Gegenstände mit den Gedanken bewegen? Soweit ich mich entsinnen kann, war nicht einmal Houdini in der Lage derartige Kunststücke zu vollbringen. Keine Sorge liebe Leser, dieser Umstand hat sich nicht geändert. Gedanken lesen hingegen schon. Kommunikation kann manchmal eine Bürde sein. Glücklicherweise gibt es für diese Sorte Mensch nun alternative Kommunikationskanäle. Neurowissenschaftler haben eine Technologie entwickelt, die nonverbale Kommunikation per Gedankenübertragung möglich macht. Wir sitzen uns gegenüber und schweigen uns an, während wir in Wirklichkeit eine rege Unterhaltung führen. Im Raum hört man niemanden reden, trotzdem nickt der Gesprächspartner zustimmend mit dem Kopf und signalisiert Verständnis. Eine kuschelige Gedankenpost, wie ich unvermittelt finde. Ein weniger freundliches Szenario könnte aber auch so aussehen: Zwei fremde Personen springen sich wortlos an die Gurgel und kloppen sich die Birne weich. Da dieses Prinzip vorgibt unsere Gedanken sichtbar zu machen, können wir keine negativen Gedanken, Geheimnisse, Kritiken und vieles andere länger verbergen.
Das sind natürlich krasse Beispiele. Solche Szenarien könnten eintreten, wenn unsere Gedankengänge unabsichtlich in Wallung geraten und unerlaubten Gedankenverkehr treiben. Die nonverbale Kommunikation wird dadurch auf ein neues Level gepusht. Die Technologie dahinter ist erfreulicherweise noch nicht so weit, dass sie unser Hirn komplett entblößt, wie ein Pavian seinen nackten Hintern. Dennoch sind die Forscher bemüht die Transparenz immer weiter auszuloten. Ganz so verzweifelt ist die Branche allerdings nicht, es gibt auch positive Entwicklungen. Querschnittgelähmte Patienten können beispielsweise mithilfe von Hirnimplantaten, ohne Sprache kommunizieren oder einen Roboterarm steuern. Die Methode nennt sich Silent Speech Interface, und erlaubt es Menschen per Gedankenübertragung, lautlos zu sprechen oder gewisse Handlungen durchzuführen.
Gedankenlesen mit dem Headset
Wissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben ein Headset entwickelt mit dem passenden Namen AlterEgo, das genau auf dieser Technologie beruht. Es ist sogar in der Lage Rückmeldungen zu geben. Es enthält Elektroden, die neuromuskuläre Signale in Kiefer und Gesicht wahrnehmen. Sie erfassen elektrische Impulse, die durch Muskelaktivität entstehen. Das ermöglicht dem Gerät Wörter zu hören, die der Träger nicht laut ausspricht, sondern lediglich innerlich aufsagt. Das wird vom Gerät gemessen und in Sprache umgewandelt. Die Treffsicherheit liegt derzeit bei 92 Prozent. Das funktioniert aber auch andersherum. Ein Sprachassistent antwortet dem Träger des Headsets, indem es über die Gesichtsknochen Impulse ins Ohr leitet.
Laut den Herstellern sollen die Geräte in erster Linie die Kommunikation zwischen Maschine und Mensch erleichtern. Es soll aber auch Menschen dabei helfen bei hohem Lärm untereinander leichter zu kommunizieren. Die Idee ist sicherlich nutzvoll und hat bestimmt auch viele Vorteile, jedoch zeigen Experimente wie schnell sich ein Vorteil umkehren kann. Ein Versuch mit einem Probanden hat nämlich gezeigt, wie anfällig dieses System für Betrügereien sein kann. Die Testperson mit dem Headset konnte irregulärerweise Vorteile für sich ziehen. Bei einer Schachpartie hat der Spieler mit dem Headset lautlos Positionen an einen Schachcomputer weitergegeben. Im Gegenzug erhielt er den besten Zug angesagt, ohne das sein Gegner etwas davon mitbekam. Meine Phantasie geht grade mit mir flöten. Mein erster Gedanke ist: Das wäre eine ultimative Waffe um meine Gegner auszuspionieren oder zu besiegen. Aber auch um andere vorteilhafte Möglichkeiten auszuloten. Man kann gespannt sein.
Image by Lorrie LeJeune via media.mit.edu
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Schlagwörter: Headset, Massachusettes Insitute of Technology, nonverbale Kommunikation, Silent Speech Interface