Ich habe schon die ganze Two Point-Reise mitgemacht. Es fing mit dem geistigen Theme Hospital-Nachfolger Two Point Hospital an und ging dann rüber zum unverbrauchteren Setting von Two Point Campus. Im neuesten Teil der Reihe tauschen wir den Doktorhut gegen einen Job als Museums-Kurator ein. Doch lohnt sich Two Point Museum oder nutzt sich das Spielprinzip langsam ab?
Um das herauszufinden musste ich nicht nur ein, sondern gleich fünf Museen mit den erlesensten Fundstücken meiner Expeditionen füllen. Dabei ist mir so manch Mitarbeiter irgendwie verloren gegangen.
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Wie spielt sich Two Point Museum?
Im Grunde spielt sich Two Point Museum sehr ähnlich seiner Vorgänger. Wir bauen Gebäude und die Räume darin inklusive Einrichtung, stellen Personal ein und müssen uns darum kümmern, dass unsere Besucher eine gute Erfahrung haben. Der Unterschied liegt aber erneut im Flow.
In Two Point Hospital mussten Patienten erst diagnostiziert werden und anschließend möglichst erfolgreich und rechtzeitig behandelt werden. Dagegen teilte sich in Two Point Campus die Zeit in Semester und nach jedem folgte eine unbegrenzte Zeit für Umbaumaßnahmen. Außerdem benötigten die Studenten sowohl spezifische Räume für ihren Studiengang, als auch Möglichkeiten, ihre Freizeit zu verbringen.
Two Point Museum hat den vielleicht gradlinigsten Flow, da wir unsere Besucher ein bisschen bewusster durch das Museum lotsen. Hier stehen die unterschiedlichen Besuchertypen allerdings auch für sehr verschiedene Interessen. Professoren etwa begeistern sich vor allem für das Wissen, das wir in unserer Ausstellung weitergeben. Dafür teilen sie das Wissen nur zu gerne mit anderen Gästen. Kinder benötigen dagegen unbedingt interaktive Elemente, damit überhaupt etwas im Kopf hängen bleibt.
Der Two Point-typische Humor kommt dabei natürlich nicht zu knapp. So gehören zu unseren Besuchern auch Yetis, Clowns und Aliens. Auch bei den Ausstellungsstücken gibt es neben Klassikern wie Dinosauriern auch eingefrorene Haushaltsgeräte, Geister und andere Kuriositäten. Um diese zu bekommen müssen wir Expeditionen zu einer immer größer werdenden Auswahl an Ausgrabungsstätten schicken. Es gibt also wieder einiges zu tun, in Two Point County.
Neue Kampagnenstruktur in Two Point Museum
Zum etwas anderen Flow trägt auch eine kleine, aber doch effektive Veränderung in der Kampagne bei. Bei den Vorgängern spielte man nacheinander die Standorte und konnte dabei mit wachsenden Herausforderungen 1 bis 3 Sterne erzielen. Zum freispielen neuer Locations reichte dabei der erste Stern aber schon aus.
Sterne erspielen wir uns auch im neuen Teil. Der große Unterschied: Es gibt zwar weniger Level, dafür spielen wir sie deutlich länger. Grund ist dafür die neue Kuratoren-Stufe. Dieser erlaubt uns nicht sofort ein Museum auf diesmal 5 Sterne zu bringen. Stattdessen schaltet uns diese neue Standorte, aber auch mehr Sterne für die vorhandenen Museen frei. So kommen wir auch immer wieder auf unsere alten Museen zurück um uns dort neuer Herausforderungen anzunehmen.
Die höheren Sterne erfordern außerdem nicht nur höhere Werte an Gesamtumsatz oder Zufriedenheit der Besucher, sondern sind feiner ausgearbeitete Ziele, die stark mit der Erkundung neuer Ausgrabungsstätten verknüpft sind. Dabei führen sie nach und nach auch immer wieder neue Mechaniken ein. Das macht die Kampagne gewissermaßen auch zu einem sehr ausführlichen Tutorial. Am besten spielt ihr es, bis ihr alle 5 Museen mal angespielt habt, ehe ihr euch in den Sandbox-Mode stürzt.
Übrigens gibt es zusätzlich auch noch Herausforderungen in Form von meist stark vorgefertigten Museen, bei denen ihr innerhalb einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Ziel erreichen müsst. Diese sind teils auch zum Aufstieg der Kuratoren-Stufe nötig und bringen euch statt Sterne eine Auszeichnung von Bronze, Silber oder Gold. Die kleinen Herausforderungen widmen sich oft einem bestimmten Feature und können gute Inspiration sein, wie man vielleicht auch das eigene Museum gestalten könnte.
Fünf einzigartige Museen
Die fünf Museen der Kampagne fokussieren sich jeweils auf eines der 6 zum Release vorhandenen Themengebiete. Einzig die Pflanzen haben kein eigenes Museum und auch keine eigene Expeditionskarte. Sie bringen so aber noch ein bisschen Abwechslung in die sonst eher monothematischen Museen. Trotzdem dürft und müsst ihr teilweise auch weitere Themen in eure Museen integrieren.
