Cities Skylines 2 hat sich zum Release nicht mit Ruhm bekleckert. Nachdem man die Community mit Feature-Videos den Mund wässrig auf die Neuerungen gemacht hatte, konnte das „fertige“ Spiel den Erwartungen nicht annähernd gerecht werden. Auch für mich war das Spiel eines der größten Enttäuschungen 2023. Mit dem „Economy 2.0“-Update veröffentlichte Entwickler Colossal Order jetzt das bislang größte Update, dass auch einen der größten Kritikpunkte angeht. Lohnt sich Cities Skylines 2 nach dem Economy 2.0-Update nun endlich?
Die Antwort ist ein „Ja, aber…“, denn die Wirtschaft war nicht das einzige Problem zum Release und auch die Wirtschaft ist noch immer nicht perfekt. Außerdem steht das Spiel auch noch in den riesigen Fußstapfen seines Vorgängers, die sich nicht von heut‘ auf morgen füllen lassen. Aber zuvor nochmal ein Blick zurück auf den verhängnisvollen Release.
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Cities Skylines 2 hätte SO nicht veröffentlicht werden dürfen
Warum glauben Publisher, dass es eine gute Idee wäre, Spiele früher zu veröffentlichen und damit zu riskieren, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Käufer das Spiel fallen lässt? Vor allem bei einem Spiel, das darauf ausgelegt ist über viele Jahre mit neuen Inhalten versorgt zu werden. Cities Skylines 2 hätte in seinem damaligen Zustand nie veröffentlicht werden dürfen.
Die Features klangen nämlich genial: Verbesserter Straßenbau, mehr Zoning-Varianten und eine stark verbesserte Wegfindungs-KI, die viele Faktoren, wie sogar die Altersgruppe in die Wegfindungs-Entscheidung einbezieht. Auch die Wirtschaft klang zunächst deutlich verbessert und mit mehr Stellschrauben. Hinzu kamen neue Dienstleistungen, Gebäude wie Kraftwerke mit deutlich realistischerer Größe und Erweiterungen für diese Gebäude. Auch Jahreszeiten, die verbesserte Grafik, Performance-Verbesserungen und die offenbar sehr frühe Einbindung bekannter Cities Skylines-YouTuber in die Entwicklung machten Hoffnung.
Schon die Performance war überraschenderweise vor allem auf GPU-Seite sehr mies – dem Vorgänger machte dagegen die nichtvorhandene Nutzung mehrerer CPU-Kerne zu schaffen. Trotz der der hohen GPU-Belastung fehlen dem Spiel außerdem belebende Animationen etwa in Parks, die Cities Skylines 1 bereits hatte. Das spricht vor allem für eine sehr schlechte Optimierung des Spiels. Auch Fahrräder gibt es nicht mehr und die Wirtschaft war so kaputt, dass einen nicht genauer erklärte Fördergelder trotz roter Zahlen stets über Wasser hielten. Mods gab es zunächst ebenfalls nicht und verzögerten sich stark zum ursprünglichen Plan. Auch jetzt ist die hauseigene Modding-Plattform noch in der Beta und ermöglicht noch nicht alle Arten von Mods, die man aus dem Vorgänger kennt.
Das Sims 4-Dilemma
Ein großes Problem an Cities Skylines 2 zum Release: Es machte vieles falsch und es hat zu Beginn nicht ansatzweise den Umfang von Cities Skylines mit seinen über Jahre hinzugekommenen DLCs. Auf der anderen Seite hat es aber auch Features, auf die ich nicht verzichten möchte. Ich nenne das gerne mein „Sims 4-Dilemma“.
Sims 4 stürzte mich nämlich in einen ähnlichen Konflikt. Es hatte zu Release nur das Basis-Game und es gab einige Design-Entscheidungen, die ich echt gehasst habe. Am prominentesten war die Abkehr von der offenen Welt. Ich liebte in Sims 3 die riesigen offenen Welten, die sich frei begehen ließen. Sims 4 setzte mehr auf Performance und wollte sich vom Bug-Potential der offenen Welt befreien. Man ging zurück zu kleineren, ausschnittshaften Nachbarschaften in denen „zufällig“ immer die gesamte Stadt am eigenen Grundstück vorbeiläuft.
