Für den Gaming-Giganten Ubisoft scheint Assassin’s Creed: Shadows das große Schicksals-Spiel zu sein. Zuletzt sorgte mehrere Flops oder zumindest unterperformende Spiele wie Star Wars: Outlaws dafür, dass der Aktienkurs sich seit November 2023 mehr als halbiert hat. Jetzt muss ihre größte Marke den Karren wieder aus dem Dreck ziehen. Doch lohnt sich Assassin’s Creed Shadows genug, um Spieler und Investoren gleichermaßen glücklich zu machen? Die Ausgangssituation ähnelt dabei geradezu dem pazifischen Feuerring, auf dessen aktivster Stelle Japan liegt.
Schon seit Beginn der erfolgreichen Spielereihe warten die Fans bereits auf ein Spiel im Land der aufgehenden Sonne. Mit den bekannten Ninjas scheint es einfach die naturgeschaffene Bühne für historische Schleichaction zu sein. Zugleich rumort der Boden aber gewaltig. Die Aktionäre wollen endlich wieder Erfolgszahlen und auch die Spieler haben ihrerseits hohe Erwartungen. Zugleich haben sich viele Spieler derart auf Ubisoft eingeschossen, dass sie das Unternehmen scheitern sehen wollen. Dass Ubisoft einen der beiden Hauptcharaktere mit dem schwarzen Samurai Yasuke besetzte, goss fast schon erwartbar Öl ins Feuer. Unglücklicher Umgang mit japanischen Schreinen, teilweise eher chinesisch-anmutende Archetektur und einige Komfort-Features sorgten aber ebenso für Kontroversen.
Wie wichtig das Spiel für Ubisoft ist, merkte man allerdings am Umgang mit diesen Beben. Gleich zwei Mal verschob man das Spiel und nutzte die Zeit, um die größten Bedenken zu adressieren. Der vereinfachte Kanon-Modus ist nicht mehr standardmäßig aktiviert, es gibt ein einen immersiven Modus, in denen die japanische und portugiesische Sprachausgabe passend zu den Charakteren gemischt wird. Diesen habe auch ich weitgehend für den Test genutzt. Doch besonders beeindruckend: Ubisoft strich den Early Access aus der Collectors Edition und Vorbesteller aller Editionen erhalten den ersten großen Story-DLC sogar gratis. Im Assassin’s Creed Shadows Test muss sich trotzdem zeigen, ob das Spiel den hohen Erwartungen an das lang ersehnte Setting wirklich gerecht wird.
Zwei Helden auf unterschiedlichen Seiten
(Achtung, in diesem Abschnitt kommt es zu größeren Storyspoilern aus der ersten Stunde des Spiels, da sie für die Charaktere wichtig sind.)
Das Spiel beginnt mit Yasuke, der als Sklave und Leibwächter portugiesischer Missionare nach Japan gekommen ist. Beim Kriegsherrn Oda Nobunaga erbitten diese um Freizügigkeit für die christlichen Priester im Land. Nobunaga sieht dabei das große Potential in dem dunkelhäutigen Sklaven, der natürlich das große Gesprächsthema der Stadt ist. Seine einzige Bedingung ist es, dass ihm Diogo – so sein damaliger Name – überlassen wird. Auf die Ungläubigkeit der Portugiesen erwidert Nobunaga, dass unter ihm Sandalenträger zu Fürsten werden können. 6 Monate später nimmt Yasuke als Samurai bereits die Schlüsselrolle bei einem Angriff auf die Provinz Iga ein, bei der wir ihn erstmals selbst übernehmen und uns durch die Reihen der Verteidiger schnetzeln.
Iga ist allerdings auch die Heimat der zweiten Protagonistin Naoe. Durch sie erleben wir den Angriff auf Iga aus der anderen Perspektive. Als die Schlacht verloren scheint, beauftragt ihr Vater sie, ein ominöses Kästchen aus dem Kofun (Hügelgrab) zu holen, damit es niemand entwenden oder öffnen kann. Ein Samurai überrascht sie allerdings im Kofun und nimmt das Kästchen an sich. Den Dieb gestellt und das Kästchen wieder an sich gebracht, umstellen sie weitere maskierte Mitglieder einer illustren Gruppierung, die sich „Das wahre Bakufu“ nennt. Am Ende verliert sie nicht nur das Kästchen, sondern muss auch noch zuschauen, wie ihr Vater im Kampf um Naoe und das Kästchen sein Leben lässt.
