Lohnt sich Kingdom Come Deliverance 2? Das Mittelalter-Abenteuer im Test

Manchmal ist es doch ganz schön, ohne zu feste Erwartungen an ein Spiel zu gehen. Natürlich habe ich viel von Kingdom Come Deliverance gehört und wusste, dass der Nachfolger auf einem sehr guten Weg ist. Doch weil ich eigentlich auch noch andere Spiele zocken wollte, habe ich mir das Spiel „erst“ einen Tag nach Release gekauft, ohne den Vorgänger gespielt zu haben. Doch lohnt sich Kingdom Come Deliverance 2 auch für einen Neueinsteiger in die Reihe?

Natürlich kann ich euch nicht aus erster Hand sagen, was das Spiel schlechter oder besser macht als sein Vorgänger. Dafür kann ich aber urteilen, wie gut das Spiel auch für sich allein stehend funtkioniert. Und ich kann euch bereits so viel verraten: Es hat etwas von einem zeitgemäßeren Gothic.

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Eine gute Fortsetzung – auch für Einsteiger

Kingdom Come Deliverance 2 setzt quasi nahtlos fort, wo sein Vorgänger geendet hat. Nachdem Hans Capon sich im Epilog als Bote angeboten hat um ein mögliches Bündnis mit Otto von Bergow auszuhandeln und Heinrich (der Spielercharakter) ihn dabei begleiten soll, beginnt die Fortsetzung mit der Ankunft in seinen Ländereien, die derzeit von vielen Banditen geplagt sind.

Das erfahren wir auch am eigenen Leib, als wir kurz vor Trosky ein letztes Nachtlager aufschlagen und selbst zum Ziel eines Überfalls werden. Einzig Heinrich und Hans schaffen es durch einen „glücklichen Zufall“ noch so gerade zu entkommen.

Auch wenn ich den Vorgänger nicht gespielt habe, überraschte mich die Art, wie die Fortsetzung die Ereignisse des ersten Spiels einbindet. Kingdom Come Deliverance 2 bietet nämlich keinen Import des Spielstands an. Stattdessen gibt es in den ersten Stunden einige Gespräche, die sowohl auf Heinrichs Vergangenheit, aber seine Abenteuer mit Hans Bezug nehmen. Erfahrene Spieler wählen hier vermutlich eher, wie sie sich im ersten Teil entschieden haben. Ich als neuer Spieler bekomme so aber auf sehr natürliche Art etwas Hintergrundinformation und kann meinen Heinrich schon ein bisschen formen, wie ich ihn gerne spielen würde. Einige Entscheidungen haben sogar Einfluss, welche Werte schon leicht gesteigert zum Einstieg sind.

Darüber hinaus findet die Fortsetzung auch eine erzählerische Begründung, warum wir in vielem erst einmal wieder etwas schlechter sind als zum Ende des ersten Spiels. Es ist jetzt nicht gerade völlig realistisch, aber es bemüht sich mehr als die meisten Fortsetzungen den Rückschritt der eigenen Fähigkeiten auch in die Geschichte einzubetten.

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KCD 2 und seine großen Welten.

Viele Reviews zu Kindom Come Deliverance 2 schwärmen davon, wie unglaublich schön die Welt ist. Dem stimme ich zu, wenn auch mit einigen Einschränkungen. Die reine Grafikpracht bekommen Spiele größerer Studios eindeutig besser hin. Was Größe und Glaubwürdigkeit angeht, haut einen die Welt aber einfach um.

Ob ich nun durch dichte Wälder streife, mich durch enge Felsformationen quetsche, zwischen riesigen Feldern reite oder durch Dörfer wandere: Es fühlt sich einfach unglaublich realitätsnah an. Und es ist sogar nahezu jedes Gebäude betretbar – auch wenn unerlaubtes Eindringen auch viel Ärger bedeuten kann. Und selbst zwischen den Orten gibt es mitunter Höfe, Holzfällerlager, Jäger oder Schäfer, die der Glaubwürdigkeit beitragen. Ein richtiges Wow-Erlebnis ist außerdem auch die Burg Trosky, die mit einer absurden Liebe zum Detail zum digitalen Leben erweckt wurde.