Ich wäre sofort zum völlig verbuggten Sims 3 zurückgekehrt – wären da nicht auch Features an Sims 4, die mir gefielen. Für mich war das zum einen die spontanen Bedürfnisse der Sims, vor allem aber auch das Multitasking. Ich konnte einfach nicht mehr darauf verzichten, dass meine Sims auch bei einer Vielzahl von Tätigkeiten mit anderen Sims interagieren können.
Ähnlich ist es bei Cities Skylines. Ich möchte nicht mehr auf die verbesserte Straßen-KI, einige neue Bautools und vor allem die teils gigantischen Gebäude verzichten. Cities Skylines 2 machte mir so unfertig aber keinen Spaß. Das führte dazu, dass ich die letzten Monate weder Cities Skylines 1 noch Cities Skylines 2 angerührt hatte.
Damit bin ich wohl auch nicht der einzige: Die Spielerzahlen von Cities Skylines 1 haben die seines Nachfolgers bereits im Januar wieder überholt. Beide Spiele zusammen haben trotzdem weniger Spieler als Cities Skylines 1 zuvor allein. Allerdings ist Cities Skylines 2 auch im Game Pass enthalten.
Das DLC-Desaster
Wenn es in der Stadt brennt, braucht es im Spiel die Feuerwehr. Das gilt übrigens tatsächlich ebenso im echten Leben und lässt sich auch gerne als Metapher für andere Probleme verwenden. Als es bei Cities Skylines 2 lichterloh brannte hat man natürlich auch ein paar Feuerwehrwagen ausgesendet. Wirklich gut koordiniert war das aber zunächst nicht. Teils hatte man sogar das Gefühl, es werden noch versehentlich ein paar Ölfässer vor dem Feuer abgestellt.
Eigentlich waren bereits zum Release 8 kostenlose Region-Packs angekündigt, die zeitnah die eigene Modding-Plattform erreichen sollen. Dafür schlossen sich die Entwickler mit bekannten Cities Skylines-Moddern zusammen. Mehr als 2.500 neue Assets sollen damit das Spiel bereichern. Zu den 8 Regionen gehören unter anderem Deutschland, Frankreich, Japan aber auch Ost- und Westküste der USA.
Als die Modding-Plattform deutlich verspätet im März startete, gab es aber nur das kostenpflichtige „Beach Properties“-Asset Pack. Dies umfasste 60 neue Wohngebäude-Variationen, 6 besondere Gebäude und 4 Bäume – für 10 Euro nicht der üppigste Umfang. Das größte Problem war allerdings, dass das Spiel noch keine Möglichkeit bietet um Strände, Promenaden oder Kaimauern zu bauen. Auf die schlechten Steam-Bewertungen hin ermöglichte Colossal Order zumindest eine Rückerstattung für den DLC.
Stand 2.07.2024 gibt es übrigens noch immer keine Möglichkeit Assets auf der hauseigenen Modding-Plattform zu veröffentlichen und auch die Region Packs lassen somit weiter auf sich warten.
Lohnt sich Cities Skylines nach dem Economy 2.0-Update?
Die Änderungen durch das Economy 2.0 Update sind wirklich riesig. Macht euch daher bei alten Spielständen auf eine riesige Sterbewelle gefasst. Damit die neue Wirtschaft und andere Änderungen richtig funktionieren, müssen die Städte von neuen Cims bevölkert werden. Ich empfehle euch aber lieber einen komplett neuen Spielstand, weil die Economy 2.0 eine schlecht optimierte Stadt schnell in den Ruin treiben kann.
Da auch die freigeschalteten Gelände-Kacheln jetzt Unterhaltskosten verursachen solltet ihr zunächst deutlich bedachter expandieren. Auch das Spiel selbst empfiehlt bei Freischaltung aller Kacheln zu Spielstart besser auch mit unbegrenztem Geld zu spielen. Das ist allerdings etwas unglücklich, da sicherlich einige Spieler zwar gleich zum Start die ganze Map, aber trotzdem eine finanzielle Herausforderung möchten.