Zwei Helden mit unterschiedlichen Fähigkeiten
Wir haben also zwei Protagonisten, die zunächst auf gegensätzlichen Seiten zu stehen scheinen. Doch auch ihre Fähigkeiten sind grundverschieden und verkörpern erstmals in Assassin’s Creed jeweils einen unterschiedlichen Spielstil. Naoe stammt aus Iga, der Geburtsstätte des Ninjutsu und hat als Shinobi vor allem Geschick und Heimlichkeit trainiert. Mit ihr kehrt wieder das klassische Stealth-Gameplay der Reihe zurück, mit dem ihr euch insbesondere durch die gut bewachten Festungen meuchelt. Zwar weiß sie sich auch im Kampf zu behaupten, aber der lautlose Tod liegt ihr mehr.
Es dauert gut 15 Stunden, bis ihr nach dem Prolog wieder Yasuke als Charakter übernehmen dürft. Habt ihr Gefallen am brachialen Gameplay von Assassin’s Creed: Valhalla gefunden, dürfte euch Yasuke besonders zusagen. Seine Kampffähigkeiten müssen sich keineswegs hinter denen von Eivor in Valhalla verstecken. Generell dürft ihr natürlich auch mit Yasuke schleichen. Allerdings ist er deutlich behäbiger und weniger leise. Möchtet ihr Feinde ausschalten, greift ihr am besten auf den Bogen zurück. Mehr Spaß macht aber der Nahkampf, da das lange Oukatana, der Naginata-Speer und die Kanabou-Kriegskeule ordentlich Wucht in sich haben.
Überhaupt macht es Spaß, die verschiedenen Bewegungssets zu beobachten. Naoe wirbelt im Kampf akrobatisch um ihre Gegner, erklimmt spielerisch Mauern und bewegt sich sicher in schwindelerregenden Höhen. Yasuke wirkt ohne festen Boden deutlich unsicherer und müht sich eher an Hausfassaden hoch, ballt hoch oben angespannt die Fäuste. Auch hat er den wohl einzigartigsten „Leap of Faith“ der Spiele-Reihe – probiert es unbedingt aus! Dafür bewegt er sich deutlich ungestörter durch dichten Schnee.
Ist Yasuke erst einmal freigeschaltet, könnt ihr übrigens jederzeit zwischen den Charakteren wechseln. In gemeinsamen Story-Missionen gibt es aber auch vorgeschriebene Abschnitte für die jeweiligen Charaktere und jeder Charakter verfügt über eigene Nebenquests. Egal wen ihr spielt, die Erfahrung gilt für beide Charaktere und die Wissenspunkte für den Skilltree verteilt ihr separat. So levelt ihr stets beide Charaktere, egal mit welchem ihr spielt.
Zwei Helden mit unterschiedlicher Persönlichkeit
Seit Vorstellung der Charaktere sorgte vor allem Yasuke, der Samurai afrikanischer Herkunft, für viel Diskussion. Auch ich war nicht übermäßig begeistert darüber, dass man sich in einem so isolierten Land ausgerechnet für einen solchen Exoten entschied. Auch Naoe war jetzt als weiblicher Charakter in einer sehr patriachalischen Gesellschaft eher exotisch – auch wenn in der kriegsgebeutelten Sengoku-Zeit tatsächlich vermehrt Frauen in den Reihen der Krieger aufgenommen wurden.
Meine Sorgen waren aber weitgehend unberechtigt. Auch wenn man noch mehr hätte rausholen können, ist Yasukes Herkunft relevant und seine Andersartigkeit wird zum Glück nicht unter den Teppich gekehrt. Interessanterweise verkörpert vor allem Yasuke mehr die japanische Wa-Kultur der Harmonie. Yasuke ist klug und wählt seine Worte ruhig, höflich und bedacht. Er hat sich nicht nur die japanische Sprache gut angeeignet, sondern auch die Lebensart komplett angenommen.
