8 Jahre ist es mittlerweile her, dass Soloentwickler Concerned Ape mit Stardew Valley ein Überraschungserfolg gelang. Dabei war der Harvest Moon-Klon eigentlich nur ein Spiel, an dem er sich die Spieleentwicklung selbst beibrachte. Es hatte aber genau das Herz, was viele Fans in den Harvest Moon-Spielen schon lange vermissten. Doch lohnt sich Stardew Valley 1.6 auch Jahre später noch?
Dass es dieses Update gibt, spricht bereits für sich. Concerned Ape hat das Spiel nach Release gut gepflegt. Er bügelte nach und nach den anfänglich noch chaotischen Code glatt und mit jedem großen Update gab es auch neue Inhalte. Stardew Valley 1.6 sollte es aber eigentlich nicht geben. Der Entwickler arbeitet nämlich längst an seinem nächsten Spiel: The Haunted Chocolatier. Eigentlich als kleines Service Update gedacht, entwickelte sich das Update 1.6 allerdings zu einem echt dicken Paket. Ein Erfolg ist es schon jetzt: Mit einer Spielerspitze von deutlich über 200.000 zeitgleichen Spielern, zerpflügt das Spiel seinen vorigen Rekord (94.879) mit Leichtigkeit.
Ich muss gestehen, dass ich Stardew Valley zuletzt in der Version 1.2 gespielt hatte. Auf das neue Update habe ich mich dafür umso mehr gefreut, um nochmal ganz neu anzufangen und diesen Test zu schreiben. Also ab in den Bus mit uns und zurück ins Sternentautal, um nochmal unsere virtuellen Opa stolz zu machen.
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Zurück in die vertraute Umgebung
Der Anfang von Stardew Valley ist typisch für sein Genre. Wir entfliehen dem eintönigen Bürojob der Großstadt um den alten Hof vom verstorbenen Großvater zu übernehmen. Neues Städtchen, neuer Beruf und damit quasi ein neues Leben.
Der Hof ist natürlich nicht im besten Zustand und braucht einiges an Arbeit. Immerhin ist der Boden gut und Bürgermeister Lewis und Schreinerin Robin greifen uns zu Beginn etwas unter die Arme. Am ersten Tag haben wir schon ein Fleckchen Ackerfläche von Gestrüpp befreit und können unsere ersten Pflanzen anbauen.
Zugleich gilt es aber auch die Bewohner vom nahen Städtchen Pelican Town kennenzulernen. Wie das geistige Vorbild ist auch Stardew Valley ein Mix aus Farm- und Beziehungssimulation. Zweiterer Aspekt lässt uns zunehmend engere Bindung zu den Nachbarn aufbauen bis hin zur Ehe – davon sind wir zu Beginn aber noch natürlich weit entfernt.
Doch gerade die soziale Komponente ist ein großer Wohlfühlfaktor. Die Stadt Pelican Town hat genau die richtige Größe, dass ihr schnell jeden kennt und irgendwie lieben lernt. Jeder Bewohner hat eine andere Persönlichkeit und doch sieht man in den Beziehungsevents auch immer wieder das Miteinander einer solch kleinen Gemeinde. Es sind vor allem die kleine Gesten untereinander, die das Herz aufgehen lassen. Manch Bewohner zeigt zudem auch eine versteckte Seite, die sich uns erst mit zunehmender Beziehung zeigt.
Einfache aber liebevolle Präsentation
Stardew Valley ist optisch sicherlich nicht das opulenteste Spiel seines Genres – das war es schon vor 8 Jahren nicht.
Trotzdem lohnt sich Stardew Valley auch ein wenig für seine Präsentation. Überwindet man als Next Gen-verwöhnter Hochglanz-Zocker die anfängliche Pixeloptik, lernt man den Stil doch überraschend schnell lieben. Dabei ist es nicht direkt ein Mangastil, wie es sonst sehr beliebt ist, sondern hat etwas westlichere Züge. Trotzdem entdeckt man immer wieder viel Liebe in Animationen oder in kleinen Details wie Vögel und Eichhörnchen die irgendwo entlanghuschen.