Ungeübte Spieler könnte zudem der knackige Start abschrecken. Zu Beginn schreibt ihr nämlich unausweichlich rote Zahlen. Erst mit einer größeren Bevölkerungsbasis, die die Kapazitäten der Dienstleistungs-Gebäude besser ausreizt, kommt man in die grünen Zahlen. Hat man zum Start keine guten Orte für Windräder wird es noch schwieriger. Die Windräder sind deutlich günstiger. Sie profitieren nicht nur davon am Start weniger Überproduktion zu leisten, sondern erfordern auch keine Löhne. Die Löhne für die Arbeiter sind beim Kohlekraftwerk dagegen nämlich der mit Abstand größte Kostenpunkt, der zum Start ein großes Loch in die Kasse reißt.
Der Spaß kehrt endlich zurück
Nach dem enttäuschenden Release fristete Cities Skylines 2 gute 8 Monate ein einsames Leben ohne dass es wieder gestartet wurde. Meine größte Stadt wurde bis dahin gerade einmal 34.000 Einwohner groß. Meine neue Stadt steht jetzt schon bei stolzen 140.000 Einwohnern. Das Spiel selbst liefert mir also schon Zahlen, die den größeren Spielspaß deutlich machen.
Das Stadtwachstum ist bei solchen Spielen allerdings auch eine Kurve, die mit dichteren besiedelten Zonen einen deutlichen Sprung nach oben macht. Die Finanzen sind aktuell kein Problem mehr. Die Stadtkasse macht ein deutliches Plus in Millionenhöhe und ich konnte zuletzt auch einen ganz neuen Teil der Stadt an einem Stück hochziehen. Dafür kommen jetzt ganz andere Herausforderungen.
Das neue, deutlich dichter besiedelte Downtown-Gebiet samt Bahnhof verursacht deutlich mehr Verkehr der irgendwie bewältigt werden muss und da einige der größten Wohngebäude auch mal über 300 Einwohner beherbergen, habe ich derzeit eigentlich viel zu wenig Schulen um allen eine entsprechende Bildung Teil werden zu lassen. Ich liebe es aber, dass nicht nur das Ausmaß vieler Gebäude, sondern auch die Bevölkerungsdichte in Cities Skylines 2 realistischer als in seinem Vorgänger ist.
Das versteckte Highlight des Economy 2.0-Updates
Eine Neuerung gegenüber seinem ersten Teil ist in Cities Skylines, dass etliche Dienstleistungs-Gebäude Upgrades haben. Einige davon werden eher unsichtbar auf das Grundgebäude angewendet, andere werden modular an das Gebäude gekoppelt. So etwa die Grundschule dem man einen Spielplatz oder eine Kinderklinik hinzufügen darf.
Bislang mussten diese Upgrades direkt an das Hauptgebäude anschließen. Das konnte gerade bei größeren Gebäuden dafür sorgen, dass man die umschmiegenden Straßen nachträglich aufsprengen musste, um Platz für die Erweiterung zu machen. Das ändert sich mit dem Economy 2.0 Update.
Nun haben wir einen individuellen Radius, innerhalb dessen wir die zusätzlichen Gebäude platzieren können. Endlich kann ich den großen Sportplatz der Sekundar-Schule bequem auf der anderen Straßenseite errichtet werden. Das Feature war eine schöne Überraschung und macht auch schon Freude für kommende DLCs und Mods, die dieses Feature ebenso gut nutzen.
Economy 2.0 ist endlich Cities Skylines 2 Version 1.0
Ist Cities Skylines 2 nach dem Economy 2.0 Update jetzt ganz rund? Das ginge jetzt doch ein bisschen zu weit. Fahrräder fahren noch immer nicht durch die Stadt, Parks und Co könnten noch immer etwas Leben durch animierte Cims vertragen und auch das jüngste Update kam nicht ohne neue Bugs aus.
Trotzdem hat das Spiel langsam einen Zustand erreicht, den ich als Version 1.0 durchgehen lassen würde. Schon zuvor gab es durch Hotfixes einige Verbesserung und spätestens im März spürte man trotz der unglücklichen DLC-Politik den Willen, das Ruder doch nochmal rumzureißen. Dass mit dem dort eingeführten Modding einige Modklassiker des Vorgängers zurückkehrten trugen dabei auch ihren Teil bei.