Es ist eher die im Kampf eher lautlose Naoe, die deutlich temperamentvoller ist. Zwar ist sie für ihr junges Alter schon sehr reif, schreckt aber nicht davor zurück ihre Meinung zu sagen und ist mitunter von Rache getrieben. Zugleich hat sie aber auch eine sehr liebevolle Seite und lässt auch Momente der Schwäche zu. Für mich ist Naoe sogar am stärksten wenn sie Tränen vergießt. Ubisoft ist eine echt gute und starke Protagonistin gelungen.
Weniger nachvollziehen kann ich, warum die Ausbildung der Charaktere so schnell gehen musste. Yasuke war zuvor zwar schon ein formidabler Kämpfer, aber eine Samuraiausbildung inklusive mehrerer Waffengattungen in 6 Monaten meistern? Auch Naoes Shinobi-Ausbildung begann erst 2 Jahre vor den Ereignissen des Spiels und ging damit viel zu schnell. Davon abgesehen geben uns die spielbaren Rückblicke in die Ausbildung der beiden Hauptfiguren zusätzliche Charaktertiefe. Ich bin außerdem froh, dass man nicht den Fehler gemacht hat die Hauptstory durch eine Romanze der Hauptcharaktere untereinander zu verwässern. Stattdessen gibt es für beide Charaktere unterschiedliche Romantik-Optionen, die ihr aber auch komplett ignorieren könnt.
Wunderschönes Japan im Wandel der Jahreszeiten
Eigentlich lohnt sich Assassin’s Creed: Shadows schon für seine große Spielwelt. Sie umfasst zwar „nur“ einen kleinen mittigen Teil der japanischen Hauptinsel Honshū, aber selbst dieser Ausschnitt ist riesig. Mit Kyoto, Osaka, Nara und Himeji sind viele noch heute sehr bedeutende und beliebte kulturelle Städte Japans vertreten. Viele Burgen und Tempelanlagen könnt ihr auch heute noch besuchen. Ebenso findet ihr aber auch malerische Dörfe mit weitläufigen Feldern entlang der Berghänge.
Für die Spielwelt musste trotzdem einiges kompakter gemacht werden. Ein besonders prominentes Opfer der Schere ist dabei der Fushimi Inari-Schrein, der für seine tausenden Torii bekannt ist. Mir wäre es lieber gewesen hätte man einen deutlich kleineren Teil Japans dafür umso originalgetreuer wiedergegeben. Trotzdem freute es mich die Tempelanlagen Japans erster Hauptstadt Nara oder die Burg Himeji zu erkunden, die ich bereits in echt besuchte. Beeindruckend ist aber auch etwa die gigantische am Biwa-See gelegene Burg Azuchi, deren leider nur 3 Jahre währende Existenz zum Glück in den Zeitrahmen des Spiels fällt.
Um die Schönheit Japans würdig einzufangen, entschied man sich bei Assassin’s Creed: Shadows außerdem dafür, Jahreszeiten einzuführen. Das war schon beim Rennspiel Forza Horizons 4 ein Gamechanger, passt aber nochmal perfekter in die japanischen Kultur, die ohnehin alle Jahreszeiten verehrt. Die Welt sieht wirklich atemberaubend schön aus! Zwar schlägt nichts die Farben der Frühlingskirschblüte oder das farbenfrohe Herbstlaub, doch auch Sommer und Winter haben eindeutig ihren Charme und locken mich immer wieder in den Fotomodus, wenn ich mich plötzlich wieder in einem Postkartenmotiv wiederfinde.
Von den Dimensionen der Karte hält Shadows mit Valhalla mit, nur ist der direkte Weg von A nach B oft nicht möglich. Die vielen Berge Japans sind dann doch weitgehend unpassierbar und die Bäume dort oft so dicht, dass man ohnehin kaum etwas sehen kann. Die schönsten Orte befinden sich ohnehin entlang der Wege. Auch auf dem Wasser ist einiges los von kleinen Booten bis hin zu Schiffen auf denen Burgen gebaut sind – und die es wirklich gegeben hat.
