Das Bankenwesen ist im Wandel. Nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit nutzen immer mehr Bankkunden Online-Dienstleistungen. Die Folge: Experten rechnen damit, dass deutschlandweit bis 2023 mehr als 40% der Filialbanken massiven Geschäftsstellenabbau betreiben. Was in anderen Ländern längst Norm ist, entwickelt sich in Deutschland zögerlich: die breite Akzeptanz von Fintech-Banken.
Online ist das neue „Must-have“ bei Banken
Überweisungen ausführen, Kontobewegungen überwachen, Unterkonten eröffnen, Kreditkarten sperren – all das funktioniert mittlerweile problemlos online. Neue Banken machen Bankgeschäfte und Kartenverwaltungen so einfach wie noch nie. Statt stundenlang in der Hotline zu warten, bis ein Bankberater verfügbar ist, nehmen clevere Kunden die Sache selbst in die Hand.
Dafür zücken sie Smartphone bzw. Tablet, erledigen alles und unabhängig fast im Vorbeigehen. Zahlreiche klassische Bankenwesen haben diesen Trend zu spät erkannt. Die Folge: Kundenabwanderungen und Filialschließungen. „Eine Woche. Eine Stadt. Das Beste zur Zukunft der Finanzen.“ – die Fintech Week in Hamburg zeigte aktuelle Banking-Trends und smarte Gründe dafür, warum auch Deutsche Bank und Co. endlich (online) umdenken sollten.
Mehr Service, weniger Kosten – Banklösungen von Fintechs boomen
Beste Onlinebanken – wer danach sucht, hat heute mehr Auswahl als noch vor ein paar Jahren. Im Fokus stehen vor allem die Fintech-Unternehmen, denn sie bieten mehr Service bei niedrigen Kosten. Kunden erhalten beispielsweise gratis Kreditkarten (häufig sogar mit Cashback-Funktionen), flexible Kontomöglichkeiten (u. a. mit zahlreichen kostenlosen Unterkonten), 24/7 Service und Anlage- sowie Investitionsextras.
Über ein Konto bequem sämtliche Ausgaben abwickeln, nebenbei noch in Edelmetalle und Co. investieren oder Versicherungen verwalten – die Fintechs bieten immer wieder neue Highlights, um den Service bei niedrigen Kosten zu erhöhen. Bisherige Platzhirsche unter den Banken und Sparkassen können da nur schwer mithalten: Ist der Verwaltungsapparat zu schwerfällig, ist die Umstellung zu kostenintensiv für das gesamte Netzwerk.
Zwar beginnen viele Banken und Sparkassen mit einer digitalen Offensive, doch häufig kommt sie zu spät. Vor allem jüngere Kunden wünschen sich mehr Flexibilität bei Bankgeschäften und weniger bürokratische Hürden. Längst ist der Bankenumbruch in vollem Gange. Vor allem die sogenannten Smartphone-Kreditinstitute erleben einen wahren Hype unter den jüngeren Kunden. Hierzu gehören beispielsweise N26 oder Revolut, die mittlerweile sogar maßgeschneiderte kostengünstige Lösungen für Unternehmungen und Selbstständige anbieten.
Dazu gehört es auch, clevere Anlagemöglichkeiten bereitzustellen. Statt wie bisher einem Bankberater beim Filialtermin gegenüberzusitzen, geht jetzt alles viel leichter. Wer möchte, kann bei vielen Onlinebanken ein persönliches Gespräch via Videocall nutzen. Es geht auch noch leichter, denn Banking soll einfach begreifbar sein. Deshalb setzen neue Banken auf maximale Benutzerfreundlichkeit und leichten Zugang zu Anlage- und Investitionsmöglichkeiten. Statt verschiedene Konten und Depots zu benötigen, lässt sich nun alles ganz einfach über einen Account abwickeln. So sehen Bankkunden auf einen Blick, wie es um ihre finanzielle Situation bestellt ist, und auf Wunsch kurzfristige Finanzentscheidungen treffen.
Digitalisierung auch bei Anlagemöglichkeiten: Kryptowährungen auf dem Vormarsch
Der Onlinetrend zeigt sich nicht nur auf dem Bankensektor, sondern auch bei Finanzprodukten. Ganz oben auf der Kundenwunschliste stehen die Kryptowährungen. Bitcoin gilt als Mutter aller digitalen Währungen (davon gibt es mittlerweile mehr als 3.000) und ist ein wahres Mysterium. Die Währung, die eigentlich gar keine ist und sich physisch nicht greifen lässt, vollführt immer wieder rasante Kursanstiege.