Das Economy 2.0-Update toppt das ganze natürlich und ich bin froh, dass Colossal Order auch in Kauf genommen hat, dass das Update bestehende Städte mächtig durcheinander wirbeln kann. Offenbar hat man auch sehr selbstkritisch hinterfragt, was so gar nicht funktioniert hat und viele komplexe Berechnungen durch deutlich simplere, dadurch aber besser balancierbare Berechnungen ersetzt.
Zwar gibt es genretypisch einen Punkt, ab dem Finanzen nur eine eher untergeordnete Rolle spielen, aber ab dem Moment war auch der Vorgänger bereits von der Wirtschaftssimulation zum Infrastruktur-Puzzler geworden, wo der Verkehrsfluss zum steten Endgegner wird.
Lohnt sich Cities Skylines 2 mit dem Economy-Update?
Das Economy 2.0-Update könnte zu einem wichtigen Wendepunkt für die Zukunft des Spiels werden. Es geht die spielerisch größte Schwachstelle an und löst dessen Probleme weitgehend gut.
Mit der neuen wirtschaftlichen Basis steht das Spiel zumindest stabil genug auf eigenen Füßen, dass sich das Team mehr auf die DLC-Entwicklung konzentrieren kann. Mit diesen kamen ja auch bereits beim Vorgänger zusätzlich kostenlose Updates, die einige Aspekte des Spiels für alle verbessern. Wer das Spiel noch nicht hat, kann langsam zugreifen oder im Game Pass anspielen. Nennt ihr das Spiel bereits euer eigen, empfehle ich zumindest eine neue Stadt anzufangen, um vor allem auch die anfängliche Herausforderung mitzunehmen.
Auf Steam hat das Update noch keine so großen Wellen geschlagen. Hatte das Spiel zuvor ein Wochenhoch von gut 8.000-Spieler schaffte man es in der Update-Releasewoche rund 12.000-Spieler. Das ist kein Vergleich zu den Ausschlägen die etwa der Indie-Hit Stardew Valley bei großen Updates erfährt.
Es ist also noch einiges zu tun, das Vertrauen der ganzen Spielerschaft zurückzugewinnen. Die größte Herausforderung werden dabei die großen Fußstapfen. Cities Skylines 1 ist mit seinen DLCs ein richtiges Umfang-Monster geworden. Zwar lohnt sich Cities Skylines 2 mit dem Economy 2.0-Update langsam wieder, doch es mangelt noch am Abwechslungsreichtum des über Jahre gewachsenen Vorgängers.
Gegen Ende des Jahres ist übrigens der Konsolen-Release geplant. Für Konsolenspieler sollen dabei erstmals auch Mods zugänglich werden – aber wohl keine Mods, die das Gameplay verändern.
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Nachtrag: Neues Update 1.1.6f1
Wenig überraschend ist ein neues Update für Cities Skylines 2 erschienen. Sehr wohl überraschend ist, dass es nicht nur Bugfixes für Economy 2.0 bringt, sondern auch eine ganze Menge neuer Inhalte – nur 9 Tage nach dem großen Wirtschafts-Update.
Zu den neuen Inhalten gehören ganze 27 neue Dienstleistungsgebäude, die vor allem kleinere Alternativen zu den vorhandenen darstellen. Es gibt aber auch neue Parkplätze, öffentliche Parks und kleinere Varianten von Bus- und Bahnstationen. Im Detail sind das:
- Ein kleiner Wasserturm
- Eine kleine Klinik
- Eine neue Feuerwehrstation
- 4 neue Bildungsgebäude
- 2 neue Polizeistationen
- eine neue kleine Poststation
- 6 neuen ÖPNV-Gebäude
- 5 neuen Stadtparks
- 6 neue Parkplätze
Hinzu kommen auch noch 4 neue Fahrzeuge (Müllfahrzeug, Schneepflug und 2 neue Züge) und an Kreisverkehren können nun Gebäudezonen angelegt werden. Außerdem gibt es für jeden vorgefertigten Kreisverkehr zwei neue Varianten. Das Oberflächen-Tool hat außerdem 11 neue Oberflächen hinzubekommen und das Tool zum setzen von Bäumen lässt jetzt auch einstellen, welches Alter die Bäume haben sollen.
Image by Colossal Order via IGDB
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