Internet-Daten über Lichtstrahlen verschicken? Klingt nach einem coolen Gadget in einer Sci-Fi-Geschichte. Tatsächlich handelt es sich um eine ganz reale Technologie, die Firmen und Forscher aktiv vorantreiben. Zweifelt nicht an euch, wenn ihr noch nichts über das sogenannte LiFi gehört habt. Denn obwohl die Tech-Bubble das Thema als potenzielles „Next big thing“ diskutiert, hebt sich der Vorhang dafür erst allmählich. Philips-Hue-Hersteller Signify (ehemals Philips Lighting) gehört zu den ersten Firmen, die ein marktreifes LiFi-System parat haben. Kürzlich hat der Hersteller sie vor Journalisten am Firmensitz in Hamburg demonstriert. Immer interessiert an Innovationsthemen, haben wir uns die Lösung von Signify gern angeschaut.
Das steckt hinter der Internet-Technik
Bei LiFi handelt es sich um eine Technik für kabellose Datenübertragung mit Geschwindigkeiten auf außerordentlich schnellem Breitband-Niveau. Damit ähnelt sie WLAN, doch mit einem wichtigen Unterschied. Denn statt auf Funkwellen surfen die Daten bei LiFi auf Lichtstrahlen. Zum Einsatz kommt je nach System sowohl sichtbares, als auch unsichtbares Licht im infraroten Bereich.
Als Sender dienen die Leuchtdioden moderner LED-Leuchtmittel, wie sie heutzutage in praktisch allen Lampen stecken. Jede Leuchte ist dabei mit einem eigenen Modem ausgestattet. Dieses wiederum ist über die Wandverkabelung mit dem Internet-Router verbunden. Dabei erhalten die Leuchten ihre Signale beispielsweise über Netzwerkkabel, die gleichzeitig auch als Stromkabel dienen können (Power over Ethernet).
Als kabellose Empfangsgeräte für LiFi-Signale sind alle Geräte vorgesehen, die sich auch jetzt auch ins Internet einklinken. Weil in noch keinem Laptop oder Smartphone entsprechende Empfangstechnik steckt, dient derzeit ein LiFi-Dongle am USB-Port als Brückenlösung.
Angelehnt an die Markenbezeichnung von WLAN, WiFi, hat der deutsche Informatiker Harald Haas im Jahr 2011 die Bezeichnung LiFi eingeführt. Andere Forschergruppen und Unternehmen übernahmen den Begriff und tüfteln seitdem daran, die Technik zum Fliegen zu bringen. Dazu gehört auch Signify, einer der großen Player der Licht-Branche.
Wozu brauchen wir LiFi statt WiFi?
„Der Einsatz von LiFi kommt überall dort infrage, wo WLAN von anderen Funksignalen gestört wird oder selbst welche stören kann – in Flugzeugen und Krankenhäusern beispielsweise“, erklärt Martin Kapralek, IT-Systemarchitekt bei Signify in Hamburg. Auch in Sachen Sicherheit punktet die junge Internet-Technologie. Denn anders als WLAN-Funkwellen dringt Licht nicht über die festen Wände der Büroräume hinaus.
Die Datenübertragung erfolgt nur bei direktem Sichtkontakt bzw. über von Oberflächen reflektiertes Licht. Hacker müssten also physisch vor Ort sein, um Daten abzugreifen. Per Fernzugriff können sie dort nicht einbrechen. „Das macht LiFi potenziell interessant für die Finanzwirtschaft, staatliche Dienststellen und alle anderen Büroumgebungen, in denen sensible Daten ausgetauscht werden“, betont Martin Kapralek. Dort könnten Wissensarbeiter, die der Sicherheit wegen mit ihrem Rechner jetzt noch am LAN-Kabel hängen, endlich auch die Vorteile mobiler Computer nutzen.
In der Praxis: YouTube-Streaming per Licht
Am Firmensitz in Hamburg demonstrierte uns Martin Kapralek von Signify, wie man sich ein solches Setup vorzustellen hat. Die Komponenten: eine etwa einen Meter im Quadrat messende Einlegeleuchte für die Bürodecke, ein handelsüblicher Windows-Laptop und ein USB-Receiver, etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel. Auf dem Laptop streamte Martin Kapralek ein YouTube-Video in Full-HD-Auflösung. Dabei diente das LiFi-Signal der Büroleuchte als einzige Verbindung. Der Laptop befand sich nachweislich im Flugmodus, hatte also keinen WLAN-Zugriff. Die Büroleuchte selbst verband sich über die PoE-Deckenverkabelung mit dem hausinternen Netzwerk und surfte so den YouTube-Server an. Die Demo verlief reibungslos, das YouTube-Video wurde flüssig ohne Aussetzer in Bild und Ton übertragen. Video-Konferenzen via LiFi-Verbindung zu führen, ist somit ein denkbarer Anwendungsfall.