Dazu kommt eine nicht sonderlich aufdringliche, aber dennoch sehr entspannte Musik, welche die Atmosphäre gut unterstützt .
Auch wenn alles sehr simpel gehalten ist, beindruckt die Tatsache, dass alles von Programmierung über Grafik bis hin zur Musik von einer Person entwickelt wurde – und dass diese zu Beginn in den meisten dieser Bereiche keine wirkliche Erfahrung hatte. Vermutlich wirkt es aber auch gerade darum so harmonisch, weil Entwickler Concerned Ape seine Vision des Spiels komplett selbst umsetzen konnte.
Ein Jahr in Stardew Valley 1.6
Ein Jahr kann man in Stardew Valley locker verbringen, bevor sich das Gameplay langsam abnutzt. Hier eine kleine Zusammenfassung meines ersten Jahres in Stardew Valley 1.6
Frühling
Alles auf Anfang, diesmal habe ich die neue Meadowlands-Farm ausgewählt. Dort startet man besondererweise mit einem Hühnerstall und 2 Hühnern – ein massiver Startvorteil. Statt der 15 Pastinaken-Samen gibt es hier allerdings „nur“ 15 Heu. Am ersten Tag wird viel gesammelt, was die Natur hergibt, um vom Verkauf Saatgut zu kaufen. Ich baue vor allem Kartoffeln an, da sie einen ziemlich guten Gewinn abwerfen.
Im Frühling verdiene ich mein Geld trotzdem vor allem durch das Angeln. Dadurch kann ich mir beim Eierfest bereits einiges an Erdbeersaat kaufen, die dort exklusiv verkauft wird. Für eine Ernte reicht es, die ich mir aber nicht verkaufe, sondern Saatgut für das nächste Jahr mache, wo ich umso mehr von den mehrfachen Ernten der Pflanze profitieren werde.
Sommer
Der Sommer ist finanziell trotzdem deutlich befreiter. Nach Gutdünken kaufe ich mein Saatgut, halte mich aber bewusst zurück. Zu viele Felder würden zu diesem Zeitpunkt bedeuten, dass ich einen Großteil meiner täglichen Energie und auch viel Zeit für das tägliche Gießen aufwende. Zu den Hühnern gesellen sich dafür nun auch Kühe im neu gebauten Stall. Auch für ein zweites Rucksack-Upgrade ist endlich Geld da. Jetzt habe ich 36 statt der anfänglichen 12 Item-Slots.
Damit lohnt sich auch der nun häufigere Gang in die Mine. Mit den neuen Ressourcen gibt es einige Upgrades für meine Werkzeuge. Zugleich kümmer ich mich etwas stärker um meine sozialen Kontakte und umwerbe vor allem Abigail. Die Amethyste aus der Mine weiß sie besonders zu schätzen.
Herbst
Wieder kann ich meine Farm vergrößern. Mit der Gold-Gießkanne kann ich energie- und zeitsparend gleich 3×3 Felder zugleich bewässern. Ich starte zudem mit dem ersten Qualitätssprinkler in die Jahreszeit, der die 8 Felder um sich herum automatisch bewässert. Da ich endlich auch Gold in den Minen finde, baue ich weitere Sprinkler, um zunehmend die Bewässerung zu automatisieren.
Mein Hofarbeit-Wert erreicht endlich die 10. Stufe und ich entscheide mich bei der Wahl der Fähigkeit für den „Handwerker“, der einen massiven Verkaufsbonus auf weiterverarbeitete Produkte gibt. Passend dazu mache ich meine ersten Marmeladen im Einmachgefäß und stelle auch einige Bienenstöcke auf, um den gepflanzten Feenblumen ihren besonders wertvollen Honig zu entlocken.
