Die Amerikaner können schon lange im Web Fernsehen. Vor allem Serien und bestimmte Sitcoms oder tägliche Talkshows sind dort beliebt und hulu.com liefert die Plattform dafür – kanalübergreifend. Als in Deutschland die öffentlich-rechtlichen Sender ihr Angebot im Netz ausweiteten, sahen die privaten Sender die Freiheit des Marktes beschränkt durch die gebührenfinanzierten Angebote. Denn anders als die öffentlich-rechtlichen Mediatheken mussten und müssen sich ihre Sendungsarchive im Netz via Werbung finanzieren. Jetzt schließen sich die RTL-Gruppe und ProSieben.Sat1 zusammen und wollen eine hulu-ähnliche gemeinsame Plattform ins netz bringen, wo man all die verpassten Sendungen und Serien im nachhinien (nochmal) sehen kann.
Vordergründig macht das Sinn, denn man muss nicht dieselbe Technologie des Archivierens, des Streamings und der Werbevermarktung mehrmals erfinden und umsetzen. Und sogar die öffentlich-rechtlichen Sender betrachten dieses Entwicklung mit Wohlwollen und schließen nicht grundsätzlich aus, dabei zu sein. Ob allerdings die Kartellwächter der EU dabei mitspielen bleibt fraglich. In England wurde so ein joint venture namens Kangaroo mit der BBC gerade gekippt und auch in den USA steht hulu vor einer kritischen Prüfung der kartellsensiblen Obama-Administration…
Die Mediatheken der ARD und des ZDF scheinen es den Privaten offenbar angetan zu haben. Warum nun aber ausgerechnet bei der Distribution via Web die verfeindeten Parteien plötzlich gute Miene zum Spiel der Mehrfachverwertung machen, bleibt sonderbar. Die Werbeumsätze im Netz wachsen zwar in rasendem Ausmaß, sind aber im Vergleich zu den traditionellen Kanälen wie TV, Radio oder Print vergleichsweise gering. Außerdem werden die Werbekuchen online immer mehr über Google, Facebook und Konsorten aufgeteilt. Ob und wie eine derart spazialisierte Plattform mit Pre- oder Postroll-Werbung, also kleinen Werbefilmchen vor und hinter den Sendungen signifikante Umsätze erzielen kann, bleibt solange fraglich wie man mobiles Fernsehen und VideoOnDemand klein halten kann. Der schleppende Ausbau und die Unzuverlässigkeit der Breitbandanbindungen hinsichtlich Bandbreiten oberhalb DSL 16.000 trägt auch nicht unbedingt zum Erfolg bei. Außerdem wir das Netz zunehmend in den Fernseher verlagert werden. Und dann stehen diesen Angeboten die aktuellen TV-Angebote 1:1 gegenüber. Nur wer dann nicht schon zeitversetztes Aufnehmen und Ansehen via Festplatte kann, der könnte Kunde werden. Aber in welchem Fernseher wird im Jahr 2015 keine Festplatte stecken?
Bildnachweis: clarita
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Schlagwörter: digital, fernsehen, online, tv, web, zeitversetzt, zukunft