Ist KI der bessere Psychotherapeut?

Von selbstständig fahrenden Autos bis hin zu Chatbots – Künstlichen Intelligenzen (KI) scheinen mittlerweile kaum Grenzen gesetzt. Mal sind sie sogar besser als der Mensch je sein wird, wie beispielsweise im Schach. Inzwischen wird die Technologie sogar eingesetzt, um den Menschen besser verstehen zu können: KI in der Psychotherapie. Klingt ganz weit weg? Ist es gar nicht. Es gibt neue Therapiekonzepte, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz psychotherapeutische Versorgung verbessern können.

Wenn euch das Thema fasziniert, empfehlen wir euch auch unsere Artikel zu sozialen Robotern und Robotern in der Medizin. Dort gehen wir genauer auf ähnliche Technologie ein, die jedoch in Form von Robotern genutzt wird. 

Chatbots als Therapeut?

Chatbots sind uns an der ein oder anderen Stelle bereits über den Weg gelaufen. Ob im Kundenservice, auf gängigen Social Media Kanälen oder als praktischer Küchenhelfer: sie beantworten uns rund um die Uhr unsere Fragen. Denn häufig sind Chatbots in Messenger-Services mit Künstlicher Intelligenz eingebettet und sind aufgrund ihrer Automatisierung 24/7 erreichbar. Chatbots werden häufig dort eingesetzt, wo oft gestellte, sich wiederholende Fragen von Usern auftreten. Doch wir könnten durch Chatbots den Anbruch eines neuen Zeitalters in der Gesundheitsbranche erleben. Forschende der Universität Stanford haben einen KI-betriebenen Chatbot entwickelt, der den Gang zum Psychologen ersetzen oder zumindest ergänzen will.

Dabei gehen die Entwicklungen des Chatbots als Psychotherapeut weit zurück. Der Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum entwickelte in den 1960er Jahren ein dialogorientiertes System. Es hat den Anschein erweckt, als würde es die Eingaben verstehen, die man über eine Tastatur eingibt. Nur bedient sich die Software keiner entsprechenden Wissensbasis. So basiert die Kommunikation des Chatbots auf Gesprächsstrategien, die verdecken, dass das Programm nichts versteht.

Woebot: der künstlich intelligente Robopeut 

Inzwischen ist es ein wenig anders: Chatbots wie der sogenannte „Woebot“ (für iOS und Android erhältlich) verstehen immer komplexere Fragen und Bitten. Der App-Therapeut wurde von Forscher:innen aus Stanford entwickelt und funktioniert mit Künstlicher Intelligenz. Zunehmend bessere Algorithmen machen die Künstliche Intelligenz immer smarter und bieten im Rahmen der App eine KI-Gesprächstherapie. Nach der erfolgreichen Installation stellt der Woebot zu Beginn der Unterhaltung klar: „Bitte nutze dies nicht als einen Ersatz für die Hilfe von einem echten Menschen.“. Als richtiger Therapieersatz kann der Woebot also nicht dienen. Tatsächlich hat die App aber den Anspruch, zu erkennen, wann es ernst wird. Wenn Stimmung und Energielevel des Users anhaltend niedrig sind, dann gibt er dem User Ratschläge und Anlaufstellen an die Hand.

Die Kommunikation mit dem Woebot erweist sich als recht unkompliziert. Die Mischung aus vorgefertigten, auswählbaren aber auch eigenen Antwortmöglichkeiten macht das Gespräch dynamisch. Jedes Gespräch dauert in etwa fünf bis zehn Minuten. Der Woebot meldet sich täglich zu einer festgelegten Zeit: mal erzählt man von seinem Tag, mal nennt man Dinge, für die man dankbar ist oder benennt drei seiner Stärken. Das soll zu positiverem Denken anregen und Strategien zur Selbsthilfe entwickeln. Ab und zu ist der Chatbot auch für einen Witz oder sogar ein GIF zu haben. Dabei kann es aber auch mal passieren, dass bemerkbar wird, dass der Woebot eben nur eine Künstliche Intelligenz ist. Denn manchmal kann es vorkommen, dass die generierten Antworten nicht ganz in den Kontext passen. Der Chatbot nutzt vor allem eine Gesprächsstrategie, die die Stimmung des Users verbessern soll. Oftmals sind es Fragen, Anregungen und Tipps, die motivieren sollen, seine eigenen Denkmuster zu hinterfragen.