Zentralbanken sehen die Kryptowährungen hingegen kritisch, warnen sogar vor Investments. Dennoch hat die EZB sich nun ebenfalls auf eine digitale Reise begeben und die Probephase für den digitalen Euro gestartet. Die eigens aufgelegte Währung soll in die digitale Konkurrenz mit Bitcoin und Co. treten.
Im Vergleich zu Bitcoin ist der digitale Euro 1:1 an den „echten“ Euro geknüpft. Damit ist er weniger volatil und risikoreich. Für Spekulanten allerdings deutlich langweiliger, denn Kursrallye wie bei Bitcoin wird es hier kaum geben. Wer Bitcoin bei der Einführung 2010 erwarb, konnte ihn für umgerechnet 0,8 Cent kaufen. Der Höchstkurs der digitalen Währung betrug bereits mehr als 68.000 USD.
Der Hype um Bitcoin, Blockchain und Co. können Anleger und Investoren auch bei den Fintechs nutzen. Einige von ihnen stellen den Marktzugang zu verschiedenen Finanzprodukten zur Verfügung. Zur Auswahl stehen neben Wertpapieren auch ETF-Sparpläne und andere Finanzprodukte. Auch der direkte Kauf von Bitcoin und anderen Kryptowährungen ist bei ausgewählten Anbietern möglich. Voraussetzung dafür: das möglichst sichere Wallet.
Deutschlandweit gibt es mehr als 600 aktive Fintech-Unternehmen, so ein aktueller Report. Davon ist sogar jedes zehnte Start-up ein Fintech-Unternehmen. Vor allem in Berlin boomt die Ansiedlung der Unternehmen aus den Bereichen Decentralized Finance und Blockchain-Technologie. Allerdings ist auch ein Abwanderungstrend erkennbar. Immer mehr Unternehmen zieht es nach Hamburg, wie ein Branchenbericht zeigt. Mittlerweile gibt es in der Hansestadt über 60 % Fintech-Unternehmen, die fünf Jahre oder jünger sind. Erkennbar auch: Die Fintech-Start-ups setzen vor allem auf Decentralized Finance.
Ein Grund für die Abwanderung in den Norden könnte eine Initiative zur Vernetzung der Fintechs sein. Auf der Plattform Fintech-Hamburg (initiiert durch Finanzplatz Hamburg e. V., durch die Handelskammer Hamburg) können sich Unternehmen vernetzen und Synergieeffekte nutzen.
Nordisches Banken-Vorbild erobert Deutschland
Während sich Hamburg zum Hotspot der Fintech-Unternehmen entwickelt, weht auch in der Bankenbranche eine nordische Brise. Auf den Markt strömen immer mehr Banken aus Skandinavien, beispielsweise die SEB. Bestes Beispiel ist der Anbieter Klarna. Mittlerweile hat sich das Unternehmen vom Bezahldienstleister zum Finanz-Allrounder gemausert. Kunden können ihre Rechnungen mittlerweile sogar bequem auf Raten oder mit einer Zahlpause begleichen. Alles funktioniert ganz leicht, auf Wunsch sogar online über App.
Das schwedische Vorbild könnte auch in Deutschland immer mehr Schule machen. Mittlerweile nutzen in Schweden mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Payment-Apps. Zahlungen erfolgen fast ausschließlich bargeldlos; auch Kleinstbeträge. Dafür nutzen Schweden nicht nur ihre cleveren Fintech-Bankenlösungen, sondern sichern sich durch Cashbacks und andere digitale Belohnungssysteme lukrative Rückerstattungen.
Auch hier nehmen Cashback- und andere Bildungsprogramme zunehmend an Fahrt auf. Statt sich dafür aufwendig bei Zweit- oder Drittanbietern zu registrieren, setzen immer mehr Kunden auf integrierte Cashback-Funktionen bei Kreditkarten, wie sie viele Fintech-Banken als besondere Kundenanreiz bieten. Wer mit der Karte bezahlt, sichert sich eine Rückerstattung oder lukrative Boni. Eine Statistik zu Bonusprogrammen zeigt, dass 2020 mehr als 68 % der Befragten in Deutschland positive Erfahrungen mit solchen Programmen machten und diese künftig gern mehr nutzen würden.
Image by @ Tumisu via pixabay.com (CC0 Creative Commons)
Artikel per E-Mail verschicken