Happy Me-Day

Wenn es nach Rolf Zuckowski geht, gibt es den einen Tag im Jahr, an dem selbst ein Tsunami uns nicht davon abhalten könnte, zu strahlen wie der Sonnenschein: der Geburtstag – unsere ganz persönliche Neujahrsfeier.

Die Tage vor dem grossen Ereignis verbringen wir je nach Gusto mit der Decke über dem Kopf oder dem fröhlichen Bilanzieren des verstrichenen Lebensjahres. Wir sichten unseren aktuellen Standpunkt im Vergleich zu den Koordinaten des Vorjahres und dann geht’s ab die Post in die nächste Lebensrunde. Man feiert rein, raus, oder nach, schmeisst wilde Parties oder geht in beschaulicher Runde ein Steak essen.

Und jedes Jahr der gleiche Stress: Wen lädt man ein und wozu überhaupt, wer hat sich nicht oder verspätet gemeldet, welche der zwei Wunschlisten-Versionen (bescheiden vs. tatsächlich) soll man nun durch den Verteiler scheuchen und muss man an seinem Geburtstag eigentlich irgendwen zurückrufen?
Der ein oder andere nachdenkliche Geist wird bisweilen auch auf die Frage stossen, warum man in den häufigsten Fällen eigentlich SELBST eine Party zu seinen Geburtstags-Ehren schmeisst, wo es doch gesellschaftlich gesehen als unerhört narzisstisch gilt, sich selbst zu feiern. Und nebenbei auch noch erwartungsvoll Richtung Gabentisch zu äugen, ob sich auch alles schon und schön stapelt.

Denn eigentlich hat der Geburtstag per se doch eher eine altruistische Konnotation. Oder nicht? Heisst es doch: „Wie schön, dass Du geboren bist, WIR hätten Dich sonst sehr vermisst.“ Nicht: „ICH hätte mich sonst sehr vermisst.“ Der Geburtstag gibt also den Menschen, die einen schätzen und lieben, den Anlass, sich nochmal in Wort, Gruss- oder zärtlicher Form dazu zu äußern, wie sehr sie die Tatsache unserer Existenz erfreut. Haben wir doch ansonsten an jenem ersten unserer Tage nicht mehr geleistet, als selbstständig zu atmen, mit den verklebten Äuglein zu klimpern und zu schreien.

Und so kann es einen mit Beruhigung und Gelassenheit erfüllen, dass man persönlich diesem EINEN Tag gar keine so überdimensional grosse Bedeutung zukommen lassen muss. Denn wirklich was zu feiern haben die, die bei und mit uns sind in den Geburtstagsstunden. Wir selbst könnten – logisch gesehen – eigentlich jeden Tag die Korken knallen lassen. Einfach nur, weil es uns gibt. Weil es uns immer noch gibt. Und dabei strahlen wie der Sonnenschein.

Bildnachweis: priyanphoenix

 lebt als freie Journalistin in Hamburg. Nach ihrem Studium der Deutschen Sprache und Literatur und der Politischen Wissenschaft an der Uni Hamburg widmet sie sich dem freien Schreiben und ungewöhnlichen Gedanken. Privat auch in ihrem Blog FREISTIL.


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