Mich überraschte allerdings, dass jeder Themenbereich mit eigenen Mechaniken ausgestattet wurde. In der Urgeschichte gibt es mitunter eingefrorene Artefakte, die gut gekühlt sein wollen. Die Meeresbewohner benötigen dagegen Aquarien, die an ihre Bedürfnisse angepasst sind. Ähnlich häuslich sind auch die Geister des Übernatürlichen, wodurch euer Museum mehr zum Hotel wird. Der Weltraum bietet Fundstücke, die wir erst mit der korrekten Energieversorgung durch Akku-Artefakte aktivieren dürfen und die Wissenschaft kann euch später sogar nützliche Roboter zur Seite stellen.
Die unterschiedlichen Mechaniken sorgen so auch für eine angenehme Abwechslung im Gameplay, auch wenn der grundlegende Aufbau des Museums natürlich sehr ähnlich bleibt. Trotzdem wechselt man gerne und da es diesmal nicht ganz so viele Standorte gibt, tritt nicht ganz so schnell Ermüdung ein, weil man zum x-ten Mal einen Campus mit Gemeinschaftsräumen, Duschen, WCs, Bibliotheken und Co ausstattet. Jeder neue Stern bringt dabei auch die Geschichte des jeweiligen Museums voran. Wir ergründen neue Bereiche der Erkundungskarte, finden dort neue Unterthemen und bekommen ganz neue Gäste.
Dafür hat das Spiel aber auch einen neuen Grind-Faktor. Für mehr Dekorationen, Verbesserungen und um das Wissen über ein Ausstellungsstück zu komplettieren, müssen wir diese analysieren. Das zerstört allerdings das Objekt, weshalb wir dazu angehalten sind, alles doppelt und dreifach zu sammeln. Außerdem finden wir die Artefakte, Lebewesen und Pflanzen in unterschiedlichen Seltenheits-Stufen. Das ist zugleich Lategame-Ansporn als auch der größte Ermüdungsfaktor im Spiel. Um die besonders ambitionierten Spieler lange zu binden, ist der Grind natürlich ein sehr cleveres Mittel.
Sandbox: Bau doch, was du willst!
Mehr als noch in seinen Vorgängern, lädt euch irgendwann der Sandbox-Modus zum Spiel ein. Auch hier dürft ihr alle 5 Museen aufbauen und nach und nach euer Kuratoren-Level steigern. Einzig die kleinen Mini-Museen fallen weg. Dafür habt ihr mehr Freiheiten, was die Themenwahl angeht. So weit es der Platz zulässt, könnt ihr auch ein riesiges Mega-Museum bauen, bei dem ihr alle möglichen Themen zusammenwerft.
Im Gegensatz zur Kampagne, die euch keine Auswahl für die Schwierigkeit gibt, wählt ihr im Sandbox-Modus zwischen drei Grundmodi, könnt diese aber noch sehr stark weiter modifizieren. Überraschenderweise gibt es zwar keine Option für unbegrenztes Geld. Da Ausstellungsstücke aber auch erst auf Expeditionen gefunden werden müssen, eignet sich Two Point Museum als reiner Baukasten ohnehin weniger als seine Vorgänger. Trotzdem gibt es genug Stellschrauben, damit ihr euch das Spiel wahlweise deutlich leichter oder schwerer machen könnt.
Der heißeste Kandidat als Startmuseum für die Sandbox dürfte Pepperly Heights sein. Die auf Stützen stehenden Plattformen bieten viel Platz mit wenig Störfaktoren für euer Layout.
Gebt mir noch mehr künstlerische Freiheit
Die Dekoration hat auch etwas mehr Augenmaß bekommen. Da es ohnehin weniger feste Räume gibt, ertappe ich mich nicht mehr, alles mit Postern voll zu tapezieren oder besonders gewinnbringende Auszeichnungen hinter jedem Schrank zu verstecken. Die Ausstellungsstücke brauchen zudem auch nicht zu viel Dekoration und geben oft für bestimmte Objekte einen kleinen Bonus. Es herrscht mehr Augenmaß und ich fühle mich weniger als Dekorations-Messi.
Eigentlich bietet Two Point Museum auch die bislang größten Gestaltungsfreiheiten zum Release eines Two Point-Spiels. Tapeten oder Böden lassen sich endlich mal bereits in Version 1.0 anpassen und auch Blueprints, etwa für eure liebsten Toiletten-Layouts, könnt ihr euch anlegen. Falls Modding für euch wichtig ist, gibt es gute Nachrichten: Bereits zum Start des Spiels nutzt Two Point Museum den Steam Workshop zum Austausch von Mods. Bisher finden sich dort allerdings nur Tapeten und platzierbare Objekte. Über die nächsten Wochen und Monate dürfte euch so zumindest nicht die Dekorationslust ausgehen.
