Wie gehen zivilisationsfernes Wandern und Internet zusammen? – Die beeindruckende Reise-Bloggerin Christine Thürmer (The Big Trip) beantwortet uns ein paar Fragen zu ihrer extremen Lebensführung.
Du bist die krasseste Frau die wir kennen: In den letzten 5 Jahren bist du über 50.000 (in Worten: fünfzigtausend!) Kilometer um die Welt gelaufen, geradelt und gepaddelt. Wir haben dir vor ein paar Jahren empfohlen ein Blog zu starten, auf dem du deine unglaublichen Reisen dokumentierst. Seither lesen wir nun begeistert wie beeindruckend und freigebig du deine Erfahrungen schilderst und teilst. Macht’s Spaß?
Mittlerweile sogar sehr! Aber mein Blog und dessen Zielgruppe hat sich im Laufe der Jahre total verändert. Gestartet bin ich mit einem geschlossenen Blog, in dem meine Freunde nur auf Einladung über meine Trips lesen konnten. Nach ein paar Jahren habe ich das Blog öffentlich gemacht und damit wurde es sozusagen zu meiner Visitenkarte. Wann immer ich Fremde oder Bekannte um Unterstützung bitten musste, konnte ich mit Hinweis auf das Blog zeigen, wer ich bin und was ich eigentlich mache. Das hat mir viele Türen geöffnet. Als ich dann anfing, weniger bekannte Trails zu laufen, habe ich meine Erkenntnisse und Tipps im Blog gepostet, um anderen Wanderern zu helfen. Am liebsten blogge ich über meine Langstreckenerfahrungen, z.B. Wie lange hält die Ausrüstung bei Dauerbelastung? Wie plane ich Langstreckenwanderungen? Da es darüber nur sehr wenig im Netz gibt, hat mich das dann in der Outdoorszene ziemlich bekannt gemacht.
Man kann sich ja eigentlich nichts technik-fernes vorstellen als Tausende Kilometer durch die Wildnis zu wandern. Ein großer Trugschluss, richtig?
Ich bin mittlerweile richtiggehend Internet-süchtig und ohne mein Smartphone gehe ich nicht mehr auf Tour! Wenn ich in richtig abgelegenen Gegenden unterwegs bin und keinen Internetempfang habe, werde ich schon nach wenigen Tagen richtig nervös. Internet ist für mich die wichtigste Verbindung zum Rest der Welt. Nur so kann ich mit Freunden in Kontakt bleiben, den Fortgang der Tour organisieren und aktuelle Informationen wie z.B. Wetterbericht abrufen. Außerdem höre ich täglich stundenlang Hörbücher vom MP3-Player. Und ich liebe mein GPS! Die größte Rolle spielt die Technik jedoch in der Vorbereitung der Tour. Meine Planung findet fast komplett am Computer statt. Karten von OSM oder gpsfiledepot.com, track downloads von wikiloc oder gpsies.com, Routenerstellung in mapsource, Logistikrecherche mit google, google maps, earth and street view und dann natürlich noch die entsprechenden Outdoorforen.
Wie wichtig sind die Online-Communities für dein Leben da draußen?
Sehr wichtig! Das fängt ganz pragmatisch mit der Nutzung von Gastgebernetzwerken wie Couchsurfing oder warmshowers.org für Radfahrer an. Hier geht es mir nicht so sehr um billige Übernachtungsmöglichkeiten, sondern viel mehr um den sozialen Kontakt, denn auf meinen langen Touren bin ich meist alleine und freue mich auf interessante Gastgeber und Gespräche. Daneben nutze ich vor allem die internationalen Outdoorforen zur Informationsbeschaffung wie z.B. Ausrüstungstests oder Reiseberichte. Gerade am Anfang meiner „Outdoor“-Karriere habe ich durch diese Foren wie viel gelernt. Dabei gilt für mich „give back to the community“. Nach meinen Touren poste ich in der Regel Reiseberichte in den Foren oder beteilige mich an Ausrüstungsdiskussionen. So haben sich schon viele interessante Kontakte und Einladungen ergeben. Am engsten ist die Community in USA, wo die long-distance hiker eine richtige „Familie“ sind. Aber gerade in USA bin ich auf diese Community auch am meisten angewiesen, denn ohne shuttles vom und zum trail oder water caches in der Wüste durch die Trailfamilie wären viele dieser Wanderungen für mich gar nicht oder nur sehr schwer machbar.
Welche Tipps gibst du – sagen wir mal einem outdoorfreudigen Geocacher – der/die durch dein Blog zum long distance trekking animiert wird?
Rucksackgewicht optimieren! Ultraleichte Ausrüstung ist der Schlüssel zum Langstreckenwandern. Die besten Foren dafür sind backpackinglight.com oder im deutschsprachigen Raum ultraleicht-trekking.com.
Wohin geht’s als nächstes?
Erst mal drei Monate Radtour durch Skandinavien und dann auf den ersten Teil einer ca. 9.000 km langen Wanderung vom Nordkapp nach Tarifa, also vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas.
Mit welchem Gruß verabschiedet man einen Long Distance Hiker?
Godspeed!
Christine Thürmer gab 2007 ihren Management-Job auf und begann mit 40 Jahren ein Vollzeit-Outdoorleben. Seit über 5 Jahren ist sie mittlerweile fast ununterbrochen draußen unterwegs – meist zu Fuß, aber auch mit dem Fahrrad oder Kayak. Dabei ist sie bereits drei Mal von Mexiko nach Kanada gelaufen, hat Europa durchwandert und durchradelt und ist u.a. den Yukon und den Mississippi gepaddelt.
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Schlagwörter: blog, Christine Thürmer, Interview, travel
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