Das Problem mit der Immersion
Das größte Problem von Assassin’s Creed: Shadows ist, dass ich kurz zuvor noch Kingdom Come: Deliverance 2 gespielt habe. Dessen riesige Karte kommt zwar von der Größe nicht ansatzweise an Assassin’s Creed: Shadows ran, punktet aber an entscheidender Stelle: Immersion.
Bei KCD 2 ergab jedes Haus in der Welt Sinn und fühlte sich natürlich an. Die Burgstädte des feudalen Japans waren natürlich etwas strikter angelegt, trotzdem fühle ich das Leben in den Städten nicht so wie bei der Konkurrenz mit dem deutlich geringeren Budget. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass ich selbst im großen Kyoto nur ganz vereinzelte Händler besuchen kann, die dafür aber Tag und Nacht ansprechbar sind. Abseits dieser kann ich in den Städten niemanden ansprechen.
Teilweise sind es aber auch die Details. Es fühlt sich nicht danach an, dass die Jahreszeiten übermäßigen Einfluss auf die Menschen hätte. Am deutlichsten wird es, wenn manche auch im Winter barfüßig und mit sehr kurzer Hose durch den Schnee stapfen. Die Welt ist eine sehr hübsche Kulisse, dessen Immersion schnell bricht, wenn man genauer hinschaut.
Ein Problem der Serie ist, dass man die „Ubisoft-Formel“ auch in der Welt spürt. „Feindliches Gebiet“ oder kletterbare Bäume werden etwas zu eindeutig mit grellen Farben markiert und die Assets wirken auch sehr generisch reinplatziert. Das hat mir mehr als einmal ein sonst sehr schönes Fotomotiv kaputt gemacht, weil es einfach unelegante und faul gemacht wirkt.
Tolles Storytelling trifft auf Schema F
Apropos generisch reinplatziert: Das betrifft auch die Quests im Spiel. In seinen schönsten Momenten lohnt sich Assassin’s Creed: Shadows für die großartige Chemie seiner Charaktere untereinander, dem spannenden politischen Shogibrett und eine Liebe für die reichhaltige japanische Kultur. Zugleich ist Ubisoft dann aber erschreckend schlecht darin, ihr eigenes Schema aufzubrechen.
An sich ist es schön wie die Quests visuell in unterschiedliche Kreise unterteilt werden. Die Hauptquest besteht aber im Prinzip nur aus einer Liste von Attentatszielen. Das ist allerdings weniger eintönig als es klingt. Bevor es unseren Zielen an den Kragen geht, gibt es noch vorbereitende Aufgaben, bei dem wir immer wieder unser Spionage-Netzwerk nutzen, um relevante Personen ausfindig zu machen.
Doch leider bestehen auch die Nebenaufgaben oft weitgehend aus weiteren Kreisen von Personen die es zu töten (oder verschonen) gilt. An diesen Quests ist aber auch nicht so viel mehr Fleisch wie in den Sammel-Quests, die es natürlich auch wieder gibt. Auch Nebenaktivitäten folgen sehr simplen Minispiel-Mustern und einige „Zufallsbegegnungen“ sind teilweise katastrophal geschrieben und kommen mit einer seltsamen kurzen Überblendung nach der die immergleiche Frage nach Informationen und die immergleiche Verbeugung als Erwiderung kommt. Eine Antwort bekommen wir nie, weil einfach nur eine Markierung auf der Karte hinzukommt.
Gerade weil das Spiel eigentlich auch tolle Geschichten abseits der scharfen Klingen inszenieren kann, hätte ich davon auch gerne mehr in Nebenquests gesehen. Auch hier hat das Spiel das Problem, dass sich die Inhalte in der obszönen Größe ihrer Welt verlieren. Die Städte, Tempel und Burgen sind wirklich schön, aber die wenigen und oft ähnlichen Ereignisse lassen mich keine wirkliche Bindung zu den Orten aufbauen. Trotzdem gibt es auch tolle Nebenquests. Diese haben meist mit euren Verbündeten zu tun oder beleuchten die Ausbildung der beiden Protagonisten.