Was kann der Therapeut in der App? 

Praktisch ist vor allen Dingen, dass der Chatbot Tag und Nacht verfügbar ist. Er ist kein Mensch mit privaten Themen oder eigenen Problemen. Ein Chatbot führt kein Privatleben bepackt mit Launen, die ihn beeinträchtigen könnten. Kurzum: ein Chatbot ist in gewisser Weise urteilsfrei. Alles in allem sei eines gesagt: Die Nutzung eines Roboter-Therapeuten darf nicht dazu führen, Hilfesuchende weiter von Menschen zu distanzieren. Vielmehr soll er dazu anregen, mit dem Umfeld in Kontakt zu treten. Der Chatbot soll schließlich nicht zur Entwöhnung menschlichen Kontaktes führen. Sicher ist der Woebot sinnvoll, kann aber die Gestaltung einer emotionalen Beziehung zu einem anderen Menschen nicht ersetzen.

Wer sich einen kurzen Eindruck von Woebot verschaffen möchte, kann gerne in folgendes YouTube Video reinschauen: 

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Künstliche Intelligenz auf Facebook

Auch auf Social Media Plattformen finden sich Chatbots, die mit Hilfe von KI Depressionen erkennen sollen. Bereits im Jahr 2017 startete Facebook ein Projekt, um Suizide durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu verhindern. Dabei verwendet Facebook maschinelles Lernen, um Schlüsselwörter und Suizidmuster in Beiträgen und Posts zu erkennen. So werden Facebook-Nutzer identifiziert, die möglicherweise gefährdet sind. Beim Durchsuchen der Posts wird die KI auf Inhalte aufmerksam, die auf Selbstmordgedanken hinweisen. Das können beispielsweise Begriffe sein, die mit Depressionen oder Selbstverletzung zu tun haben. Auch Kontaktaufnahmen zu anderen bereits beobachteten Nutzern kann der Algorithmus erkennen. Die KI erzeugt daraus eine Suizidrisiko-Score: auf einer Skala von eins bis zehn wird der Grad der unmittelbaren Gefahr eingeschätzt. Bei Verdachtsfällen entscheiden Facebook-Angestellte, ob sie für den betroffenen Nutzer Hilfsangebote einblenden oder in dringlicheren Fällen den Notarzt alarmieren.

Wie genau der Algorithmus hinter der Künstlichen Intelligenz funktioniert, legt Facebook nicht offen. Der Einsatz des Suizidschutzprogramms von Facebook ist nach der Datenschutzgrundverordnung hierzulande nicht erlaubt.

Psychotherapie gibt es auch dank Virtual Reality

In der Psychotherapie bedient man sich aber nicht nur Künstlicher Intelligenzen. Spezielle VR-Brillen bieten die Möglichkeit, bestimmte Phobien virtuell zu therapieren. Wem es schwerfällt, vor einer Menge Menschen zu reden, in ein Flugzeug zu steigen oder sich in Höhen zu begeben, dem kann Virtual Reality (VR) dabei helfen, diese Ängste zu überwinden. Virtual Reality ermöglicht Interaktion mit einer computergenerierten, dreidimensionalen Umgebung in Echtzeit. Das virtuelle System stellt computergeneriert eine gefühlte Realität her und kann somit reale Erfahrungen nachbilden. Setzt man die VR-Brille auf, so scheint es, als sei die angstauslösende Situation real. Dem Gehirn ist es dann erst einmal egal, ob wirklich Gefahr droht oder nicht. Die Alarmglocken läuten, typische Angstreaktionen werden ausgelöst, die man dadurch therapieren kann. 

Ein Beispiel für solche Anwendungen ist „Richie’s Plank Experience“. Im namensgebenden Modus steigt ihr aus einem Fahrstuhl im 60. Stock auf eine schmale Planke. Vor allem mit einer echten Planke als Untergrund eine äußerst real erscheinende Stress-Situation:

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Image by Robert Kneschke via Adobe Stock

ist digitale Visionärin und auch analog unterwegs. Sie mag so ziemlich alles, was mit Politik, Büchern und Kontroversem zu tun hat. Fotografiert alles, was ihr vor die Linse kommt. Entwickelt in Dunkelkammern dieser Welt selbst und ist 1a Profilbildzulieferin ihrer Freunde.


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