Die Größe der ersten Karte allein wäre normalerweise ein Videospiel für sich. Doch dann kommen wir mit einer höheren zweistelligen Stundenzahl auf die noch größere Karte der Kuttenberg-Region. Diese bietet nicht nur deutlich mehr Siedlungen mit teils sehr unterschiedlichem Design, sondern auch die Stadt Kuttenberg. Und Kuttenberg ist RIESIG. Dank der verschiedenen Viertel und vieler ikonischer Bauwerke kommt trotz der Größe trotzdem keine Langeweile auf. Die Stadt hätte von den Menschenmassen noch etwas wuseliger sein dürfen, aber trotzdem hat man das Gefühl einer in sich sehr stimmigen und atmenden Stadt.

Stimmigkeit ist dabei ohnehin das große Stichwort. Screenshots lassen zwar die Natürlichkeit der Welt erahnen, hauen aber noch nicht so richtig vom Hocker. Dafür fehlt auch einfach das Budget, das ein Red Dead Redemption 2 für seine Western-Szenerie hatte. Umso beeindruckender ist, dass sich die Welt von Kingdom Come Deliverance 2 ähnlich groß und eben stimmig anfühlt. Einfach jeder Ort der Spielwelt ergibt Sinn und trägt zur Immersion bei, die man einfach selbst erleben muss. Dazu trägt ebenfalls die Ego-Perspektive bei, die eigentlich geradezu nach einer VR-Mod verlangt.

Hier wird Geschichte geschrieben

Nicht nur der Einstieg in die Geschichte ist sehr gelungen inszeniert. Auch sonst haben die Schreiber einen hervorragenden Job geleistet. Und nein, hier dürft ihr kein Shakespeare-Drama erwarten. Stattdessen sind es weitgehend bodenständige Geschichten, denen man relativ einfach folgen kann.

Genau darin liegt aber auch die Stärke: Einfache Geschichten, die aber trotzdem spannend sind und Herz zeigen. Die Eröffnung sorgt außerdem dafür, dass unser Heinrich zunächst wenig Geld in der Tasche hat und sich nach Arbeit umsehen muss. Da landet man schnell bei den Nebenquests, die einem auch mal eine ganze Weile beschäftigen, bevor man überhaupt dran denkt, in der Hauptgeschichte voranzuschreiten.

Die Nebenquests sind in KCD 2 allerdings oft auch schon größere Geschichten, die sich über mehrere Stationen entfalten anstatt ein stumpfes sammeln einer bestimmten Anzahl Gegenstände zu sein. Das kann dann auch mal die Fehde zweier Dörfer sein, in die man reingezogen wird. Da lässt man sich dann auch mal bequatschen den Prachtbullen der Nachbarn optisch etwas „aufzuwerten“, was nicht unbedingt zur Freude beider Parteien führt. 

Kingdom Come Deliverance 2 spielt dabei gerne augenzwinkernd mit dem Aberglauben der Menschen, sodass wir auch mal vermeintlich gegen Drachen oder Dämonen ins Feld ziehen. Die größte Belohnung ist am Ende immer, dass man durch die Quests zu jedem Ort und seinen Menschen einen anderen Bezug entwickelt.

Die Quests bedeuten aber auch viel Reisezeit. Sobald man ein Pferd hat, kommt man aber relativ gut durch die Welt und einmal entdeckt könnt ihr auch per Schnellreise zu Siedlungen gelangen. 

Ein sichtlich angetrunkener Heinrich in einem nächtlichen Lager.
Warum Heinrich halbnackt und nicht mehr so ganz nüchtern ist? Das ist eine laaange Geschichte.

Kingdom Come Deliverance 2 punktet mit starken Charakteren

Die Hauptstory punktet natürlich sofort mit der Chemie zwischen Heinrich und Hans. Während Heinrich als Schmiedesohn ein absoluter Durchschnittstyp ist, den unerwartete Ereignisse zum Vertrauten eines Adeligen werden ließen, ist Hans Capon der kecker Adelsspross mit einem leichten Hang zur Hochnäsigkeit. Dass Heinrich trotz seiner geringeren Herkunft auch mal für Kontra sorgt und oft mehr die Stimme der Vernunft ist, sorgt für eine herrliche Dynamik.