Geht es nach Signify, hätten wir parallel auf anderen Geräten noch diverse weitere Web-Videos schauen können. Einen Downstream von bis zu 30 MBit/s ermöglicht das System von Signify bisher. Da ist im Vergleich zu dem, was DSL-Leitungen hergeben, nicht viel, aber laut Martin Kapralek mehr, als für die üblichen Büroaufgaben nötig ist. Dafür würden 8 Mbit/s reichen. Doch technisch ist LiFi zu erheblich höherem Tempo im Stande. Unter idealen Testbedingungen haben andere Forscher sogar bereits wahnwitzige LiFi-Spitzengeschwindigkeiten von 240 GBit/s erzielt. Für den kommerziellen Einsatz ist das aber vorerst weder ein realistischer noch ein erforderlicher Wert.
Die „Schattenseiten“
Bei der LiFi-Demonstration von Signify wurden jedoch auch die, Pardon, Schattenseiten, also die Kompromisse dieser Technologie greifbar. Nur auf kurzen Strecken ist die LiFi-Technik sinnvoll einsetzbar, wenn auch nicht nur auf so kleinem Raum, wie es die kompakte Demo-Station während unseres Besuchs bei Signify nahelegte. Nicht mehr als 150 bis 400 Zentimeter sollten Leuchte und Empfangsgerät entfernt voneinander sein, erläuterte Martin Kapralek. Das setzt Grenzen. „Um einen ganzen Raum abzudecken, sind mehrere LiFi-fähige Leuchten nötig. Wenn Anwender dann beispielsweise mit ihren Laptops den Raum durchqueren, nehmen diese dann einfach mit dem nächsten LiFi-Zugangspunkt Kontakt auf“, erklärt der IT-Systemarchitekt.
Das aber multipliziert die ohnehin schon hohen Anschaffungskosten eines LiFi-Setups. Bei 1.500 Euro geht eine kompatible Einbauleuchte aus den Signify-Serien Philips PowerBalance gen2 und Philips LuxSpace Downlight los. Hinzu kommt der USB-Receiver zu je 250 Euro. Da es sich um Pionierprodukte handelt, sind LiFi-fähige Leuchten entsprechend kostspielig und somit derzeit eher nur für größere Unternehmenskunden zu rechtfertigen.
Die Energiekosten schraubt LiFi immerhin nicht sehr stark nach oben. Denn die Signify-Leuchten müssen nicht maximal hell leuchten, um Daten zu übertragen. Für einen stabilen Transfer genügt es, wenn sie auf 20 bis 30 Prozent herunter gedimmt sind. Und wer noch herkömmliche Glühbirnen im Büro verwendet, kann mit einer Modernisierung auf LED ohnehin viel Strom sparen.
Vor LiFi liegt noch ein langer Weg ins Rampenlicht
Es handelt sich sich ganz klar um eine faszinierende Internet-Technik mit großem Einsatzpotenzial in vielen Bereichen. Die Vorteile gegenüber WLAN sind einleuchtend. Internet über Licht stört nicht und ist sicherer. Und der Anfang ist gemacht. Schließlich haben nach jahrelangem Vorlauf neben Signify auch die deutlich kleineren Spezialisten Oledcomm und PureLiFi Produkte für eine WiFi-Alternative zur Marktreife gebracht.
Doch neben den hohen Installationskosten gibt es auch noch einen ganz banalen Nachteil, der den Durchbruch von LiFi ausbremst. Die bisher noch nötigen USB-Dongles sind für den dauerhaften Alltagsgebrauch einfach zu unpraktisch. Der Mangel an Laptops und Smartphones mit integriertem Licht-Internet ist derzeit der größte Flaschenhals. Bei großen Hersteller wie Apple und Samsung steht das Thema zwar seit einer Weile auf der Entwicklungsagenda, aber eher in der Kategorie „Zukunftsmusik“.
„Wir gehen davon aus, dass integrierte LiFi-Verbindungen in fünf Jahren in populären Endkundengeräten erhältlich sind“, prognostiziert Martin Kapralek von Signify. Vielleicht sehen wir schon während des kommenden Mobile World Congress die ersten Prototypen. Insbesondere PureLiFi war an seinem MWC-Stand in den vergangenen Jahren immer für eine Überraschung gut. 2018 präsentierte der Pionier dort eine Smartphone-Hülle mit integriertem LiFi-Modul für ein Samsung Galaxy S5. Zwar nicht gerade mit Lichtgeschwindigkeit, aber mit Trippelschritten kommt LiFi seinem Durchbruch immer näher.
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Schlagwörter: Breitband-Internet, Internet of Things, LiFi, Philips Lighting, Signify, smarte Beleuchtung, Wifi, wlan