Trotzdem hoffe ich da auf noch mehr. Bei den Böden und Wänden hätte ich beispielsweise gerne noch freiere Farbauswahl. Möchten die Two Point Studios mir eine richtig große Freude machen, dürfen sie außerdem gerne eine anpassbare Beleuchtung einbauen. Gerade die Aquarien haben noch viel Potential, mit einer individuellen Beleuchtung noch cooler in Szene gesetzt zu werden. Sie machen aber auch so schon einen echt hübschen Eindruck mit vielen Dekorations-Elementen.
Technisch rund, UI mit Schwund
Die Technik dürfte eigentlich kein so großes Thema sein, doch die letzten beiden Jahre haben mir bei mir Narben hinterlassen. Im Strategie-Sektor enttäuschten sowohl Ara: History Untold als auch Civilization 7 mit absoluten Katastrophen in der UI und im spielerischen Feinschliff. Deutlich näher an Two Point Museum waren da aber Cities Skylines 2 und Planet Coaster 2 – beides Fortsetzungen beliebter Management-Builder, beide in einem geradezu katastrophal-unfertigem Zustand veröffentlicht.
Was für ein Glück, dass Two Point Studios dagegen wieder ein technisch sehr rundes Spiel abliefert. Keine fehlenden oder schlecht eingebauten Features, die noch 6-12 Monate an Updates benötigen, bevor es sich fertig anfühlt. Auch das Balancing macht bereits einen soliden Eindruck. In meinen 30 Stunden fielen Mir auch kaum Bugs auf. Nur bei den kleinen Cutscenes scheint ab und an die Tonspur zu fehlen.
Optisch setzt der Titel des nur knapp 40 Mitarbeiter kleinen Studios natürlich keine neuen Maßstäbe. Wie bei den vorigen Titeln überzeugt der stilsichere Wallace & Gromit-Look dennoch mit verdammt viel Charme. Dazu tragen auch die teils geradezu absurden Interaktionen der Gäste mit den Ausstellungsstücken bei.
Auch das UI bleibt sich weitgehend treu. Doch auch wenn es optisch gut zum generellen Look des Spiel passt, überzeugt nicht jeder Bildschirm. Die Personal-Weiterbildung zeigt mir keine Informationen zu den positiven oder negativen Eigenschaften des Personals an, die für die Entscheidung eigentlich sehr wichtig sind. So habe ich die Weiterbildung meist dann doch über die Personalakte in Auftrag gegeben. Auch das Gehalts-Management könnte intuitiver gestaltet sein, optional gerne mit automatischer Gehaltsanpassung wenn das Personal aufsteigt.
Fazit: Two Point Museum ist alles andere als verstaubt
Ich war ja echt skeptisch. Krankenhaus und Campus erschienen mir als deutlich geeignetere Themen für den Two Point-Kosmos als ein Museum. Two Point Museum stellt sich für mich spielerisch nun aber als der gelungenste Teil der Reihe heraus. Ja, der fast schon Gacha- oder MMO-artige Grind durch die Expeditionen kann mitunter für Längen sorgen, motiviert aber auch für längere Zeit. Und das Spiel ist schon zu Release richtig vollgepackt mit Inhalten, die es zu entdecken gilt.
Ich mag sowohl das Wechselspiel zwischen Museum und Expeditionen, als auch die kleinen aber wirkungsvollen Änderungen am Kampagnen-Design. Es fühlt sich alles weniger nach einem strikten Abarbeiten für sich getrennter Level an. Dafür sorgt auch die Geschichte jedes Museums, die sich über die 5 Sterne hinweg aufbaut. Dass auch der Sandbox-Modus über ein einzelnes Museum hinaus geht, ist für mich nochmal die Kirsche on top!
Hoffentlich ist Two Point Museum erfolgreich genug, dass noch der ein oder andere DLC folgt. Ich kann mir nämlich durchaus schon neue Themenfelder vorstellen. Die Antike wäre als Klassiker sicherlich ebenso spaßig wie die eine etwas abgedrehtere „Geschichte der Superhelden“. Von mir aus auch gerne ein Zoo-artiger DLC mit britischer Pokémon-Interpretation. Da die Vorgänger trotz ihres Nischendaseins liebevoll nach Release weiter gepflegt wurden, gehe ich fest davon aus, dass auch der Museumsbesuch noch lange nicht vorbei ist.
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Fun Facts & Kurioses
- Auch in Two Point Museum gibt es wieder die grenzwertig nutzlosen Lautsprecher-Durchsagen und Radio-Moderationen. Auf Deutsch erneut prominent durch Ulrike Stürzbecher (Meredith Grey in Grey’s Anatomy) und Bernd Vollbrecht (Dr. Cox in Scrubs) vertont. Deren erstes Mitwirken in Two Point Hospital war thematisch natürlich näher, aber trotzdem schön, dass sie weiter dabei sind.
- Aus Aussstellungsstück einer verfluchten Puppe schaut immer direkt in die Kamera. Es gibt aber massenweise weitere popkulturelle Anspielungen, gerade im Horror-Bereich.
Image by Two Point Studios via IGDB
Screenshots by Stefan Reismann
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