Allerdings sind die beiden dann doch überraschend oft getrennt. Das nutzt das Spiel aber gut, um eine interessante Riege an Nebencharakteren zu etablieren. Dabei schafft es Kingdom Come Deliverance 2 auch ein sehr lebendiges politisches Schachbrett aufzubauen, das ständig in Bewegung ist. Trotz einiger Wendungen hatte ich dabei nie das Gefühl, von den Machtstrukturen überrollt zu werden. Die Motivationen sind immer klar genug, dass man auch nach einem Plottwist schnell wieder auf der Höhe der Ereignisse ist. Und auch wenn das Setting historisch bedingt sehr patriarchalisch ist, zeigt Warhorse Studios trotzdem ein gutes Fingerspitzengefühl, auch starke Frauen in die Geschichte zu schreiben. 

Auch spielerisch macht die Hauptstory mächtig Spaß und zeigt sich sehr abwechslungsreich. So verbrachte ich gut zwei Stunden auf einer wirklich toll inszenierten Hochzeitsfeierlichkeit mit vielen kleinen Nebengeschichten. Auch habe ich im Verlauf der Hauptquest überraschend viel über die Silberproduktion gelernt.

Einige schleichlastige Quests haben mir dagegen aber auch graue Haare bereitet, vor allem da sie essentielle Momente der Geschichte sind, wo man aus Frust nicht einfach etwas in die offene Welt gehen kann, bevor man sie nochmal versucht. Allerdings sind sie auch ein sehr bewusster Wechsel im Erzähltempo und tragen zum abwechslungsreichen Eindruck bei. Und zumindest in einer gewissen Burg gab es dann doch auch Alternativen zum Schleichen. Trotzdem wären ein paar zusätzliche Speicherpunkte in manchen Quests, in denen uns der Retterschnaps zum manuellen Speichern weggenommen wurde, nicht schlecht gewesen. 

Crafting für echte Macher

Eine der größten Stärken von Kingdom Come Deliverance 2 ist, dass es nicht vor Komplexität und Detailversessenheit zurückschreckt, um die Immersion seiner Welt zu entfalten. Jedem Spieler wird das garantiert nicht schmecken, da es das Spiel auch langsamer oder gar zäh macht.

So wirklich deutlich wurde mir das, als ich im Rahmen des Einstiegs erstmals an den Alchemietisch durfte. Während viele Spiele Crafting auf einen einzigen Klick zur Herstellung eines Items heruntergedampft haben, geht KCD 2 den steinigen Weg. Kein unpersönliches Menü, sondern der Tisch, an dem ich arbeite. Selbst für das Rezept steht das Buch zum Nachschlagen des Rezeptes physisch neben der Arbeitsfläche und ich muss genau auf die Arbeitsschritte achten. Erst die Basis in den Kessel, diesen näher ans Feuer damit es köchelt. Nach der ersten Zutat stell ich eine Sanduhr um damit es genau die richtige Zeit kocht. Kessel vom Feuer runter. Jetzt muss ich die nächste Zutat erstmal zermörsern ehe sie in den Kessel kommt.

Es dauert bis ich den Trank in den Händen halte und das nachblättern im Buch ist auch umständlicher alles automatisch angezeigt zu bekommen. Gerade weil ich jeden Handgriff selbst mache saugt es mich dafür mehr ins Geschehen. Das kann natürlich auch mal nerven, aber für mich ist an dieser Stelle das Spielgefühl wichtiger als die „verschwendete“ Zeit für repetitive Arbeiten.  

Etwas schwerer tat ich mich aber zunächst beim Schmieden. Da die Gegenstände möglichst gleichmäßig behämmert werden sollen, führte das gerade beim anfänglichen Hufeisen zu Problemen – das von der Form aber auch eher eine Ausnahme ist. Doch auch der Takt, der durch Heinrichs Pfeifen etwas vorgegeben wird ist anfangs etwas herausfordernd zu halten, da ihr nicht das Aufschlagen des Hammers, sondern das Ausholen aktiv steuert.

Ein Rezept im Alchemiebuch erklärt die Herstellung eines Fiebertonikums mit zusätzlicher Bebilderung.
Um ein Rezept nachzuschlagen müsst ihr es tatsächlich nachschlagen. Die bildliche Anleitung ist dabei noch ein schönes Detail.

Kleider machen Leute

Das Crafting ist aber nur ein besonders auffälliges Beispiel. Auch sonst zieht uns das Rollenspiel tiefer in seine Welt als die meisten Genre-Vertreter. Die Mittel erinnern mich dabei vor allem an den Western-Epos Red Dead Redemption 2.

