Internet-Enquete: kein Konsens bei Netzneutralität

internet-enqueteDie Netzneutralität in Deutschland ist ein Thema, das scheinbar die Ansichten vieler Experten in zwei Lager teilt. Gestern sollte die Internet-Enquete im Rahmen der Arbeitsgruppe „Netzneutralität“ über eine Handlungsempfehlung für den Bundestag entscheiden, eigentlich ging es zunächst um zwei Gutachten, die eine Informationsbasis begründen sollten. Anders als die Themen zur Arbeitsgruppe „Medienkompetenz“ oder „Urheberrecht“, welche recht schnell abgeschlossen waren, sind sich die Mitglieder der Kommission hier bisher überhaupt nicht einig gewesen und einige glänzten im Vorfeld höchstens mit Ausreden und Vertagungsmanövern. Zweimal wurde eine abschließende Abstimmung durch die Gegner der Netzneutralität schon verschoben, da diese voraussichtlich keine Mehrheit erreichen konnten. Markus Beckedahl, einer der Netzaktivisten und Sachverständigten in der Enquete, bezeichnete diese Methodik zurecht als „Schmierenkomödie“.

Die Kommission teilt sich in 17 Vertreter des Bundestages sowie 17 Sachverständigte. Wie der Zufall es so will, sind in diesem Verhältnis bisher auch die Lager zum Thema gespalten gewesen. Die vorherigen Einschätzungen gingen davon aus, dass 17 Stimmen für die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität gegeben werden. Und ebenfalls hat man mit 17 Stimmen für eine Regelung durch den Markt gerechnet. Im Endeffekt kam es dann auch so.

Die Debatte um die Netzneutralität ist keine reine ideologische Debatte. Es geht hier um handfeste wirtschaftliche Interessen. Viele Provider wollen kein neutrales Netz. Sie denken daran, die Geschwindigkeit mit der Datenpakete versendet werden sollen, in mehrere kostenpflichtige Klassen einzuteilen. Diese Mehrklassennetze würden dann durch verschiedene Tarife zugänglich gemacht werden. Für die Provider wäre das ein tolles Geschäft, doch für den User sowie für Anbieter von Webinhalten würden für einen Hochleistungszugang erhebliche Mehrkosten auftreten. Gemeinsamer Konsens war zumindest das augenscheinliche Bekenntnis aller Mitglieder der Enquete zur „allgemeinen“ Netzneutralität. Doch haben die „kleinen“ Meinungsunterschiede im Detail dafür gesorgt, dass eine endgültige Handlungsempfehlung nicht zustande kam.

Auch im Hinblick auf Kapazitätsengpässe argumentierten die Befürworter der Mehrklassennetze für eine Einschränkung der Netzneutralität. Dabei wollen sie auf die zukünftige Belastung des Netzes z.B. durch Internet-TV eingehen. Man muss Schwankungen verhindern, hieß es. Somit will man zumindest für bestimmte Dienstleistungen einen separaten Datenkanal einrichten, der dann bezahlt werden soll. Klar ist hingegen gar nicht, ob es wirklich zu nennenswerten Schwankungen kommen könnte. Ein Gutachten zu dem Thema wurde mit 17 zu 16 Stimmen ebenfalls abgewürgt. Laut der Grünen-Abgeordneten Tabea Rößner fürchte sich vor allem die CDU vor dem Ergebnis eines solchen Gutachtens.

Anfangs war die Sitzung ziemlich ermüdend und man sah recht schnell, dass die Zeit erst einmal mit Formalien verschwendet werden sollte. Entsprechend lustig und abwechslungsreich waren dann Tweets wie:

Zum Ende hin wurde dann ziemlich schnell durch das Programm gerast und die Entscheidungen wurden binnen weniger Minuten getroffen. Im Großen und Ganzen war diese Sitzung ein Paradebeispiel dafür wie man Steuergelder verschwendet. Da half auch das „Dicke-Backen-Machen“ des Vorsitzenden Axel E. Fischer am Ende der Abstimmung nicht.

schreibt seit 2011 für die Netzpiloten und war von 2012 bis 2013 Projektleiter des Online-Magazins. Zur Zeit ist er Redakteur beim t3n-Magazin und war zuletzt als Silicon-Valley-Korrespondent in den USA tätig.


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