Heute ist der gute alte Kampftag der Arbeiterklasse und während für viele Menschen die Mai-Demonstration nur noch ein folkloristisches Element darstellt, wird die Zukunft der Arbeit in der digitalen Gesellschaft uns noch sehr beschäftigen. Ich sehe zwei Entwicklungen, die dafür sorgen können, dass Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften in der digitalen Gesellschaft eine stärkere Rolle spielen werden. Klassischerweise sind Arbeitnehmer in der Kreativindustrie nicht so stark organisiert wie in anderen, eher traditionelleren Branchen wie der Automobilindustrie oder der Chemiebranche.
Zum Einen werden viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in der Kreativbranche immer mehr Interesse daran haben, dass die Arbeitsbedingungen nicht zu einer permanenten Selbstausbeutung führen. Je nach Beschaffenheit des Betriebs wird es entweder kooperativ zwischen Management und Belegschaft gelöst, oder es werden klassische Betriebsräte etabliert werden, die sich für die Belange der Belegschaften einsetzen. Hinzu kommt, dass beim Entstehen größerer Firmen der einzelne Arbeitnehmer immer weniger in der Lage ist, seine Bedürfnisse zu artikulieren. Vermutlich wird es auch in einer Wachstumsbranche wie der Kreativindustrie punktuell zu Arbeitsplatzabbau gehen und spätestens dann wird vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auffallen, wie praktisch eine Interessensvertretung sein könnte. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Betriebsräte der Kreativindustrie sich mit der Zeit anders konfigurieren werden als wir es bisher kennen, vermutlich mit weniger klassenkämpferischem Elan und mehr Fokussierung auf die Verbesserung der Situation im Betrieb.
Zum Anderen werden immer mehr Branchen von der Digitalisierung betroffen sein werden und das, was wir jetzt als Industrie 4.0 bezeichnen, wird zu einem neuen Grad der Automatisierung führen. Eine neue Welle des massiven Arbeitsplatzabbaus in der Logistikbranche, aber auch auf dem Bau und im Maschinenbau wird die Folge sein. In diesen Branchen wird gerade der 1. Mai einen neuen Stellenwert haben, denn Demonstrationen gegen die Digitalisierung werden die Folge sein als Ausdruck der Hilflosigkeit der Verlierer der Digitalisierung. Wenn heute noch eine Diskussion über die Arbeitsbedingungen bei Zalando & Co. geführt wird, dann werden wir schon in ein paar Jahren sehen, wie diese Arbeitsplätze abgebaut und Unternehmen durch einen höheren Automatisierungsgrad eine höhere Profitabilität erreichen und diese Arbeitnehmer ihren Arbeitsplätzen nachtrauern. Aber auch auf dem Bau wird durch immer bessere Anwendung von 3D-Druckern eine zusätzliche Automatisierung erfolgen mit dem entsprechenden Arbeitsplatzabbau als Resultat.
Künftig werden wir also zwei Entwicklungen haben, die besonders am 1. Mai deutlich werden: die einen kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen und gute digitale Arbeit, die anderen kämpfen dagegen, dass ihre Jobs, die eher eine geringe Qualifikation benötigen, nicht komplett wegautomatisiert werden. Es wird interessant sein, wie die Gewerkschaften sich auf diese Entwicklungen einstellen werden.
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Schlagwörter: Arbeit, digitalisierung, Gesellschaft, zukunft
3 comments
Gibt es derzeit eigentlich irgendein Thema, zu dem der gescheiterte Gründer Nico Lumma nichts zu sagen hat? Oder anders formuliert. Der Kaiser steht hier und bibbert, weil er so nackt ist. Die Mitarbeiter in der Kreativbranche werden sich gegen Selbstausbeutung wehren? Ach, tatsächlich? Der Text stellt ein Gedankenbäuerchen in den Raum, ohne auch nur irgendeine Aussage zu untermauern, zu belegen oder etwas im Detail für die Zukunft zu beschreiben. Ist das ein Advertorial, damit der Herr Berater was für die Vita hat? Schon mal den Begriff „intellektuelle Redlichkeit“ gehört? – Dachte ich mir.
Liebe Frau Kaiser oder lieber Herr Kaiser,
ich kann nicht ersehen, was meine gescheiterten Gründungen damit zu tun haben könnten, dass bei einem Reifungsprozess einer Branche sich Instrumente der Arbeitnehmermitbestimmung herausbilden. Attacken ad hominem helfen übrigens nicht weiter, wenn man ein Argument führen will. Und natürlich attackieren Sie mich, ohne Ihre eigene Identität preis zu geben, was bei Trollen ja auch üblich ist.
Zurück zu Ihrem Einwand, dass die Kreativbranche sich nicht gegen Selbstausbeutung wehren wird. Die Kreativindustrie, von der ich spreche, umfasst mehr als nur ein paar Agenturen, sondern die gesamte Werbe-, Medien-, und Digitalbranche, das sind nach Mitarbeitern gemessen ungefähr so viel wie die Automobilindustrie. Allerdings gibt es klassischerweise wenig Betriebsräte, nur das wird sich ändern. Man sieht das zum einen daran, dass MItarbeiter andere Arbeitszeitmodelle fordern, weil sie keine Lust mehr haben, 7 Tage die Woche in der Agentur zu sein, man sieht es aber auch an Unternehmen wie eBay, die schon seit vielen Jahren einen Betriebsrat haben, aber eben auch ein „altes“ Unternehmen sind. Ciaran O’Leary hat vor ein paar Tagen auf Techcrunch ausgeführt, wie jung gerade die Startup Branche sei: http://techcrunch.com/2014/04/26/lets-talk-about-exits-berlin/ – und wenn wir also mal ein paar Jahre weiter denken, dann werden diese Firmen größer werden, die Firmenkultur wird sich ändern und Betriebsräte werden Normalität.
Wenn Sie zu dem Thema etwas beizutragen haben, dann freue mich auf die Diskussion, aber unterlassen Sie doch einfach die sinnlosen Attacken auf meine Person, das lässt Sie einfach nur dumm und verbittert erscheinen.
Ich bin (leitender) Arbeitnehmer (IT`ler). Nico Lumma hat richtig erkannt, dass auch Arbeitnehmer der digitalen Ökonomie eine Vertretung ihrer Interessen brauchen. Und das funktioniert auch. Ich empfinde es nicht als Ärgernis sondern legitim, dass 4 Mitarbeiter/innen meines Bereiches sich im BR engagieren. Allerdings sind Parteien und Gewerkschaften immer noch eher an dem klassischen Arbeiter orientiert als an dem digitalen Angestellten mit Hochschulabschluss. Also Nico, da muss Ihre SPD noch einiges tun …