Auch in Kingdom Come Deliverance 2 ist die Welt so glaubwürdig, weil sie sich nicht um uns dreht. Die Welt kommt auch ohne uns zurecht und dreht sich auch weiter, wenn wir nicht da sind. Das heißt aber nicht, dass wir nicht unseren eigenen Fußabdruck hinterlassen können. Ähnlich wie bei Red Dead Redemption 2 reagiert die Welt trotzdem ständig auf uns. Wenn wir in blutiger oder dreckiger Kleidung betrunken durch die Straßen torkeln nehmen uns die Bewohner ganz anders wahr, als wenn wir in herrschaftlicher Gewandung daherkommen. Kleider machen hier wirklich Leute und sogar unser Herr Hans Capon muss das zu Beginn sehr schmerzlich erfahren.

Gewürzt wird das ganze aber nochmal auf rollenspielerischer Ebene. Es gibt nämlich auch primäre und sekundäre Attribute, die große Auswirkung auf Dialoge haben. Viele Kämpfe können wir beispielsweise auch diplomatisch oder sogar durch gekonnte Drohungen umgehen. Auch hier ist unsere Kleidung wichtig, denn ein Edelmann wird wohl kaum den diplomatischen Rat eines vermeintlichen Bettlers Gehör schenken. Umgekehrt kommt es aber auch darauf an, mit wem wir reden. Ist eine Wache sowieso schon wütend, sollte man von einer Gewaltdrohung vielleicht eher absehen.

Übrigens hat auch jeder Bewohner in der Welt seinen eigenen Tagesablauf. Den Schmied für den ich anfangs arbeitete traf ich abends in der Taverne wieder, wo ich mein hart erarbeitetes Geld gleich beim Würfeln wieder an ihn verzocken konnte. Aber sogar Tavernen schließen irgendwann am Abend und abends solltet ihr eine Fackel tragen, wenn ihr keinen Ärger mit den Wachen bekommen wollt.

Learning by Doing

Auch für Fans von den Elder Scrolls-Spielen lohnt sich Kingdom Come Deliverance 2 womöglich. Auch bei KCD 2 entwickelt ihr euren Charakter nämlich in erster Linie weiter, indem ihr etwas tut. Neben dem Hauptlevel steigert ihr auch mehrere Attribute wie Stärke oder Redegewandtheit und das eben vor allem durch die aktive Nutzung. Im Kampf verbessert ihr eure physischen Werte, wenn ihr feilscht oder euch an diplomatischer Konfliktlösung versucht werdet, feilt ihr dagegen an der Treffsicherheit eurer Worte. Ja sogar beim Würfelspiel steigert ihr zumindest eure Agilität.

Auch zahlreiche Fertigkeiten sowie verschiedenste Waffengattungen verbessert ihr durch die jeweilige Ausübung. Alle zwei Stufen (bis Stufe 30) wählt ihr außerdem noch einen zusätzliche Spezialisierungen für eure eure Attribute oder Fertigkeiten aus. Teilweise sind es sehr naheliegende Boni wie mehr Tragkraft als Stärkebonus – unterschätzt das in KCD 2 nicht, anfangs kann eine Metallrüstung schon die Kapazität komplett ausreizen. Aber es gibt auch Kampffertigkeiten, durch die ihr mit einer Plattenrüstung Charisma gewinnt und sogar euer Hund kann euch Boni auf einschüchternde oder charismatische Dialogoptionen geben.

Auch für Handwerk und Alchemie gibt es interessante Boni. Unter anderem könnt ihr dadurch recht früh eine Qualitätsstufe eurer Tränke und Waffen erreichen, die euch nirgendwo verkauft wird. Die Alchemie wird dabei als Einnahmequelle aber schnell übermächtig. Mit den richtigen Skills erhaltet ihr für einmal brauen 6 Tränke allerhöchster Qualität. Ohnehin ist Alchemie zum Geldverdienen der Schmiedekunst weit überlegen, da die Zutaten kostenlos gepflückt werden können. Und die Basis – unter anderem Wein, Öl und Alkohol – dürfen wir seltsamerweise kostenlos an den Alchemietischen nutzen, während das Essen in der Taverne in den Anfangsstunden erst einmal eine finanzielle Hürde ist.

Auch ist nicht jeder Skill gleichmäßig ausgewogen vom Lernen. Hundeführung levelt ihr selbst ohne all zu aktive Beschäftigung mit Köter ziemlich schnell. Und auch Alchemie und Handwerk sind sehr schnell gelevelt.