Schleichen und kämpfen in Assassin’s Creed: Shadows
Von seinen Wurzeln ist Assassin’s Creed kein Rollenspiel, sondern Stealth-Action, zu der sich mehr und mehr auch der offene Kampf gesellt hat. Auch in Shadows macht das einen sehr großen Teil aus. Da Yasuke und Naoe jeweils auf eine Disziplin spezialisiert sind, habt ihr daher weitgehend die Wahl, welchen Spielstil ihr selbst bevorzugt.
Yasuke ist sowohl der Mann für den Nahkampf, als auch für den Fernkampf. Mit Bogen und Gewehr habt ihr eine schnelle und eine langsamere aber wuchtigere Möglichkeit, bereits aus der Ferne eure Feinde auszuschalten. Im Nahkampf hält euch die Naginata Gegner-Gruppen etwas auf Abstand, der Kanabou ist träge aber wuchtig und das Oukatana ein guter Allrounder. Der Kampf spielt sich genretypisch mit normalen und unblockbaren Angriffen, die sich mit roter Farbe ankündigen. Durch den Skillbaum erhaltet ihr einige Verbesserungen und Spezialangriffe, die eure Feinde mitunter in bester Marvel-Manier meterweit durch die Luft schmeißen.
Naoe nutzt dagegen aus der Ferne Shuriken und Kunai, die ihre tödliche Wirkung am besten aus dem Hinterhalt entfalten. Naoes etwas kürzeres Katana ist ebenfalls ihre ausgeglichenste Waffe. Das enorm schnelle Tanto eignet sich mehr für einen sehr schnellen und agilen Kampfstil und das Kusarigama ist als Kettenwaffe eine gute Option gegen mehrere Gegner. Am besten skillt man Naoe aber erstmal in ihren Schleichskills – denn es für sie im Optimalfall gar nicht erst zum offenen Kampf kommt.
Kampf- und Schleichschwierigkeit lässt sich in den Optionen übrigens getrennt voneinander einstellen. Das bestimmt wie aufmerksam die Feinde sind, wie gut sie nach euch suchen und wie stark Schritte auf den besonderen Nachtigallenböden in manchen Bereichen der Festungen gehört werden. Auf schwierigster Einstellung bekommt ihr es mit deutlich aktiveren Wachen zu tun, die euch wirklich fordern.
Der Unterschlupf als unerwartetes Highlight
Der eigene Unterschlupf ist in Assassin’s Creed schon Tradition. In Assassin’s Creed 2 kam etwa die Villa Auditore ins Spiel, in Brotherhood das Café Théâtre und in Valhalla durften wir mit Hraefnathorp sogar ein ganzes Dorf aufbauen. Für mich lohnt sich Assassin’s Creed: Shadows schon für das Versteck des neuen Geheimbundes.
Die Operationsbasis greift das Konzept eines Dorfes auf, nur dass ihr diesmal die verschiedenen Gebäude frei auf den von Bergen umschlossenen Gebiet platziert. Neben den teilweise miteinander direkt verbindbaren Gebäuden gibt es auch eine Vielzahl sammelbarer Dekorationen für innen wie außen und die überdachten Engawa-Gänge um Gebäude zu einem großen Gesamtbild zu verbinden. Sogar Tiere könnt ihr platzieren, die ihr teilweise durch das Streicheln in der offenen Welt „freischaltet“.
Dass die Platzierung auf einem eher strikten Gitter stattfindet, stört dabei kaum, da es gut zur japanischen Bauweise passt – übrigens werden auch heute noch Raumgrößen in Japan oft in Tatami-Matten gemessen, die traditionellen Strohmatten, die den Boden traditioneller Räume bedecken.
Das Gelände bietet genug Platz, dass ihr auch noch weitere Räume ohne Funktion bauen könnt, um diese nach eurem Geschmack zu dekorieren. Die Raumdekoration beschränkt sich allerdings auf wenige vordefinierte Plätze. Erwartet also keine gestalterischen Freiheiten eines Sims-Spiels. Es passt aber gut zum eher minimalistischen Einrichtungsstil solcher Gebäude.
Beim Unterschlupf ist es schon ein bisschen schade, dass die Assassin’s Creed-Titel zu den weniger moddingfreundlichen Spielen zählen. Das Versteck hätte einiges an Potential. Trotzdem ist es ein schöne Basis, die auch zunehmend durch weitere Verbündete mit Leben gefüllt wird.
