offiziell“, berichtet Basic Thinking.
Genauso idiotisch ist das Vorgehen von Facebook bei der Zwangseinführung von Timeline:
„In den kommenden Wochen wird die umstrittene Profilfunktion Timeline weltweit für alle Facebook-Nutzer bereitgestellt. Darauf weist Facebook nun in einem unauffälligen Update im Firmen-Blog hin. Danach bleiben den Betroffenen sieben Tage um zu verhindern, dass ungewollt alte Inhalte wieder ans Tageslicht gezerrt werden“, schreibt das Handelsblatt.
„Bei der Vorstellung des Services in 2011 hatte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bereits angedeutet, dass es einen Zwang zu Timeline geben werde: ‚Irgendwann wird es einen Zeitpunkt geben, an dem es sich nicht mehr lohnt, zwei verschiedene Profilseiten weiterzuentwickeln‘, erklärte er auf der Entwicklerkonferenz f8 in San Francisco. Der frühe Zeitpunkt überrascht allerdings“, führt das Handelsblatt weiter aus.
So gebärden sich eben nur Monopolisten, die auf ihre Kunden schei…! Jetzt werde ich wieder Reaktionen ernten, dass es ja sowieso klar sei, dass Facebook und Google mich nicht wie einen Kunden behandeln, da wir ja nur das willige und dumme Beiwerk für die Werbemaschinerie sind. Und in der Tat kann dieser Eindruck entstehen, obwohl ich mich nicht den Datenschutz-Alarmisten anschließen möchte. Aber Freunde der amerikanischen Internet-Imperien, Eure Ignoranz wird sich irgendwann rächen, wenn die Nutzer mit den Füßen abstimmen und Konkurrenten auf den Markt kommen, die diesen Mist nicht praktizieren und vielleicht sogar leistungsfähiger sind. Es sind schon einige Kometen am digitalen Himmel verglüht. Nichts ist für die Ewigkeit. Vor ein paar Monaten schrieb ich:
„Wir fluchen in der normalen Geschäftswelt über Servicebürokratie, über das Wanninger-Syndrom von Hotlines, über unkulantes Verhalten von Dienstleistern, nervige Werbeanrufe, unseriöse Vertriebspraktiken, ignorantes Verhalten von Konzernen und bejubeln die Ökonomie der Beteiligung, die neue Macht der Kunden in der Social Media-Welt und lassen uns aber von den Internet-Giganten wie Leibeigene behandeln. Da sollten wir dann mit gleicher Elle messen. Auch die Services von Google, Facebook und Co. sollten kritisch beleuchtet werden“.
Siehe auch meine Kolumne: Internet-Konzerne dürfen nicht Staat spielen
Crosspost von Gunnar Sohn
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Schlagwörter: facebook, google, Internet, Kundennähe, Netzkultur
10 comments
Mittlerweile bin ich ja schon 51 :-)
Ohhh.. Dann werden wir das mal ändern… Hast du eigentlich einen Netzpiloten Report von uns geschenkt bekommen?
Mal im Ernst…willst du dich darüber wirklich noch aufregen? Ich weiß auch, dass es sch..ade ist, aber mittlerweile muss ich sagen…lehn dich zurück, der Stress bringt nix ;-)
Ich gehöre auch nicht zu den Datenschutz-Alarmisten. Der Friss-oder-stirb-Auffasung kann man als User jedoch nur mit einem krassen Boykott entgegen treten. Eine Millionen User müssten sich einig sein auf einen Schlag aus FB auszutreten. Kriegen wir das hin? (Ich bin skeptisch).
@Andreas ein Börsday-Geschenk? Hatte am 3. Jan. Geburtstag und habe keinen Report bekommen – schnief
@Latte: ich denke eher der Gesetzgeber ist dafür zuständig Unternehmen in die Schranken zu weisen. Der Otto-Normalo wird immer dem Buzz nach hetzen und der ist bei Google ja extrem hoch.
@Gunnar: Dein Geschenk ist schon auf dem Weg!
Zum Ärgernis. Ich bin da ganz entspannt. Aber mit ihrer ignoranten Geschäftspolitik liefern die FB- und Google-Boys den Staatstrojaner-Netzsperren-Verbots-Volksfürsorge-starker-Staat-Politadepten neue Nahrung. Die Internet-Giganten sollten sich mal mit Klugheitslehren beschäftigen und smarte Regelungen bringen in Richtung Opt out. Dann würde die Datenschutz-Debatte etwas sachlicher ablaufen.
…und wenn die es nicht machen, weil sie Klugheitslehren nicht beherrschen, dann muss eben das Opt-out gesetzlich verankert werden!
Jo, so ist es, Andreas. Sehe ich genauso. Wer nicht hört, muss fühlen. Die müssen mal von ihrem hohen Ross gestoßen werden.
Muss dem zustimmen, was gsohn und Andreas sagen.