Ecken und Kanten 

Kingdom Come Deliverance 2 ist kein kleines Indie-Spiel. Das auf gut 41 Millionen US-Dollar geschätzte Budget ist dennoch nur halb so groß wie seiner Zeit der große CD Projekt-Durchbruch The Witcher 3 – und nur der Bruchteil eines Cyberpunk 2077. Das kann das Spiel auch nicht komplett verstecken und zeigt sich in einigen Ecken und Kanten.

In seinen besten Story-Momenten ist das Spiel mit filmreifen Kamera-Einstellung und Motion-Capturing inszeniert. Dann gibt es aber eben auch sehr hölzerne Standard-Animationen, steifes rumstehen und sich wiederholende Gesichter. In der Mimik tun sich sogar die Hauptcharaktere oft recht schwer. Wunderbar ist dagegen wie gut oft die Gesichter der Sprecher auf die Figuren übertragen wurden.

Apropos Sprecher: Es ist beeindruckend, wie das Spiel nicht nur das angeblich größte Drehbuch eines Videospiels hat, sondern auch alles komplett und sogar in mehreren Sprachen vertont. Der Originalcast ist dabei sehr stark, bei der deutschen Sprachausgabe hader ich jedoch ausgerechnet mit dem Protagonisten. Irgendwie passt das nicht ganz so starke Voiceacting dann auch wieder gut zum Durchschnittstypen Heinrich, der oft in für ihn völlig ungewohnten Situationen handelt. Untertitel und Sprachausgabe müssen allerdings komplett aneinander vorbei gearbeitet haben. Es gibt kaum eine Zeile, bei der die Untertitelung mit der Sprachausgabe übereinstimmt. Außerdem merkt man selbst in englischer Sprachausgabe, dass ein eher kleiner Cast viele Personen besetzen musste.

Auch gibt es immer wieder kleinere Bugs. Bei einem Händler wurde der Handel selbst direkt abgeschlossen wenn ich eigentlich feilschen wollte und der Boxkampf einer Hauptquest hätte noch eine Ewigkeit gedauert, hätte nicht irgendwann durch googlen herausgefunden, dass man selbst aufgeben muss, damit der Gegner aufgibt. Ähnlich wie die nicht immer perfekt funktionierenden Reaktionen der Umwelt auf Heinrich ist das oft der Preis, den das Studio für den gigantischen Umfang des Spiels und seinen Mechaniken zahlt. Manche Hochglanzproduktion kann sich aber trotzdem gerne eine Scheibe abschneiden wenn es um die generelle Performance und Spielbarkeit von KCD 2 geht. Auf PC läuft das Spiel selbst mit schwächerer Hardware noch richtig gut. Auf experimentellen Einstellungen bringt es aber auch einen High-End PC ins Schwitzen.

Fazit: Kingdom Come Deliverance 2 ist ein immersives Rollenspiel-Erlebnis

Es gibt sicherlich Spiele mit besseren Gesichtern und Animationen als Kingdom Come Deliverance 2. Und ja, so manches Mal bröckelt die Mittelalter-Simulation durch seltsame Reaktion ihrer Bewohner. Dass es überhaupt bröckeln kann liegt aber daran, dass KCD 2 ein richtiges Immersionsmonster ist.

Das mittelalterliche Böhmen fühlt sich einfach glaubhaft an. Wenn euch jemand vorschwärmt wie schön die Welt ist, meint er damit nicht nur, was ihr auf den Screenshots seht. Es ist das Gesamtgefühl, sich in ihr zu bewegen. Sie ist riesig, und dennoch so detailverliebt und mit Leben gefüllt, dass es fast an die unglaubliche Open World von Red Dead Redemption 2 heranreicht, die natürlich nochmal eine andere Produktionsqualität hat. Ähnlich reagiert die Welt auch immer auf mich, ohne dass ich jemals ihr Mittelpunkt bin.

Das macht aber nichts, weil die Welt vor allem den glaubhaften Rahmen für die eigentliche Geschichte von Heinrich bildet. Die Hauptstory des Spiels ist nämlich wirklich gut erzählt und gespickt mit allerlei Wendungen und Tempowechseln, die es in sich haben. Natürlich bietet die riesige Welt aber auch genug Platz für allerlei Nebenquests, die auch meist überraschend gut und abwechslungsreich inszeniert sind und sich nie nach Füllmaterial anfühlen.