Roadmap: Assassin’s Creed: Shadows wieder ein langfristiges Projekt?
All zu viel ist zu den Plänen für Assassin’s Creed: Shadows nach Release noch nicht bekannt. Der ursprünglich angedachte Season Pass wurde schließlich als Reaktion auf den Unmut auf den ursprünglichen Inhalt der Editionen komplett rausgenommen. Zumindest der erste DLC soll allerdings für Vorbesteller kostenlos sein. Und über den ist schon einiges bekannt.
„Die Klauen von Awaji“, so der Name fügt die gleichnamige Insel jenseits der Bucht Osakas hinzu. Ubisoft gibt an, dass die Erweiterung mehr als 10 Stunden zusätzlichen Inhalt hinzufügt. Diese drehen sich um eine neue Fraktion, die Jagd auf Yasuke und Naoe machen, die offenbar sogar in Fallen und Hinterhalte gelockt werden. Der Release ist erst später in 2025 geplant.
Darüber hinaus lässt sich nur spekulieren. Ubisoft liebt Game as a Service und hat das vor allem in Anno 1800, ebenso aber auch in Asssassins Creed: Valhalla ausgelebt. Dieses erhielt drei große DLCs die jeweils in neuen Gebieten stattfanden. Zusätzlich wurde das Spiel aber auch in Updates immer wieder mit kleinen Content-Häppchen versorgt. Auch für Shadows kann ich mir neue Skills oder mehr Variation in den Aufträgen zur Materialbeschaffung vorstellen – ähnlich wie die Raubzüge in Valhalla nachgebessert wurden. Auch Ingame-Festivitäten kann ich mir entlang traditioneller japanischer Feste im Verlauf des Jahres gut vorstellen.
Fazit: Assassin’s Creed: Shadows ist gut – aber reicht das?
Die Charaktere sind zum Glück nicht das Problem. Sogar auf Steam und Metacritic fällt der Wokeness-Hate deutlich geringer aus als die Stimmung davor befürchten ließ. Stattdessen überzeugt das Protagonisten-Duo sowohl mit Persönlichkeit, als auch mit ihren zwei unterschiedlichen Gameplay-Rollen. Über weite Teile des Spiels entscheiden wir selbst, ob wir den Assassinen-Ansatz bevorzugen oder im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Tor in die Burg einfallen. Sowohl das Schleichen als auch der Kampf gehen dabei echt gut von der Hand, auch wenn die zickige Kamera uns das Leben etwas schwer macht.
Schade nur, dass Ubisoft das Pacing der Story weniger hinbekommt und sich die Nebenquests oft in Belanglosigkeit verlieren. Ähnliches gilt für die Welt. Die ist wirklich schön inszeniert und die vier lässt das Herz eines hier schreibenden Japan-Fans höher schlagen. Man darf aber auch nicht zu genau hinschauen. Trotz der enormen Größe der Welt wurde hier viel zusammengestaucht und wenn man genauer hinschaut, kommt einfach nicht die Immersion eines grandiosen Kingdom Come Deliverance 2 auf. Auch wirkt die Welt eigentlich schon zu groß für ihre spielerischen Inhalte, die dann teilweise doch etwas künstlich reingesetzt wirken.
Assassins Creed: Shadows ist ein gutes Spiel und hat mir wirklich viel Spaß gemacht. Doch ist ausreichend für ein strauchelndes Ubisoft? Die ersten Zahlen sehen zumindest brauchbar aus. Mehr als 2 Millionen Spieler zählte das Spiel innerhalb der ersten 48 Stunden und muss sich nur dem Vorgänger Valhalla geschlagen geben. Dieser hatte einen ähnlichen Metascore von 80, kämpfte aber tatsächlich mit schlechter Nutzerbewertungen. Für Ubisoft wird entscheidend wie viele Zögerer dem Spiel jetzt doch noch eine Chance geben und wie viel Zugkraft das Japan-Setting im westlichen Mainstream hat. Für mich ist Assassin’s Creed: Shadows trotz „Ubisoft-Formel“ ein Anwärter auf mein Lieblingsspiel der Reihe.
Image by Ubisoft via IGDB / Screenshots by Stefan Reismann
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