Mein Haus bekommt das erste Upgrade und damit eine Küche zum kochen von Mahlzeiten – was ich zunächst kaum nutze. Auch den Stall verbessere ich und die Kühe bekommen Gesellschaft durch 4 Ziegen. Derweil blüht die Saat der Liebe mit Abigail auf. Auf dem Hof unterläuft mir derweil ein Saat-Malheur: Ich merke zu spät, dass ich nach der ersten Kürbisernte keine neuen ausgesät habe und bleibe auf meinem Saatgut für die geplante 2. Welle liegen. Ich hatte den Luxus-Dünger wohl als „bereits gesäät“ interpretiert und mich genau einen Tag zu spät gewundert, warum da nichts wächst.
Winter
Mit dem Winter kehrt etwas Ruhe in die Farm ein. Angebaut werden nur ein paar Pflanzen, die man sonst auch sammeln kann und die neuen Pulvermelonen des 1.6-Updates, die ich gefunden und in der Saatmaschine auch noch weiter vervielfältigt habe. Diese nutzte ich auch, um meine im Frühling geernteten Erdbeeren in Saatgut umzuwandeln für die kommende Saison.
Ich mache mir aber auch eine Liste der offenen Punkte beim Community Center und und konnte auch einen Großteil der Bündel vervollständigen. Zugleich bekommen auch Hühnerstall und Scheune Upgrades, um neue Tiere zu kaufen – sowohl für Vervollständigung der Bündel, aber auch weil der Ackerbau im Winter stark zurückgefahren ist.
Durch die Reparatur der Busstation kann ich der Kälte aber auch in die Wüste entfliehen, dessen gefährliche Höhle nach Vervollständigung der Mine als nächstes anstand, um an etwas Iridium für künftige Upgrades zu gelangen. Die Werkzeuge wurden nebenbei alle auf Gold geupgraded. In der Wüste kaufte ich mir außerdem erste Sternfrucht-Saat, um das frisch freigeschaltete Gewächshaus zu bepflanzen.
Eine schöne Neuerung in 1.6 waren im Winter die neuen Winteroutfits der Bewohner von Pelican Town. Das fügt dem ganzen neue Abwechslung hinzu.
Repetitiv trotz vieler Mechaniken
Ein Problem gibt es allerdings schon seit Harvest Moon: Irgendwann wird das Spiel sehr repetitiv. Ein Spieltag dauert meist 15-20 Minuten und besteht zu Beginn meist aus der gleichen Routine: Felder bewässern, abernten oder aussäen, Tiere streicheln, füttern und deren Erzeugnisse mitnehmen und die Hoferzeugnisse weiter veredeln.
Im ersten Jahr werdet ihr zum Glück einiges etwas automatisieren können, aber auch nicht vollständig. Außerdem sorgen Sprinkler und Co dafür, dass ihr dafür eine immer größere Fläche der großzügig bemessenen Karten beackert. Das macht aber auch einen großen Reiz des Spiels aus: Mit jeder Jahreszeit den Hof wachsen sehen, ehe ihr zunehmend befreiter von Geldsorgen mehr eure persönliche Traumfarm baut.
Aufgelockert wird das ganze durch eine ganze Reihe von Nebentätigkeiten. Anfangs ist das Angeln eine übermächtige erste Einnahmequelle. Mit den Upgrades müsst ihr auch zunehmend Holzhacken oder in die Mine gehen, um euch Monstern zu stellen, aber auch wertvolle Erze abzubauen.
Hinzu kommt das Pflegen der Freundschaften bis hin zu Ehe und Kindern, Das Upgrade des eigenen Hauses, Kochen, die Vervollständigung von Sammlungen, neue Gebiete wie eine Wüsten-Map oder eine Insel inklusive neuer Farm. Gegenständige können zudem noch zusätzliche Upgrades bekommen und, und, und.
Die Grundstruktur des Tages ist etwas repetitiv, zugleich ist diese Routine aber auch das Grundgerüst auf dem alles andere aufbaut. Am Anfang ist die Energie des Charakters, später vor allem die Zeit der limitierende Faktor. Da kommen dann aber zum Glück ein paar Systeme zur Schnellreise zum Einsatz, die unsere „FedEx“-Zeiten zwischen den Tätigkeiten etwas reduzieren.