Kingdom Come Deliverance 2 lohnt sich aber auch, wenn ihr Spiele wie The Elder Scrolls oder Gothic liebt. So lernt ihr sämtliche Skills, indem ihr sie aktiv nutzt und ähnlich dem Piranha Bytes-Klassiker hat jede Figur im Spiel einen eigenen Tagesablauf und wenn wir uns unrechtmäßig am Eigentum anderer bedienen, kann das böse Konsequenzen haben. Für mich steht fest: KCD 2 ist der logische Schritt von Gothic nach vorn, den Piranha Bytes selbst offenen Auges verschlafen hat.

Eine riesige Armee umstellt eine einfache Festung.
Inszenierung kann das Spiel. Wenn so viele Truppen eine Burg umstellen, möchte man dort wohl ungern festsitzen.

Für wen eignet sich Kingdom Come Deliverance 2?

Genre-Fans kann man für KCD 2 fast schon eine generelle Empfehlung aussprechen. Aber da Rollenspiele ein sehr breitgefächertes Genre ist, solltet ihr trotzdem wissen, auf was ihr euch einlasst.

Kingdom Come Deliverance 2 lohnt sich für euch am meisten, wenn ihr bei einem Rollenspiel gerne in eine riesige aber detailreich ausgearbeitete Welt eintaucht. Das bedeutet auch, dass ihr hier und da viel Zeit verbringt um von A nach B zu gelangen – auch wenn es Schnellreisemöglichkeiten zu den wichtigsten Orten gibt.

Zugleich solltet ihr euch aber auch bewusst sein, dass KCD 2 trotzdem ein sehr storylastiges Spiel ist. Das beginnt damit, dass ihr mit Heinrich einen vorgegeben Charakter ähnlich Geralt in der Witcher-Reihe habt. Zwar gibt es für die Lösung von Quests oder in Dialogen oft unterschiedliche Möglichkeiten, die auf eure individuellen Skills setzen, aber Heinrich als Charakter grenzt manche Handlungen trotzdem ein. Und als dieser verbringt ihr gerade in den Hauptquests sehr viel Zeit in (gut gemachten) Dialogen.

Erwartet trotz der sehr abwechslungsreichen Quests aber keine epische Weltrettung. Heinrich ist ein ganz normaler Mensch aus einfachen Verhältnissen und kämpft nicht gegen Drachen und Dämonen, sondern gegen andere Menschen. Sind diese in der Überzahl, endet auch sein Leben ganz schnell irgendwo im Straßengraben.

Falls eure größte Sorge ist, dass ihr den ersten Teil nicht gespielt habt, kann ich euch als eben solcher Spieler entwarnen: Das Spiel leistet unglaublich gute Arbeit auch Neulinge schnell auf den aktuellen Stand der Ereignisse zu bringen. Wer eher wenig tief im Genre verwurzelt ist, sollte aber am besten vorher auf YouTube oder Twitch schauen, ob das Spiel die Neugier weckt. Besser wäre es aber, das Spiel bei Freunden anzuzocken. Gerade die Sogwirkung der Welt können Videos kaum vermitteln. Das muss man erleben.

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Trivia & Fun Facts

  • Das Drehbuch von Kingdom Come Deliverance 2 soll über 2,2 Millionen Wörter umfassen. Das übertrifft sogar die 2 Millionen Wörter eines Baldur’s Gate 3.
  • Absurdes Erlebnis: Während des Würfelspiels im Biergarten der Taverne in Tachau wurde es dunkel und die Wache forderte mich auf, eine Fackel zu tragen. Mitten im Spiel ging das allerdings nicht. Ich habe trotzdem weitergespielt und mein Hund griff irgendwann die tätlich werdende Wache an. Am Ende des Spiels war ich um ein paar Groschen ärmer, im Biergarten lag eine tote Wache und für einige Tage gab es im Dorf ein Kopfgeld auf mich.
  • Der Darsteller von Heinrichs adligem Best Buddie Hans Capon streamt das Spiel aktuell auf seinem YouTube-Kanal und auf Twitch. Außerdem gibt es eine geniale „Live Action Serie“ vom Studio, das mit den beiden Hauptdarstellern humorvoll verschiedene Aspekte des Spiels beleuchtet. Sehr unterhaltsam gemacht! 
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