Trotz der vielen Optimierungsmöglichkeiten lohnt sich Stardew Valley aber vor allem, wenn ihr ein entspanntes Spiel sucht, dass ihr immer mal wieder spielen könnt.
Das ist neu in Update 1.6
Angekündigt wurde das Update 1.6 bereits ein gutes Jahr bevor es erschien. Eigentlich sollte 1.5 schon das finale Update sein. Entwickler Concerned Ape kündigte zunächst aber auch eher ein paar kleine Neuerungen für Modder an, die das Modding einfacher machen sollen.
Dass es dann trotzdem ein ganzes Jahr bis zum Release dauerte lag daran, dass Liste neuer Inhalte am Ende doch gewaltig gewachsen ist und das kleine Update zu einem der größeren geworden ist, das an allen Ecken und Enden neue Inhalte hinzufügt. Hier nur ein Auszug der wichtigsten Features vom Stardew Valley 1.6-Update:
- Neue (Mini-)Festivals
- Neues Wetter-Phänomen (erlebt euer grünes Wunder)
- Neuer Farm Typ
- Neues „Mastery“-System,
- Neuer Farmtyp: Meadowlands
- Über 100 neue Dialogzeilen
- Neue Items (darunter 280 neue Einrichtungs-Gegenstände, eine große Truhe, Dehydrator, Ködermacher, Fischräucherer und vieles mehr)
- Neue Katzen, Hunde und Schildkröten als Haustiere
- Neue Weltkarte und Karte für Ginger Island
- Winteroutfits für NSCs
- Großer neuer Baum mit eigener Quest
- 4 neue Saat-Arten, die ihr nur finden, aber nicht kaufen könnt.
- Preismaschine im Haus von Bürgermeister Lewis
- 4 neue Hauserweiterungen
- Visuelle Verbesserungen, unter anderem durch Wasserfälle und neue Dekorationen.
- Multiplayer jetzt bis 8 Spieler auf PC
Mein persönlicher Favorit aus dem Changelog: Man kann jetzt Mayonnaise trinken.
Fazit: Lohnt sich Stardew Valley 1.6
Eigentlich sprechen ja schon die Zahlen eine eindeutige Sprache. Auf Metacritic steht Stardew Valley je nach Plattform bei einem Metascore 86 bis 89 Punkten und der Userscore ist auch in ähnlichen Regionen. Auf Steam hält es sich weiter bei überragenden 98% positiven Bewertungen und hat mit dem neuen Update neue Spitzen von über 200.000 gleichzeitigen Spielern gesetzt.
Wer generell eine Abneigung gegen Indie-Titel in Pixeloptik hat, wird mit Stardew Valley aber vermutlich nicht umgestimmt. Außerdem hat das Spiel eine ähnliche Schwäche wie das große Vorbild: Irgendwann wiederholt sich der Tagesablauf einfach. Eine Vielzahl von Mechaniken und Sammelanreizen sorgt aber dafür, dass man lange Zeit frische Ziele und Anreize erhält.
Als jemand der zuletzt Version 1.2 gespielt hatte, lohnt sich Stardew Valley 1.6 für mich auf jeden Fall und konnte mich wieder richtig fesseln. Obwohl das Spiel mit seinen liebevollen Bewohnern auch nach Jahren angenehm vertraut blieb, gibt es an allen Ecken neue Inhalte und Quality of Life-Verbesserungen. Auch kann ich durch eine Vielzahl neuer Dekorationen meine Farm mehr denn je personalisieren.
Schon zu Release schaffte es Stardew Valley ähnlich wie Cities Skylines ein lange von einer Reihe dominiertes Genre zu übernehmen, weil man einfach genau das bietet, was die Spieler beim ursprünglichen Genre-Primus zunehmend vermissten. 8 Jahre später ist das Spiel populärer denn je. Da stört es dann auch nicht, dass die Arbeit am Update 1.6 den Quasi-Nachfolger „The Haunted Chocolatier“ ein kleines bisschen zurückgeworfen hat.
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Screenshots by Stefan Reismann
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